Rietenauer Holzkunsttage: Ein inspirierender Ort für Kreative

Bei den Rietenauer Holzkunsttagen am Waldrand geht es fünf Tage lang um den Werkstoff Holz und das, was man daraus machen kann.

Bernd Leitermann hatte bisher nur abstrakt gearbeitet, jetzt soll bei dem Workshop in Rietenau eine Figur aus Platanenholz entstehen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Bernd Leitermann hatte bisher nur abstrakt gearbeitet, jetzt soll bei dem Workshop in Rietenau eine Figur aus Platanenholz entstehen. Foto: Alexander Becher

Von Annette Hohnerlein

Aspach. Annette Munsberg ist völlig in ihre Arbeit vertieft. Die Motorsäge in ihren Händen ist schon heiß gelaufen und qualmt, aber Munsberg arbeitet unbeirrt weiter. Behutsam setzt sie kleine Schnitte in das Holz, nimmt hier und dort ein wenig Material weg. „Ich versuche, die Form zu umkreisen, lasse mich überraschen“, erklärt sie, „das muss nicht perfekt sein.“ Sie arbeitet ohne Vorlage und hat nur die vage Vorstellung, dass ihre Skulptur eine organische Form haben soll, es könnte zum Beispiel eine Knospe werden. Dabei hat Munsberg bisher weder mit Holz gearbeitet noch jemals eine Motorsäge in der Hand gehabt: „Das ist absolutes Neuland für mich.“ Allerdings hat sie als ehemalige Kunsterzieherin Erfahrung im Gestalten, das sieht man den Skizzen an, die sie im Verlauf der Arbeit von ihrer Skulptur anfertigt. Eine Herausforderung ist neben der gestalterischen auch die körperliche Arbeit, hat sie festgestellt, am Abend sei sie immer völlig fertig.

Ganz anders geht Bernd Leitermann an die Sache heran. Er hat als Vorlage eine kleine indonesische Katzenfigur aus Holz mitgebracht. „Bisher habe ich nur abstrakt gearbeitet, jetzt mache ich etwas Figürliches, das ist kompliziert“, findet er, „dazu kommt, dass Platane ein sehr hartes Holz ist.“ Leitermann war als Mathematiker bei einer Versicherung beschäftigt, „ein Schreibtischtäter“, wie er sagt. Die Holzbildhauerei sei schon immer sein Traum gewesen; seit dem Eintritt in den Vorruhestand habe er nun Zeit, sich diesen Wunsch zu erfüllen. Zu Hause habe er keine Möglichkeit, bildhauerisch tätig zu sein, deshalb nehme er bereits zum dritten Mal an den Holzkunsttagen in Rietenau teil: „Das ist einmal im Jahr mein Highlight, es macht unheimlich Spaß.“ Sehr anregend findet er den Austausch mit den anderen Kunstschaffenden um ihn herum. Und wie die anderen genießt er die Arbeit an der frischen Luft, empfindet den idyllischen Platz am Waldrand oberhalb von Rietenau als inspirierend.

Gearbeitet wird mit Linden- und Platanenholz

Kursleiter Miklós Vajna lud zum sechsten Mal zu den Rietenauer Holzkunsttagen ein. Gearbeitet wird mit Linden- und Platanenholz, das aus der Umgebung stammt. In den vergangenen Jahren fand der Workshop auf einem anderen Grundstück statt, dem sogenannten Pfarrgütle des Obst- und Gartenbauvereins Rietenau. In diesem Jahr war das nicht mehr möglich, der Lärm der Motorsägen sei für die Anwohner nicht mehr zumutbar, hieß es. Zum Glück fand sich ein anderes passendes Gelände, das ein Landwirt den Bildhauern zur Verfügung stellte, nicht weit vom Pfarrgütle entfernt, ebenfalls wunderschön gelegen und mit Blick auf Obstbäume und Wald. Und auch die Gemeinde unterstützt das Projekt, indem sie die Lagerung der Holzstämme und Geräte auf den angrenzenden gemeindeeigenen Flächen gestattet.

Dani Lüdecke aus Althütte hat schon 30 Jahre Erfahrung mit plastischem Arbeiten, sie ist quasi Bildhauerin im Nebenerwerb. Ihre Skulptur hat eine kompakte gerundete Form mit einem Loch in der Mitte, das durch Einschnitte mit der Motorsäge entstanden ist und dessen Struktur fast brachial anmutet. „Ich hatte eigentlich etwas anderes im Sinn. Aber als ich heute Morgen gekommen bin, habe ich gemerkt, dass die Form schon fast perfekt ist. Deshalb habe ich meinen Plan geändert. Das war spannend, einen neuen Weg einzuschlagen“, erläutert Lüdecke ihr Vorgehen.

Spannend findet sie auch den Kontrast zwischen der relativ glatten Oberfläche ihrer Skulptur und dem groben Inneren. „Vielleicht wähle ich als Titel: weiche Schale, rauer Kern.“ Mit der Unterstützung durch Miklós Vajna ist sie sehr zufrieden. „Er geht auf einen ein, aber er drängt einem nichts auf.“

Vormerkungen für 2023 möglich

Offen für jedermann Die Rietenauer Holzkunsttage finden an fünf Tagen Ende August statt. Diesmal machen zehn Kunstfreunde mit. Angesprochen sind kreative Menschen mit und ohne Erfahrung im künstlerischen Arbeiten mit Holz. Interessierte können sich für 2023 vormerken lassen. Infos gibt es bei Miklós Vajna, Telefon 0162/8471162 oder per E-Mail an miklos.vajna@gmx.de.

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Erstellt:
2. September 2022, 06:00 Uhr

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