Vorhang auf: Welttheatertag im Raum Backnang

Heute wird der Welttag des Theaters gefeiert. Er soll auf die kulturelle und gesellschaftliche Bedeutung des Theaters in all seinen Facetten aufmerksam machen. Wir haben mit Theaterschaffenden aus dem Raum Backnang über ihre Begeisterung für die Bühne gesprochen.

Faszination Theater: Am heutigen Welttheatertag wird es in all seinen Facetten gefeiert. Ob actiongeladener Fechtkampf wie jener zwischen Mercutio (links) und Tybalt im Stück „Romeo und Julia“ im Bandhaus oder andächtiger Monolog, das Theater sprüht vor Leben.

© Alexander Becher

Faszination Theater: Am heutigen Welttheatertag wird es in all seinen Facetten gefeiert. Ob actiongeladener Fechtkampf wie jener zwischen Mercutio (links) und Tybalt im Stück „Romeo und Julia“ im Bandhaus oder andächtiger Monolog, das Theater sprüht vor Leben.

Von Kai Wieland

Rems-Murr. Berühren, unterhalten, aufwühlen, Fragen stellen – das Theater ist nicht nur ein Ort der künstlerischen Entfaltung, sondern es trägt auch auf vielschichtige Weise zum gesellschaftlichen Diskurs und zur kulturellen Entwicklung bei. Was die Menschen im Einzelnen daran fasziniert, ist dennoch völlig individuell.

Lea Butsch, hier bei den Proben zum Stück „Hurra, wir leben“, führt beim Theater Rietenau unter anderem Regie. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Lea Butsch, hier bei den Proben zum Stück „Hurra, wir leben“, führt beim Theater Rietenau unter anderem Regie. Foto: Alexander Becher

Lea Butsch, Theater Rietenau

Geschichten erzählen und Menschen berühren – das kann und muss Theater leisten, glaubt Lea Butsch. Seit 2011 bringen sie und ihr Mann Rolf Butsch mit dem Theater Rietenau selbst geschriebene Stücke auf die Bühne. Als Drehbuchautorin und Regisseurin lässt sie sich von der Historie des Dorfes inspirieren und begreift ihre Arbeit ein Stück weit als Erinnerungskultur, will aber auch den gesellschaftlichen Wandel mitgestalten. „Theater öffnet und erweitert meinen Blick auf Menschen, Themen und die Welt“, erklärt die gebürtige Pfälzerin. „Hier können Facetten des Lebens ausprobiert werden, ohne gleich deren Folgen tragen zu müssen.“ Schon die ersten Erfahrungen in der Theater-AG oder als Zuschauerin im Pfalztheater Kaiserslautern haben ihr die Bühne als einen Raum ohne Grenzen, bisweilen gar als „Rettungsgasse aus der Verwirrung meiner Jugend“ vor Augen geführt. „Beim intensiven Spiel, sei es auf der Bühne oder beim Proben, entstehen manchmal Momente, in denen die Beteiligten über sich hinauswachsen oder staunend innehalten über das soeben Erlebte“, sagt sie. „Da entfaltet das Theater seine eigene Magie.“

Im Theaterstück „Abgefahrn“ spielt Thomas Weber einen unterhaltsamen Reiseberater. Foto: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Im Theaterstück „Abgefahrn“ spielt Thomas Weber einen unterhaltsamen Reiseberater. Foto: Alexander Becher

Thomas Weber, Kabirinett Großhöchberg

„Meine Begeisterung für das Theater ist schon früh geweckt worden“, sagt Thomas Weber und erinnert sich an ein Krippenspiel in der Kinderkirche, in dem er sehr viel Text hatte, aber noch gar nicht lesen konnte. Vielleicht heizte ja gerade jene Kluft die Kreativität an, die Weber später an der Schule für Improvisationstheater und Schauspiel in Backnang auslebte und die mittlerweile sein Wirken im Kabirinett im Spiegelberger Ortsteil Großhöchberg prägt. Dabei gehe es nicht um Selbstinszenierung, betont er. „Gutes Theater muss für mich ehrlich sein. Es muss vollbringen, dass ich in den Bann der Geschichte gezogen werde und es muss mir mehr zeigen, als dass sich jemand selbstdarstellen will.“ Das Theater – „und damit meine ich auch Kabarett und Comedy“, so Weber – sei ein Teil unserer Kultur. „Ein Theater ist ein magischer Ort. Es ist ein Geschenk für das Publikum, wahrhaftige Momente erleben zu dürfen. Und für die Künstler ist es ein Geschenk, da das Publikum einem meist ungeteilte Aufmerksamkeit entgegen bringt.“

Das Jugendtheaterstück #therealmi behandelt das Thema Online-Medienkonsum. Foto: Otto Layher

Das Jugendtheaterstück #therealmi behandelt das Thema Online-Medienkonsum. Foto: Otto Layher

Sabrina Dannenhauer, Jugendmusik- und Kunstschule Backnang

„In andere Welten einzutauchen, Figuren zu verkörpern und dadurch mehr Verständnis für andere Denkweisen zu entwickeln und gleichzeitig sich selbst besser kennenzulernen, hat mir persönlich so viel gegeben, dass ich sehr schnell wusste: Das möchte ich auch anderen Menschen weitergeben“, erzählt die Schauspielerin und Theaterpädagogin Sabrina Dannenhauer, welche diese Erfahrungen während ihres Auslandsjahres in den USA machen durfte. Heute ist sie unter anderem als Lehrkraft an der Jugendkunstschule Backnang tätig und hat dort ein dreistufiges Theaterangebot mit Theaterimpuls, Theaterwerkstatt und Theaterspielclub aufgebaut. „Durch dieses ganzheitliche Eintauchen, durch dieses emotionale Miterleben ermöglicht es einen anderen Zugang zu Themen und Lebensrealitäten.“ Die Konfrontation mit selbigen gebe den Menschen die Gelegenheit zu Reflektion und Wachstum, ohne jedoch den moralischen Zeigefinger zu schwingen, glaubt Dannenhauer. Mit ihrem Präventionstheaterstück #therealmi steht sie auch selbst regelmäßig auf der Bühne.

