Kirsten Boie wird 75

Eine Autorin, die Kindern viel zutraut

Kirsten Boie schreibt nicht nur starke Bücher, sondern macht sich auch für Kinder und fürs Lesen stark. Am 19. März wird die Hamburger Kinderbuchautorin 75.

Hat Generationen von Kindern zum Lesen verführt: Autorin Kirsten Boie

© dpa/Markus Scholz

Hat Generationen von Kindern zum Lesen verführt: Autorin Kirsten Boie

Von Andrea Kachelrieß

Ihr erstes Buch, 1985 erschienen, heißt „Paule ist ein Glücksgriff“ und ist ungewöhnlichen Umständen geschuldet. Weil Kirsten Boie als Adoptivmutter nicht berufstätig sein durfte, musste sie ihre Arbeit als Lehrerin aufgeben. So entdeckte sie das Schreiben als Möglichkeit, ihren Lebensplan doch noch umzusetzen; Familie und Beruf gehörten beide dazu.

40 Jahre später sind der Hamburger Autorin, die am 19. März 75 Jahre alt wird, so viele schöne Bücher geglückt, dass Kirsten Boie selbst als Glücksgriff für die deutsche Kinder- und Jugendliteratur gefeiert wird. Vom Krimi-Schwein King Kong bis zu den Ferienabenteuern in Sommerby: Boies Bücher haben Generationen von Kindern zum Lesen verführt und zeigen immer wieder aufs Neue, dass junge Menschen starke Persönlichkeiten sind, die viel auf die Reihe kriegen.

Sie erzählt die Utopie eines glücklichen Lands

Ob Detektiv Thabo in Afrika oder die Kinder aus dem Möwenweg: Sie lösen Probleme mit Zuversicht und werben für ein gutes Miteinander. In ihrer märchenhaften Geschichte „Der Hoffnungsvogel“, 2023 in einer Zeit multipler Krisen erschienen, malt Kirsten Boie die Utopie eines Glücklichen Lands aus, das so heißt, weil dort alle „immerzu alles dafür tun, dass es nicht nur ihnen selbst, sondern auch allen anderen gut geht“.

Auch Kirsten Boie will dazu beitragen, nicht nur als Schriftstellerin. Mit zwei Initiativen macht sich die ehemalige Lehrerin, die auf eigenen Wunsch vom Gymnasium an eine Gesamtschule wechselte und die vielfältigen Lebenswelten der Kinder dort als Schlüsselerfahrung erlebte, für die Belange von jungen Menschen stark. Als „Schirm-Duo“ unterstützt sie mit ihrem Kollegen Paul Maar den Bundesverband Leseförderung. 2018 startete sie, alarmiert von Studien zur sinkenden Lesekompetenz, eine Petition ans Bundesfamilienministerium. Zu den Erstunterzeichnern der „Hamburger Erklärung“ gehörten Kollegen wie Sasa Stanisic, aber auch der Dirigent Kent Nagano forderte mit Boie „Jedes Kind muss lesen lernen“ , und zwar unabhängig von seiner sozialen Herkunft. 2020 veröffentlichte sie mit „Das Lesen und ich“ eine Art Liebeserklärung an die Welt der Bücher.

Einsatz für Aidswaisen im Süden Afrikas

Mit ihrer 2015 gegründeten Möwenweg-Stiftung macht sich Kirsten Boie zudem für Aidswaisen in Eswatini, dem früheren Swasiland, stark. So fördert das Projekt Litsemba (Hoffnung) Bau und Betrieb von Nachbarschaftsstützpunkten, in denen ehrenamtliche Helferinnen Waisen betreuen. Unserem von Katastrophen geprägten Bild von Afrika stellte die Autorin mit dem Kinderdetektiv Thabo dann einen positiven Helden gegenüber. „Dabei wollte ich nicht das Bild zerstören, dass man es in Afrika schwer hat. Das sollen die Leser schon erfahren“, sagte Kirsten Boie 2018 im Gespräch mit unserer Zeitung, „Aber gleichzeitig will ich ihnen deutlich machen, dass Kinder wie Thabo ziemlich gut drauf und vielleicht gar nicht so anders sind.“

In den vergangenen Jahren entdeckte Kirsten Boie das Thema Drittes Reich für sich und ihre Leserschaft. In „Dunkelnacht“ erzählte sie, inspiriert von einem wahren Vorfall aus den letzten Kriegstagen, von im Namen einer Ideologie begangenen Gräueltaten. Auch ihr Buch „Heul doch nicht, du lebst ja noch“, das drei Jugendliche in ihrer persönlichen Stunde Null durchs zerbombte Hamburg begleitet, schlägt Brücken in die Gegenwart. Als Motivation nannte die Autorin das wachsende Desinteresse an einer Beschäftigung mit der NS-Zeit sowie die Rückkehr von rechtem Gedankengut. „Ich sorge mich um Jugendliche, die in immer größerer Zahl und in immer jüngerem Alter eine Bewunderung für den Nationalsozialismus, sogar für den zweiten Weltkrieg, entwickeln“, so Kirsten Boie.

Info

FestivalVon Ende März an laden verschiedene Hamburger Bühnen, darunter das Ohnsorg Theater („Ringel, Rangel, Rosen“) und das Theaterdeck in Barmbek („Dunkelnacht“), zu Aufführungen ein. Ergänzt wird das Programm durch Workshops im Altonaer Kinderbuchhaus, eine musikalische Lesung zu den King-Kong-Bänden und eine Puppentheater-Vorstellung des Stücks „Der Hoffnungsvogel“ im Oetinger Kulturdeck.

EhrungKirsten Boie und ihr Engagement für die Leseförderung würdigt eine Plakataktion der Stadt Hamburg zum 75. Geburtstag ihrer Ehrenbürgerin.

NeuesDer Oetinger-Verlag würdigt seine Autorin mit drei neu illustrierten Bänden der King-Kong-Reihe. Den Lesestoff fürs Grundschulalter haben Christian und Fabian Jeremies neu in Szene gesetzt und witzig weitererzählt.

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Erstellt:
18. März 2025, 13:56 Uhr
Aktualisiert:
18. März 2025, 15:24 Uhr

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