Liebeskomödie mit Caroline Peters und Burghart Klaußner
Die Quasselstrippe und der Metzger
Was für eine schräge, aber herzzerreißende Liebesgeschichte: Lars Kraumes „Die Unschärferelation der Liebe“ mit Caroline Peters und Burghart Klaußner erzählt von einer eigentlich unmöglichen Romanze – zu sehen am Mittwoch in der ARD.
Von Tilmann P. Gangloff
In filmischen Romanzen verbringen die Menschen erstaunlich wenig Zeit mit der Suche nach dem Glück. Meistens fällt es ihnen in den Schoß, und oft genug merken sie das erst, wenn es beinahe zu spät ist. So ergeht es auch dem Metzgermeister Alexander, dem unfreiwilligen Helden dieser Liebesgeschichte.
Als er gedankenverloren an einer Bushaltestelle steht, wird er Opfer einer zärtlichen Attacke, die durchaus den Tatbestand der sexuellen Belästigung erfüllt. Mit diesem Übergriff ist die Sache allerdings nicht beendet: Die Angreiferin überschüttet den bedauernswerten Mann zudem mit einer Verbalkaskade, wie er sie garantiert noch nie erlebt hat. Dies ist der Auftakt zu einer Liaison, die angesichts der offenkundigen Gegensätze eigentlich unmöglich ist; vom Altersunterschied ganz zu schweigen.
Für Caroline Peters und Burghart Klaußner ist „Die Unschärferelation der Liebe“ ein Fest, auch wenn Peters vermutlich die zehnfache Menge an Text lernen musste. Trotz der Abfuhr bei der ersten Begegnung gibt Greta nicht auf: Einige Tage später erscheint sie in seinem Laden und setzt das unterbrochene Gespräch nahtlos fort, und tatsächlich taut der Fleischer auf. Aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz beginnt das ungleiche Paar eine Beziehung, die jedoch abrupt zu enden scheint, als Greta endlich das wahre Motiv ihres Annäherungsversuchs preisgibt.
Das Drehbuch, das Regisseur Lars Kraume gemeinsam mit der zweifachen Grimme-Preisträgerin Dorothee Schön geschrieben hat, basiert auf dem Theaterstück „Heisenberg“ von Simon Stephens. Der Filmtitel bezieht sich auf die Erkenntnis Werner Heisenbergs, Begründer der Quantenmechanik, dass Ort und Impuls eines Teilchens nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar seien. Klaußner und Peters haben ihre Rollen bereits 2016 auf der Bühne verkörpert. Schon damals war Klaußner derart vom filmischen Potenzial des Stoffs überzeugt, dass er die Verfilmung eigenhändig initiiert hat.
Nur zwei Sprechrollen
Bei der Wahl des Regisseurs musste er vermutlich nicht lange überlegen: Für Kraume hat er bereits die Titelrolle des mit mehreren Deutschen Filmpreisen gewürdigten Dramas „Der Staat gegen Fritz Bauer“ (2015) gespielt. Die Inszenierung mit ihren kräftigen Farben gibt Klaußner recht, selbst wenn die radikale Reduziertheit des Ensembles ungewöhnlich ist – Greta und Alexander sind die einzigen Sprechrollen.
„Die Unschärferelation der Liebe“ erzählt auch eine Geschichte über urbane Einsamkeit. Zu Beginn des letzten Akts, als Gretas Geständnis für eine vorübergehende Trennung sorgt, zeigt die nach außen zurückweichende Kamera (Jens Harant) Alexander allein am Fenster seiner Wohnung. Plötzlich wirkt dieser Mann, der so mit sich im Reinen schien, sehr allein. Doch gerade die schweigsamen Momente gehören zu den stärksten, weil sie Alexanders Wandel verdeutlichen. In der Auftaktszene, als die Kamera aus dem Bus heraus Großstadtimpressionen einfängt, hat er noch den Eindruck vermittelt, er ruhe in sich selbst. Dabei wird immer deutlicher, dass er sich schon viel zu lange in denselben Gleisen bewegt. Gegen Ende stellt Alexander fest, er habe erst jetzt im fortgeschrittenen Alter gelernt, wie das Leben richtig zu leben sei, gerade noch rechtzeitig.
Die Unschärferelation der Liebe: Mittwoch, 20.15 Uhr, ARD