Kabirinett sagt im kommenden Jahr Adieu

Kurz nach der Premiere des neuen Stücks „Gentleman’s Guide“ kündigt Thomas Weber überraschend das Aus für sein Theater in Großhöchberg in der zweiten Jahreshälfte 2025 an. Der Abschied habe keine wirtschaftlichen Gründe, sondern sei vor allem dem Personalmangel geschuldet.

Thomas Weber und James Geier (von links) sind zumindest im Kabirinett in Großhöchberg nur noch bis Ende des kommenden Jahres gemeinsam auf der Bühne zu sehen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Thomas Weber und James Geier (von links) sind zumindest im Kabirinett in Großhöchberg nur noch bis Ende des kommenden Jahres gemeinsam auf der Bühne zu sehen. Foto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Spiegelberg. Er sei der James Bond des Schwäbischen Waldes, behauptet Thomas Weber in seinem neuen Stück „Gentleman’s Guide“, das erst am vergangenen Freitag im Theater Kabirinett im Spiegelberger Ortsteil Großhöchberg Premiere feierte. Und genau wie das große Leinwandpendant hat auch Weber bei seinen Programmen immer die eine oder andere Überraschung im Ärmel – in diesem Fall ist es allerdings leider keine schöne, geschweige denn eine lustige.

„Das Kabirinett stellt Ende 2025 den Spielbetrieb ein“, teilte der Theatermacher gestern Nachmittag mit. Zum ungewöhnlichen Timing, nur wenige Tage nach der Premiere, erklärte er: „Eigentlich hätte ich es gerne schon vergangene Woche gesagt, aber da sollte das Stück im Mittelpunkt stehen.“ Verständlich, denn zweifellos hätte die Nachricht vom Ende des Theaters die Premiere überschattet.

Ein Vierteljahrhundert Kabirinett neigt sich für Thomas Weber und seine Frau Irene damit langsam, aber sicher dem Ende zu. Das 25-Jahr-Jubiläum wird zugleich das Jahr sein, in dem das Kabirinett seine Pforten schließt. Wann genau, das stehe allerdings noch nicht fest, sagt Thomas Weber. Es hänge in erster Linie von der Nachnutzung ab und davon, wann ein möglicher neuer Betreiber einziehen wolle. „Es wird aber in der zweiten Jahreshälfte sein.“

Die eigenen Ansprüche sind immer schwieriger zu erfüllen

Die wirtschaftliche Lage des Theaters sei gut, versichert Weber, die Zuschauer strömten und auch an der eigenen Lust oder den Ideen mangle es nicht – immerhin steht auf dem sogenannten Kulturbuckel Großhöchberg im Februar kommenden Jahres noch einmal eine Premiere an. Darin wird Weber in bewährter Weise mit James Geier und darüber hinaus mit Jens Heckermann auf der Bühne zu sehen sein. Wieso dann also der Abschied?

Weitere Themen

„Es ist keine Ad-hoc-Entscheidung, sondern ein lange überlegter und gereifter Schritt“, erklärt der Theatermacher. „Wir haben in den letzten Monaten und Jahren gemerkt, dass wir die Veranstaltungen teilweise nicht mehr so durchführen können, wie wir uns das vorstellen und wie es unser Anspruch ist.“ Er denke da etwa an Rundum-Theaterabende, bei denen gekocht werde. „Es fällt immer schwerer, einen Koch und überhaupt Personal zu finden.“ Und selbst wenn sich auf die Ankündigung des Abschieds nun Leute meldeten: In fünf Jahren seien die Probleme wohl wieder dieselben. „Wir haben uns deshalb schweren Herzens dazu entschlossen, den Schritt jetzt zu gehen, damit die Leute noch sagen können: ‚Schade‘ und nicht: ‚Das war früher mal gut, aber jetzt kann man da nicht mehr hin‘. Bis dahin hätte es vielleicht noch ein paar Jahre gedauert, aber jetzt bin ich auch von der Lebenssituation her an einem Punkt, an dem ich noch mal neue Ziele erobern kann.“ Wie diese neuen Ziele aussehen, weiß Thomas Weber noch nicht, es soll aber weiterhin die Bühne sein. „Es werden Türen aufgehen, da bin ich ganz sicher.“

