Letzte Ausstellung im TOM zeigt Werke von Fabian Baur
Amerikanische Assoziationen: Fabian Baur zeigt bei seiner Ausstellung im TOM Figuren und Zeichnungen, die er gemäß seinem Amerikabild ausgewählt und arrangiert hat.
Von Kai Wieland
Backnang. „Die gehören alle nach Amerika“, hatte der Backnanger Bildhauer und Steinmetz Norbert Kempf beim Gang durch das Atelier von Fabian Baur mit Blick auf dessen Figuren angemerkt. Für den 1976 in Gaildorf geborenen, in Backnang aufgewachsenen und in Weissach im Tal lebenden Künstler war es eine überraschende, gleichwohl spannende Anregung, denn keines seiner Werke ist mit einer solchen Assoziation entstanden. „Ich weiß im Grunde nichts über Amerika und war auch noch nie dort“, verrät Fabian Baur. Trotzdem – oder gerade deshalb? – war das Thema für die vorerst letzte Ausstellung im TOM, Norbert Kempfs außergewöhnlichem Schichtbetonbau, damit gefunden.
„Amerika“ ist eine kurzfristig beschlossene und noch kurzfristiger umgesetzte Ausstellung, mit der Norbert Kempf und Fabian Baur vorrangig einen feierlichen Rahmen für die Ablösung des Gebäudes als Haus der Kultur schaffen wollen. Für Baur ist es nicht nur die erste eigene Ausstellung seit der Pandemie, sondern auch ein persönlicher Abschied von einem Ort, der ihm in den vergangenen Monaten im Zuge diverser Vernissagen und Finissagen unzählige besondere Begegnungen und Stunden beschert hat. „Das Ganze ist als schöner Ausklang für dieses Haus gedacht und ich darf die Kunst dazu liefern“, sagt Baur augenzwinkernd.
Es sind vorrangig Figuren aus gebranntem und glasiertem Ton, welche die Nischen in den Betonwänden im Erd- und Obergeschoss des TOM beleben, aber auch Zeichnungen sowie Papier- und Stofffiguren sind Teil der Ausstellung. Für die Auswahl und Inszenierung der Stücke legte Fabian Baur sein persönliches Amerikabild zugrunde, wobei der Begriff wohl eher in seiner umgangssprachlichen Verwendung als Synonym für die USA zu verstehen ist.
„Ich warte, bis mir das Material verrät, was es will“
Das Ergebnis zeigt sich unter anderem in den Arrangements im Erdgeschoss, in welchen den Tonfiguren jeweils ein kontextstiftender Hintergrund, bestehend aus einem Schallplattencover, zugeordnet wurde. „Ich bin zu Hause meine Plattensammlung durchgegangen und habe das ausgewählt, was mir passend erschien und meinem Amerikabild entsprach“, erklärt Baur. Die Schriftzüge der Cover sind durch Schablonen verdeckt, lediglich markante Ausschnitte sind zu sehen. Diese genügen aber, um etwa Bruce Springsteens „Born in the USA“ auszumachen. Wie gut sich Skulptur und Hintergrund bisweilen zusammenfügen, etwa im Falle eines Covers der Hardcore-Punkband Fugazi, erscheint umso erstaunlicher, wenn man die Entstehungsgeschichte der Figuren erfährt. Sie stammen aus der Klammer, einer Kunstwerkstatt für Kinder und Jugendliche, die Baur in Weissach betreibt. „Es handelt sich um Reste, welche die Kinder für nicht gelungen befunden und deshalb weggelegt haben“, sagt er schmunzelnd. Baur nahm sich des „Abfalls“ an, änderte hier und da noch Kleinigkeiten und brannte die Figuren.
Mittig im Raum zieht eines der größeren Ausstellungsstücke die Blicke auf sich. Die hockende Figur aus Holz und Pappe auf einem Skateboard wiederholt sich im Stockwerk darüber, dann allerdings in einem Kanu sitzend.
Die tierisch anmutenden Stoffköpfe, welche insbesondere die Nischen im Treppenhaus schmücken, sind genau wie die Tonfiguren Weiterverwertungen. In diesem Fall stammen die Ausgangsprodukte aus der Polsterwerkstatt von Fabian Baurs Frau. Er entschied sich dafür, diese nach Origami-Art zu falten, ansonsten aber nicht zu verändern. Dieser Umgang mit seinen Materialien zieht sich wie ein Faden durch die Ausstellung. „Ich will gar nicht massiv eingreifen und das Material verändern, sondern ich reagiere total gern“, erläutert Baur seine Vorgehensweise. „Ich warte, bis mir das Material verrät, was es will, und dann einigen wir uns.“
Teil der Ausstellung sind außerdem Auszüge aus Fabian Baurs Tagebuchzeichnungen, die er seit Jahren täglich anfertigt. „Das hält mich am Laufen“, sagt der Künstler. „Ursprünglich habe ich sie nur für mich gemacht, da arbeitet man natürlich anders, lockerer.“ Für seine Zeichnungen hat er sich ein Radierverbot auferlegt, seine Idee muss also auf Anhieb klappen oder er muss auch hier reagieren. „Notfalls wird es sehr schwarz“, sagt er und lacht. Für jedes Jahr gibt er sich ein übergeordnetes Thema vor, 2023 lautet es „Müll und Dreck“.
Termine Die Ausstellung im TOM kann im Rahmen von drei Terminen besichtigt werden. Heute Abend findet ab 19 Uhr die Vernissage mit „Geräuschen und Musik“ statt. Am Sonntag, 20. August, gibt es von 14 bis 16 Uhr Kaffee und Kuchen sowie musikalische Begleitung von Pia Sophie Stahl und Julian Tegeder (Horn und Gitarre). Zur Finissage am Sonntag, 27. August, werden ab 16 Uhr weitere musikalische und künstlerische Aufführungen dargeboten.