Berlinale

Filmfest der jungen Männer

Das erste Wochenende dieser Berlinale stand ganz im Zeichen einiger männlicher Jungschauspieler mit Star-Appeal – vornedran Timothée Chalamet, der Bob Dylan in „Like a Complete Unknown“ spielt, und Robert Pattinson, der in „Mickey 17“ zur Bestform aufläuft.

Preisverdächtig: Timothée Chalamet in „Lika a complete unknown“. 
Foto:  Searchlight Pictures

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Preisverdächtig: Timothée Chalamet in „Lika a complete unknown“. Foto: Searchlight Pictures

Von Patrick Heidmann

So viele Fans wie in den vergangenen Tagen standen sich, trotz eisiger Temperaturen, seit Jahren nicht mehr am roten Teppich der Berlinale die Beine in den Bauch. Zur positiven, energiegeladenen Grundstimmung, die beim ersten Festival unter der neuen Leiterin Tricia Tuttle seit dem Auftakt zu spüren ist, trug das entscheidend bei.

Timothée Chalamet war dabei der Gast, auf den man ihn Berlin am sehnlichsten gewartet hatte. Dieser Tage darf er sich Chancen auf einen Oscar ausrechnen, für seine Rolle als Bob Dylan im Film „Like a Complete Unknown“. Und auch wenn das Biopic von James Mangold in den meisten anderen Ländern längst auf den Leinwänden zu sehen ist, erwies es sich als kluge Entscheidung, seine Deutschlandpremiere kurz vor dem deutschen Kinostart Ende Februar nun im Rahmen der Berlinale stattfinden zu lassen.

Heiß begehrte Stars

Die Presse wartete ähnlich sehnlich auf den 29-jährigen Superstar wie die Fans vor der Tür, und dass Chalamets Aussagen auf der Pressekonferenz dann größtenteils wortkarg bis banal blieben, fiel letztlich kaum ins Gewicht. Am Ende sprachen die meisten ohnehin mehr von seinem Outfit auf dem roten Teppich (Design-Unterhemd und Kapuzenpulli in Baby-Rosa) sowie davon, dass im Kino – passend zum Valentinstag – seine Freundin Kylie Jenner neben ihm Platz nahm.

Auch Jacob Elordi gab sich am Wochenende in Berlin die Ehre. Der Australier, der mit der High School-Serie „Euphoria“ berühmt wurde und zuletzt in „Saltburn“ und „Priscilla“ begeisterte, spielt die Hauptrolle in der Serie „The Narrow Road to the Deep South“ von Justin Kurzel. Für den in den USA lebenden 27-Jährigen war die über mehrere Zeitebenen erzählte Romanadaption die erste Arbeit in seiner Heimat überhaupt und, auch weil die Geschichte eines australischen Kriegsgefangenen im Zweiten Weltkrieg erzählt wird, eine Herzensangelegenheit. Im Programm des Festivals, das seine Serien-Sektion vor ein paar Jahren abgeschafft hat, ging die Premiere jedoch ein wenig unter.

Die meisten Augen waren am Samstag ohnehin auf „Mickey 17“ gerichtet, dem ersten neuen Film von Bong Joon-ho, seit der Koreaner mit „Parasite“ zum mehrfachen Oscar-Gewinner wurde. Sein Science Fiction-Film, der nach einer Weltpremiere in in Berlin außer Konkurrenz gezeigt wurde, ist gleichermaßen futuristisches Action-Spektakel und Polit-Farce, mit einem Titelhelden, der sich auf einer Raumschiff-Kolonie als so genannter Expendable (Verzichtbarer) zur Verfügung stellt, der stets auf die gefährlichsten Missionen geschickt und für Experimente missbraucht wird, weil er im Todesfall mit Hilfe von Erinnerungsübertragung und einem auf der Erde längst verbotenen Bioprinter als Klon neu ausgedruckt wird. Als allerdings die 17. Auflage von Mickey bei einer Weltraum-Mission von einer einheimischen, an gigantische Kellerasseln erinnernden Lebensform gerettet und fälschlich für tot gehalten wird, wird bereits Mickey 18 an den Start gebracht, was den Anfang von sehr viel Aufruhr im All bedeutet.

Robert Pattinson spielt in „Mickey 17“ eine Doppel-Hauptrolle

Von sozialer Ungleichheit, der Gier nach Macht oder Umwelt- und Tierschutz hat Bong Joon-ho schon in früheren Filmen erzählt, etwa in „Snowpiercer“, „Okja“ und natürlich „Parasite“. Viel Neues hat er in dieser Hinsicht nun nicht zu bieten, zumal manche satirische Überzeichnung – allen voran beim von Mark Ruffalo gespielten faschistoid-populistischen Kolonie-Anführer – allzu plump gerät. Visuell fährt „Mickey 17“ allerdings großartige Ideen auf, und Robert Pattinson in der Doppel-Hauptrolle läuft mit zum Teil slapstickhafter Komik zur Form seines Lebens auf. Verglichen mit Kollege Chalamet präsentierte sich der Ex-Teenie-Star den Fans und Fotografen vor dem Berlinale-Palast ganz in Schwarz und mit schneidiger Lederjacke geradezu unauffällig. Doch die Begeisterungsstürme waren kaum kleiner.

Dagegen gingen die weiblichen Stars aus den Wettbewerbsfilmen fast ein wenig unter. „Hot Milk“ der britischen Regisseurin und Autorin Rebecca Lenkiewicz mit Emma Mackey, Vicky Krieps sowie der irischen Theater- und Serien-Grand Dame Fiona Shaw hat jedoch gleich drei von ihnen zu bieten, deren Talent diese Roman-Verfilmung ohne Frage sehenswert macht. Den einen oder die andere ließ das sperrige, von viel Ungesagtem lebende Mutter-Tochter-Drama über familiäre Traumata und unterdrückte Begierden allerdings auch etwas frustriert zurück.

Mit etwas Verspätung durch einen verpassten Flug traf auch noch Oscar-Gewinnerin Jessica Chastain in Berlin ein, die im mexikanischen Regisseur Michel Franco eine verwandte Seele gefunden hat, wenn es darum geht, die unangenehmen Seiten der menschlichen Natur im Kontext eines gesellschaftlichen Ungleichgewichts auszuloten. In „Dreams“ spielt sie zum zweiten Mal bei ihm eine Hauptrolle, hier eine Philanthropin, die ein Beziehung zu einem illegal in die USA eingereisten Balletttänzer führt. Chastain und ihr Filmpartner Isaac Hernández überzeugen in diesem abgründigen Drama ohne Frage, doch die Wucht einiger anderer Filme Francos entwickelt es leider selten.

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Erstellt:
16. Februar 2025, 15:42 Uhr
Aktualisiert:
16. Februar 2025, 16:02 Uhr

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