Die Begeisterung für Handpuppen hat Gregor Oehmann von seinem Vater übernommen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Die Begeisterung für Handpuppen hat Gregor Oehmann von seinem Vater übernommen. Foto: Alexander Becher

Gregor Oehmann, Professor Pröpstls Puppentheater Backnang

„Gutes Theater darf alles, nur nicht langweilen“, sagt Gregor Oehmann. „Es muss nicht politisch sein, aber eine klare Haltung gegen die Dumpfheit, die Angst und die Intoleranz muss man spüren.“ In Professor Pröpstls Puppentheater im Backnanger Bandhaus führt er seine teils selbst geschriebenen Kasperlstücke auf, die nicht nur Kinder, sondern auch das erwachsene Publikum in ihren Bann ziehen. Seine ersten Berührungen mit dem Theater klingen indessen so abenteuerlich, dass sie selbst einer Geschichte zu entstammen scheinen. „Ich war als Sechzehnjähriger in den Sommerferien auf Besuch bei meinem Vater, der mit einer wilden Version von Büchners ‚Leonce und Lena‘ für Schauspieler und Handpuppen durch Irland tourte.“ Im Theater findet er eine Quelle überbordenden Glücks. „Vor vielen Jahren durfte ich in Italien von einer Straßentheatertruppe eine Aufführung von ‚Don Quixote‘ erleben. Es war so ergreifend, dass ich heulend vor Rührung am Straßenrand gesessen bin.“ Zugleich erinnert Gregor Oehmann jedoch auch an die ernste Aufgabe, welche dem Theater zukommt: „Theater hinterfragt. Und ist daher unbequem. Diktaturen wollen kein Theater, keine Kultur. Freiheit braucht freie Theater, um unbequeme Fragen zu stellen.“

Juliane Putzmann leitet das Bandhaus-Theater und führt auch Regie. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Juliane Putzmann leitet das Bandhaus-Theater und führt auch Regie. Foto: Alexander Becher

Juliane Putzmann, Bandhaus-Theater Backnang

Eine neue Welt sei für sie aufgegangen, als sie während eines Praktikums bei einer freien Theaterschaffenden zum Mitspielen eingeladen wurde, erzählt Juliane Putzmann. Es war der erste Kontakt mit der Bühne für die Theaterpädagogin, die seit 2013 das Bandhaus-Theater in Backnang leitet. „Das Theater ist für mich ein Mittel, um in den Ausdruck zu kommen, dem kreativen Drängen Raum zu geben. Es schafft einen Ort der Gemeinschaft und des Miteinanders und wird so auch für andere zum Gestaltungsraum. Schließlich sind wir seit jeher spielende und gestaltende Wesen.“ Diese gegenseitige Prägung durch das Theater erfolgt auf ganz unterschiedliche Weise, denn das Erleben aller in diesem Raum ist vielfältig und hängt doch miteinander zusammen. „Wenn das Publikum kollektiv aufatmet, seufzt, lacht oder nach einem Stück kaum spricht, weil ihnen Tränen in den Augen stehen“, sagt Juliane Putzmann. „Oder wenn etwas auf der Bühne schief geht und das Ensemble gemeinsam eine zauberhafte Lösung findet. Es gibt so viele schöne Theatermomente. Ich kann keinen einzelnen herauspicken.“

In der Aufführung von E.T.A. Hoffmanns „Der Goldne Topf“ spielt Ralf Kleinpeter (Mitte) Konrektor Paulmann. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

In der Aufführung von E.T.A. Hoffmanns „Der Goldne Topf“ spielt Ralf Kleinpeter (Mitte) Konrektor Paulmann. Foto: Alexander Becher

Ralf Kleinpeter, Backnanger Bürgerbühne

Interessante Themen und nicht alltägliche Inszenierungen sind es, die Ralf Kleinpeter an gutem Theater schätzt. Seit 2013 ist der Backnanger Rechtsanwalt im Ensemble der Backnanger Bürgerbühne aktiv. „Beim Sommerfest des Backnanger Seniorentreffs haben Juliane Putzmann und Jasmin Meindl mich gefragt, ob ich das Theater unterstützen will“, erinnert sich Kleinpeter an die Anfänge. „Hobby, Entspannung und die Kommunikation mit anderen Besuchern“ seien die Funktionen, die das Theater für ihn persönlich erfüllten. „Es geht darum, den Menschen die Theaterstücke näherzubringen, sie zu begeistern, vom Fernseher wegzuholen und mit anderen Menschen in Kontakt zu bringen.“

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Erstellt:
27. März 2024, 11:28 Uhr

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