Jürgen Max Schröder aus Weissach: Der schwäbische Johnny Cash
Jürgen Max Schröder musiziert seit seinen Kindertagen. Im Weissacher Tal ist der Liedermacher vor allem für seine Auftritte im Unterweissacher Heimatmuseum bekannt. Seine Musik möchte er aber nicht zum Beruf machen – im Vordergrund stehen soll stets die Freude an der Musik.
Von Melanie Maier
Weissach im Tal. Der Übungsraum, den Jürgen Max Schröder in seinem Haus hat, würde so manchen Musiker sehr glücklich machen. Drei Akustikgitarren, ein Banjo und zwei E-Gitarren hängen an der Wand neben dem Regal. Auf dem Schrank liegen Geige und Ukulele, außerdem stehen in dem Raum noch ein Schlagzeug, ein Notenständer, ein Plattenspieler, ein Mikrofon und ein Aufnahmegerät, mit dem Schröder seine Musik aufzeichnen kann. „Immer mal wieder kommen auch Leute, dann spielt man zusammen“, berichtet der 65-jährige Oberweissacher. Auch mit seinen Söhnen musiziert er, wenn sie zu Hause sind. An diesem Nachmittag greift er selbstredend ebenfalls direkt zur Gitarre und stimmt ein Lied an, „Moscht (Was mi richtig frait)“ von der schwäbischen Band Herr Diebold ond Kollega: „Dr Herbscht, des isch mei Zeit.“
Im Weissacher Tal ist Jürgen Schröder, der seinen Zweitnamen Max als Künstlernamen verwendet, vor allem für seine Auftritte im Unterweissacher Heimatmuseum bekannt. Und für seinen „Laugaweckles-Blues“ (siehe QR-Code am Ende des Texts). Den hat der Liedermacher, der eigene Songs stets auf Schwäbisch schreibt, ersonnen, nachdem er erfahren hatte, dass er seine geliebten Laugenbrötchen bald nicht mehr an gewohnter Stelle würde kaufen können. „Kurz vor Weihnachten 2019 hat mein Lieblingsbäcker, die Bäckerei Stark in Lippoldsweiler, Zettel verteilt, auf denen stand, dass er an Neujahr zumacht“, sagt Jürgen Max Schröder. Das habe ihn zu dem Songtext inspiriert. „Des isch a richt’ge Krise für me und mei’ Seelenheil“, singt er in dem Lied, „denn ohne Laugaweckle vom Bäcker Stark ka I ed sei“. Die Melodie stammt von Johnny Cashs „Folsome Prison Blues“. Bei der Abschiedsfeier der Bäckerei spielte er den Blues gleich mehrere Male.
Bei den Auftritten liefen die selbst gebauten Verstärker heiß.
Blues mag Schröder besonders gerne, weil man als Musikgruppe so flexibel ist. „Wenn wir zu fünft zusammensitzen und spielen, können wir ohne Probleme den sechsten dazunehmen“, erklärt er.
Angefangen hat seine musikalische Reise schon in der Kindheit. Im Pfadfinderlager schnappte er sich jede Gitarre, die unbeaufsichtigt herumlag. „Darauf habe ich dann stundenlang herumgeklampft“, erzählt Schröder. „Ich bin im Prinzip ein richtiger Lagerfeuermusiker.“ Etwa zur gleichen Zeit fing seine Schwester an Gitarre zu spielen, hörte aber bald darauf schon wieder auf. So kam Schröder zu seinem ersten Instrument.
Geboren wurde er 1958 in Waiblingen, aufgewachsen ist er in Schwäbisch Gmünd. Dort ging er auch aufs Aufbaugymnasium, wo Musik Hauptfach war. Schröder lernte das Geigespielen, wechselte aber schnell zur Bratsche, „weil meine Finger nicht die schlanksten sind“. Nebenbei spielte er aber auch weiterhin Gitarre.
Liedtexte schreiben möchte er ebenfalls weiterhin.
