Nachwuchsfestival: Ausladung ehemaliger Juroren sorgt für Aufregung
Im Zuge der Neuaufstellung des Nachwuchsfestivals ist auch die Jury verkleinert worden. Wie das gemacht wurde, kam nicht bei allen gut an.
Von Melanie Maier
Backnang. Es war nicht die Tatsache dass, sondern die Art, wie sie erfahren hat, dass sie dieses Jahr nicht mehr in der Jury des Backnanger Nachwuchsfestivals sitzen würde, die sie irritiert habe, erklärt Sabine Petrich-Hekeler. Seit 1998 war die Sängerin bei der Auswahl der Gewinner dabei. Dass sie in diesem Jahr nicht mehr an der Entscheidung beteiligt sein würde, erfuhren Petrich-Hekeler und fünf weitere nunmehr ehemalige Jurymitglieder per E-Mail von Nachwuchsfestival-Leiter Michael Unger, der auch die Jugendmusik- und -kunstschule Backnang leitet. Die Mail, in der er sich im Namen der Organisatoren, seitens der Stadt Backnang und persönlich für das teilweise langjährige Engagement und das gute Miteinander bedankte, verschickte Unger am 30. Mai, also weniger als einen Monat vor Beginn des Straßenfests. Eine Begründung, weshalb die Ausladung erfolgte, war in dem Schreiben nicht enthalten. Nur der Verweis darauf, dass die Jury verkleinert und dem neuen Konzept angepasst wurde.
Für Petrich-Hekeler kam die Absage nicht überraschend. Nach dem Tod des langjährigen Straßenfest-Organisators Jürgen Häfner im Dezember 2020 habe sie „schon ein bisschen damit gerechnet, dass alles neu strukturiert wird“, sagt sie auf Nachfrage unserer Zeitung. 2023 wäre ihr 25-jähriges Jubiläum gewesen, wenn die Pandemie nicht gewesen wäre. Sie hätte sich wahrscheinlich ohnehin bald aus der Jury zurückgezogen, erklärt sie. Dennoch hätte Petrich-Hekeler sich einen anderen Abschied gewünscht. „Mein erster Eindruck war, dass die E-Mail nicht besonders wertschätzend war“, sagt sie. Im Herbst 2019 habe sie Häfner noch in Allmersbach getroffen. Er habe sie darum gebeten, beim 50. Straßenfest auf jeden Fall wieder dabei zu sein. „Es war ihm wichtig“, sagt sie.
Der Eindruck: Die Wertschätzungfür das langjährige Engagement fehlt
Andere, die sich eingebracht haben, aber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchten, sehen die E-Mail-Absage weniger gelassen als Petrich-Hekeler. „Anfänglich war es mir noch egal, aber jetzt ärgert mich das sehr. Ich fühle mich schon beleidigt“, teilt die Person mit. Das ehemalige Jurymitglied sagt, es habe in den vergangenen Monaten immer wieder bei Sanoj Abraham als offiziellem Ansprechpartner der Stadt nachgehakt, wie es ums Nachwuchsfestival bestellt sei, aber stets nur die Aussage erhalten, das obliege der Jugendmusik- und -kunstschule. So kurzfristig und per E-Mail auszuladen finde sie „mehr als vermessen von der Stadt“, so die Person. „Das hat von vorne bis hinten keinen Stil. Es geht einfach um die Wertschätzung.“ „Bislang sind wir immer spätestens im April informiert und gefragt worden, wer alles dabei ist“, fügt Petrich-Hekeler hinzu. Ein weiteres Jurymitglied nennt die Art und Weise, wie die Ehemaligen hinauskomplimentiert wurden, „mittels einer lapidaren E-Mail“, schlicht „unwürdig“. Dass man neue Wege gehen müsse, sei allen Beteiligten klar gewesen. Die Art und Weise sei nicht angemessen.
Das Engagement als Jurymitglied beim Nachwuchsfestival ist ehrenamtlich – und zeitintensiv. In früheren Jahren gingen teils um die 100 Bewerbungen ein. Zwei-, dreimal trafen sich die Jurorinnen und Juroren, um eine Vorauswahl zu treffen. Das dauerte oft einen halben Tag. Auch das Halbfinale und Finale brauchten Zeit. Eine monetäre Entschädigung gab es dafür nicht, sondern Verzehrmarken fürs Straßenfest und einen „Bembel“, einen Straßenfest-Bierkrug.
Auch vor diesem Hintergrund empfinden Petrich-Hekeler und die ehemaligen Jurymitglieder, die anonym bleiben möchten, die E-Mail als einen unpassenden Abschied vonseiten der Organisatoren. In früheren Jahren habe man ausscheidende Juroren häufig auch mit einem gemeinsamen Abendessen verabschiedet, berichtet eines der ehemaligen Jurymitglieder.
Unger: Es habe sich in den zurückliegenden zwei Jahren niemand gemeldet
Von solchen Verabschiedungen wisse er nichts, entgegnet Nachwuchsfestival-Leiter Michael Unger. „Ich hätte das gut gefunden. Wenn es so eine Tradition gegeben hätte, hätten wir die auch gerne fortgeführt.“ Das sei der Nachteil an der Art Organisation, wie sie bis vor der Neuaufstellung geführt wurde, fügt er hinzu: „Jürgen Häfner war unglaublich engagiert und fähig. Aber bei vielem war er der einzige Kenntnisträger.“ Das sorge ab und zu für Missverständnisse. Er habe versucht, seinen Dank und seine Wertschätzung in der E-Mail auszudrücken. Für darüber Hinausreichendes habe er kein Budget zur Verfügung gehabt.
Die Entscheidung, wer in der Jury sitze, sei in den vergangenen Jahren „auch nicht früher kommuniziert worden“. Außerdem, sagt er, gebe es eine Hol- und Bringschuld. „Man hätte ja auch mal nachfragen können, wie das Nachwuchsfestival geplant ist.“ Bei ihm habe sich in den zurückliegenden zwei Jahren niemand gemeldet, sagt Unger im Gespräch mit unserer Zeitung.
Einige Tage danach, am ersten Straßenfesttag, erreicht die ehemaligen Jurorinnen und Juroren eine weitere E-Mail von Unger, in der er sie am Sonntagabend zur Bühne am Obstmarkt einlädt, um sich vor der Bekanntgabe der Preisträger des Nachwuchsfestivals offiziell für das langjährige ehrenamtliches Engagement zu bedanken. Nicht alle sind dieser Einladung gefolgt. Sabine Petrich-Hekeler etwa war nicht dabei. Sie und ein weiteres Jurymitglied hatten den Eindruck, es gehe dabei nur um persönliche Schadensbegrenzung. Eine offizielle Verabschiedung der ehemaligen Jurorinnen und Juroren fand gestern Abend auf der Bühne am Obstmarkt – wohl aus diesem Grund – nicht statt.