Weltstars des Jazz treten im Backnanger Bürgerhaus auf
Beim Konzert der hr-Big Band im Backnanger Bürgerhaus waren gleich zwei berühmte Künstler aus der Welt des Jazz in Backnang. Die amerikanische Sängerin Alicia Olatuja überzeugt mit ihrer Stimme und Pianist Billy Childs zeigt am Flügel und Keyboard sein Können.
Von Klaus J. Loderer
Backnang. Alicia Olatuja ist eine faszinierende Sängerin. Das warme Vibrato der amerikanischen Mezzosopranistin kam besonders im Song „New York Tendaberry“ zur Geltung. Ihr wahrscheinlich berühmtester Auftritt war sicherlich die zweite Vereidigung des US-Präsidenten Barack Obama. Am Samstag stellte sie im Backnanger Bürgerhaus beim Konzert der hr-Big Band die Vielfalt ihrer Stimme unter Beweis.
Noch eine weitere Berühmtheit war beim Konzert mit dabei, nämlich der amerikanische Komponist und Jazzpianist Billy Childs. Von ihm stammten nicht nur die Instrumentalstücke, die die beiden Teile des Konzerts eröffneten. Er hatte auch die ursprünglich von Laura Nyro für Klavierbegleitung geschriebenen Lieder für Big Band arrangiert und spielte in Backnang am Flügel und Keyboard. Mit ihrer CD „Reimagining Laura Nyro&More“ setzte die Big Band des Hessischen Rundfunks der amerikanischen Songwriterin und Sängerin ein Denkmal. Die CD bildete die Basis für das Konzertprogramm in Backnang. Jim McNeely leitete die Big Band routiniert, überdeckte aber bei „Map to the Treasure“ die Sängerin erst einmal mit Fortissimo.
Exakter Gesang einer ausgebildeten Opernsängerin
In „Been on a Train“ konnte sich Alicia Olatuja dann richtig entfalten. Die Geräusche eines anfahrenden Zugs imitierte Hans Glawischnig mit dem Kontrabass einleitend. Mit dunklem Grundton und damit kontrastierenden verzweifelten Ausbrüchen gab Alicia Olatuja dieser traurig endenden Geschichte Charakter, bei der der Liebhaber im Zug an Drogen stirbt. Man merkt ihrem exakten Gesang an, dass sie ausgebildete Opernsängerin ist. Die typischen Jazzverschleifungen setzt die Sängerin bewusst und effektvoll ein.
In den Arrangements setzt Billy Childs auf starke Kontraste und Effekte mit Disharmonien, die nicht einfach nur dem typischen Jazz entsprechen. Vielmehr merkt man dem Komponisten die klassische Schulung an. So spielt er ganz bewusst mit Atonalitäten, um die meistens eher traurigen Geschichten der Lieder zu verdeutlichen. Einen Stimmungswechsel in die fast klassische Harmonik bot das den ersten Teil abschließende Stück, geradezu hoffnungsvoll hymnisch eingeleitet vom Flügelhornsolo Martin Auers. Sanft ließ Alicia Olatuja „Save the Country“ fließen, ein Lied, mit dem sich Laura Nyro nach den politischen Morden an Martin Luther King und J.F. Kennedy Frieden für die USA wünscht. So ist der Refrain „We can build a dream with love“ als Friedenshymne gedacht.
Obwohl das Konzert im fast ausverkauften Bürgerhaus beim Publikum gut ankam, waren nach der Pause doch einige freie Plätze zu entdecken. Beim den zweiten Teil einleitenden Instrumentalstück „Into the Light“ belohnte das Publikum begeistert das Solo Heinz-Dieter Sauerborns am Sopransaxofon mit frenetischem Beifall. Überhaupt feierte das Publikum nun Orchester, Sängerin und vor allem die Instrumentalsolisten.
„New York Tendaberry“ gehört zu den bekannten Titeln Nyros. Billy Childs erläuterte in seinen informativen Moderationen, dass es sich um eine Wortneuschöpfung handelt. Das ist auch bei „Gibosom Street“ der Fall. Dieses Stück bildete einen scharfen Kontrast zur vorausgehenden eher weichen Ballade. Alicia Olatuja konnte im dramatischen Zentralsatz ihre Stimme bei den scharfen Riffs, den schnellen Wiederholungen kleiner Sequenzen – unterlegt vom Trompetensolo Axel Schlossers – zu vollem Umfang aufschwingen. Dies wurde gerahmt von heftigen Dissonanzen und bewusst schief klingenden Tonfetzen am Anfang und Ende, mit denen ein bedrohlicher Unort einer Großstadt beschrieben wird.
Billy Childs animierte zum Tanzen
In „Stoned Soul Picnic“ begeisterte Billy Childs als Pianist am Keyboard. Er regte dazu an, dass das Publikum ruhig mitklatschen oder sogar tanzen dürfe. Zum Klatschen animierte Alicia Olatuja das Publikum bei dem beschwingten Stück erfolgreich. Günter Bollmann kam mit seinem Posaunensolo gut an.
Sensibel gab Jean Paul Höchstädter am Schlagzeug dem Konzert den passenden Rhythmus. Natürlich erklatschte sich das Publikum auch eine Zugabe. Mit „And when I die“ verabschiedete sich die hr-Big Band. Hier hatte zum Abschluss Martin Scales an der E-Gitarre noch ein beachtliches Solo.
Mit dunklem Grundton gab Olatuja dieser traurig endenden Geschichte Charakter.