Seine erste Band war die Schulband. „Wir sind zum Beispiel bei Faschingsbällen im Schlafkittel aufgetreten“, erinnert er sich. Die E-Gitarre, die er damals spielte, liegt heute auf seinem Dachboden. Auch zwei Musiklehrer machten in der Band mit. „Es war bestimmt nicht das Dollste, was wir gespielt haben“, sagt Schröder, „aber wir hatten einen Riesenfez.“ Bei den Auftritten liefen die selbst gebauten Verstärker heiß. „Die Endstufentransistoren sind durchgebrannt“, erklärt der Musiker – und da hört man seinen späteren Werdegang heraus. Nach Abitur und Bundeswehr studierte Schröder Elektrotechnik in Stuttgart.
An dem Institut, an dem er nach seinem Abschluss als Assistent arbeitete, gründete er wieder eine Band. „Wir nannten uns die Növdöv Harmonists – das Institut trug den Namen Nachrichtenvermittlung und Datenverarbeitung“, erklärt er. Die Gruppe spielte auf Weihnachtsfeiern, aber auch bei Hochzeiten und Polterabenden. Es war die Zeit, als seine Generation anfing zu heiraten. Auch diese Band habe sich in erster Linie zusammengefunden, um beim Musizieren Spaß zu haben, sagt Schröder. „Wir waren oft besser, wenn wir getrunken hatten, als wenn wir nüchtern waren“, scherzt er.
Während seiner Studentenzeit fing er auch an in Besenwirtschaften Gitarre zu spielen – „schwäbische Lumpenliedchen“, wie er sagt. Den Wein, den er gratis bekam, verschenkte er am Ende des Abends, „sonst hätte ich nicht mehr heimgefunden“.
Von 1992 bis 2006 spielte die Musik nur noch eine untergeordnete Rolle in seinem Leben. Die Familiengründung und der Beruf hatten Vorrang. Schröder wurde Hochschulprofessor in Heilbronn, neun Jahre lang war er dort Hochschulrektor. Doch im Urlaub im Camper war die Gitarre immer mit dabei. Und auch bei Fernreisen musste das Instrument mit, was häufig nicht ganz einfach war. Verschwunden war die Musik nie so wirklich aus seinem Leben.
Seit seiner Pensionierung im Jahr 2017 hat sie sich langsam, aber sicher wieder in den Vordergrund gedrängt. Vor Corona spielte Schröder einige Male in der Besenwirtschaft „Zur alten Webstube“ in Kaisersbach. Dort steht eine seiner Gitarren nun als Dauerleihgabe. Auch im Café Sahnehäubchen im Güterschuppen am Bahnhof Burgstall trat er auf. Doch dann brach die Pandemie aus. Lange war es nicht möglich, Livemusik vor Publikum zu spielen.
Als sich die Lage beruhigt hatte, kamen die nächsten Auftritte. Zweimal spielte er im Heimatmuseum in Unterweissach, auch bei einer Kirchengemeinde in Backnang, beim 60. Geburtstag einer Freundin und im Café Sahnehäubchen musizierte er. Aber er habe auch Spaß an der Musik, wenn er nur für sich alleine spiele, so der Liedermacher. Zum Beruf soll seine Leidenschaft ohnehin nicht werden. Er möchte keinen Stress beim Ausüben seines Hobbys, er will lieber an seinen Liedern tüfteln, auch mal etwas Neues ausprobieren und vor allem einfach Spaß haben. „Die Musik soll für mich ein Hobby bleiben“, betont Schröder. „Da muss auch mal falscher Ton drin sein.“ Liedtexte schreiben möchte er ebenfalls weiterhin. Auf Schwäbisch, „weil ich halt Schwabe bin und zu meinem Schwabentum stehe“.
Während der Pandemie dichtete er den „Corona-Blues“ nach der Melodie von „The Thrill Is Gone“ von B. B. King: „Stell’ Dir vor das Coronavirus isch weg. Du kannsch wieder zum Bier, in dei’ Kneipe ums Eck.“