Literatur-Nobelpreis
Große Namen, die zu Unrecht stets leer ausgegangen sind
Kafka, Joyce, Lindgren – ein Streifzug durch die Liste der Autoren und Autorinnen ohne Nobelpreis für Literatur verrät: Man muss sich nicht schämen, nie nach Stockholm eingeladen worden zu sein.
Von Julian Sieler
Des einen Freud ist des anderen Leid. Jon Fosse ist der diesjährige Literatur-Nobelpreisträger. Doch die Verkündung bedeutet für alle anderen: Wieder ist es nichts geworden.
Nicht immer bewies das Komitee jedoch ein glückliches Händchen bei der Vergabe. Die geringe Frauenquote (14 %) und der verschwindende Anteil afrikanischer oder karibischer Autoren beweisen dies. Zuletzt wurden die Auszeichnungen für Bob Dylan und Peter Handke kontrovers diskutiert. Die Liste der Autorinnen und Autoren ohne Nobelpreis ist indes prominent besetzt.
Große Namen
Die Geschichte des Literatur-Nobelpreises beginnt 1901. In den Anfangsjahren verpasste es das Komitee, Leo Tolstoi, Henrik Ibsen und Mark Twain auszuzeichnen. Später war auch Marcel Proust auf der Suche nach dem verlorenen Preis. Eine Geburt in Prag ist ein schlechtes Omen für einen späteren Gewinn: Rainer Maria Rilke wurde ebenso übergangen wie Franz Kafka. Dass letzterer nie den Nobelpreis überreicht bekam, ist so rätselhaft und absurd wie viele seiner Erzählungen. So muss offenbleiben, wie sein Vater auf die freudige Nachricht reagiert hätte.
Auch der irische Schriftsteller James Joyce wurde nie mit der Auszeichnung bedacht, womöglich weil das Komitee nie den „Ulysses“ zu Ende gelesen hat. Dabei hätte doch der schlanke Erzählband „Dubliners“ schon ausgereicht. Der Nobelpreis mag moderne Stadtromane nicht, schließlich gingen auch Alfred Döblin („Berlin Alexanderplatz“) und Virginia Woolf („Mrs. Dalloway“) leer aus. Auch Robert Musil blieb ein Mann ohne Nobelpreis.
Von allen geliebt
Astrid Lindgren erwärmt mit ihren Geschichten um Pippi Langstrumpf oder Michel aus Lönneberga unzählige Kinder- und Elternherzen. Doch die des Komitees blieben trotz der Vorliebe für heimische Literatur kalt. Dies erlebte auch eine andere von Lesern geliebte Großmeisterin: Nicht einmal in Zusammenarbeit könnten Hercule Poirot und Miss Marple aufklären, weshalb Agatha Christie auf der Liste fehlt.
Das Warten auf den Anruf aus Schweden ist stets auch ein Kampf gegen die Zeit. Unter den kürzlich verstorbenen Autoren, denen diese Anerkennung trotz langjährig guter Wett-Quoten nicht zuteil wurde, sind unter anderem Philip Roth („Der menschliche Makel“) und Milan Kundera („Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins“).
Das Warten geht weiter
Auch in diesem Jahr gingen wieder zahlreiche Autorinnen und Autoren leer aus, die den Preis längst verdienen. Margaret Atwood, Haruki Murakami, Thomas Pynchon und Salman Rushdie müssen sich weiterhin gedulden. Doch sie – und wir – sind in bester Gesellschaft.