Jeder Abend soll ein kleiner Abschied werden

Was mit den Gebäuden des Theaters passieren wird, stehe ebenfalls noch in den Sternen. „Die Räume sind ja sehr vielseitig, da ist vieles vorstellbar, von Gastronomie über Foto- und Filmstudio bis hin zum Seminarraum oder zur Werkstatt.“ Wenn es eine Kultureinrichtung bliebe, würde er es natürlich begrüßen. „Aber das muss man jetzt abwarten.“ Auch privat werden sich die Webers aus Großhöchberg verabschieden. Sofern kein entsprechendes Angebot aus einer anderen Region Deutschlands komme, sieht Thomas Weber ihre Zukunft aber weiterhin im Murrtal. „Hier fühle ich mich wohl und mag auch die Menschen gerne.“ Wie es mit dem Förderverein, der hinter dem Theater steht, weitergehen wird, soll in den kommenden Wochen geklärt werden.

Es sei ihnen wichtig gewesen, das bevorstehende Ende des Theaters Kabirinett frühzeitig zu kommunizieren, betont Weber. „So haben die Menschen die Chance, ihre Gutscheine einzulösen und noch mal ihre Lieblingsstücke und -künstler zu sehen.“ Schließlich soll es auch im kommenden Jahr noch einmal ein volles Programm mit vielen Gästen geben. Über 25 Jahre hinweg haben immerhin viele Künstlerinnen und Künstler den Weg nach Großhöchberg gefunden. „Ich glaube, es gibt einige Kollegen, die gerne noch mal hier auftreten wollen.“ Ob es eine Abschiedsveranstaltung geben wird, kann Thomas Weber noch nicht sagen. Ein glanzvolles Ende werde es aber bestimmt. „Ich denke, bis dahin wird jeder Abend dann ein kleiner Abschied sein.“

Kommentar
Kultur auf dem Rückzug?

Von Kai Wieland

Im Februar fiel bei der Abschiedsgala in der Auenwaldhalle der letzte Vorhang für die Gruschtelkammer, nun bricht mit dem Theater Kabirinett in Großhöchberg eine zweite langjährige Kulturinstitution im Raum Backnang weg. In beiden Fällen sind nicht etwa mangelndes Engagement der Kulturschaffenden und Künstler oder gar das Fehlen eines begeisterungsfähigen Publikums die Ursache dafür, sondern die sich verschlechternden strukturellen Rahmenbedingungen für Kultureinrichtungen, vor allem abseits der Städte. Anders als in Auenwald kam der Spiegelberger Gemeindeverwaltung bei der Aufgabe des Theaters Kabirinett wohl keine zweifelhafte Rolle zu. Für ländliche Kommunen, welche weiterhin Theater, Konzertreihen, Museen oder schlicht Künstler und Kulturschaffende beherbergen, sollte es dennoch ein Warnschuss sein. Die Strahlkraft, die kleinen Gemeinden dadurch verloren geht, ist durch nichts zu ersetzen. Wo möglich, gilt es sie daher dringendst zu bewahren.

k.wieland@bkz.de

Zum Artikel

Erstellt:
4. Juli 2024, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Kultur im Kreis

Neues Stück im Kabirinett: Die Grenzen der Etikette ausgelotet

Die Premiere im Großhöchberger Kabirinett gelingt: Unter dem Titel „Gentleman’s Guide“ feuern Thomas Weber und James Geier eine Serie von Krachern ab, umrahmt von teils anzüglicher, teils gesellschaftskritischer Musik.

Kultur im Kreis

Neues Stück im Kabirinett: Gentleman werden, Gentleman bleiben

Am Freitag feiern Thomas Weber und James Geier im Kabirinett in Großhöchberg die Premiere ihres neuen Stücks „Gentleman’s Guide“. Mit Wortwitz, Slapstick und musikalischen Einlagen nehmen sie die Unwägbarkeiten des Mannseins unter weiblichen Blicken auf die Schippe.

Stadt & Kreis

In Spiegelberg wählen viele Rechtsaußen

Bei der Europawahl hat in Spiegelberg keine Partei mehr Stimmen erhalten als die AfD. Auf der Suche nach dem Warum stößt man auf ein uneindeutiges Stimmungsbild. Dass viele Rechtsaußen wählen, ist ein „schwieriges Pflaster“, das man im Umgang miteinander gerne ausspart.