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Wer anderen das Leben zur Hölle macht . . .

Im 14. „Ostfrieslandkrimi“ wird ein Arzt zum Rächer der Unterdrückten – und nimmt auch die Kommissarin in Behandlung.

Ann Kathrin Klaasen (Picco von Groote, M) lässt sich ausgerechnet von Dr. Sommerfeldt (Sven Schelker, r) und seiner Assistentin Cordula Baumann (Milena Straube, l) untersuchen.

© ZDF/ARTE/Michael Ihle

Ann Kathrin Klaasen (Picco von Groote, M) lässt sich ausgerechnet von Dr. Sommerfeldt (Sven Schelker, r) und seiner Assistentin Cordula Baumann (Milena Straube, l) untersuchen.

Von Tillmann P. Gangloff

Selbstjustiz im Krimi ist immer eine Gratwanderung. Natürlich darf niemand das Gesetz in die eigene Hand nehmen und ein Urteil vollstrecken. Andererseits haben es die Menschen, denen die Rache gilt, in der Regel nicht besser verdient, weshalb den meist männlichen Tätern die Sympathie des Publikums sicher sein kann.

Für den vierzehnten „Ostfrieslandkrimi“ gilt das erst recht. Bernhard Sommerfeldt könnte als Arzt, dem die Frauen vertrauen, auch die Hauptfigur einer Serie sein: attraktiv, eloquent, gebildet und ganz offenkundig ein Mensch, dem der Beruf Berufung ist. Nachts jedoch lebt er seine düstere Seite aus, schlüpft wie Batman in ein furchterregendes Kostüm und sucht all’ Jene heim, die anderen Unrecht tun, frei nach dem Motto: Wer seinen Mitmenschen das Leben zur Hölle macht, darf sich nicht wundern, wenn er Besuch vom Teufel bekommt.

So beginnt der Film auch: Erstes Opfer des Doktors ist Johann Ricklef, ein Mann, dessen Sohn in der Schule allzu oft erzählen muss, er sei wieder mal die Treppe runtergefallen. Sommerfeldt fordert Ricklef auf, seine Frau fortan wie eine Königin zu behandeln und seinem Kind ein guter Vater zu sein. Außerdem soll er Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ auswendig lernen, schließlich ist dieser Teufel ein Richter mit Stil. Die zweite Heimsuchung überlebt Ricklef nicht, die ist aber erst später. Deswegen können die Kripo-Kollegen zunächst nicht recht nachvollziehen, warum Ann Kathrin Klassen in dieser Sache ermitteln will. Doch die Kommissarin spürt, das Mutter und Sohn Angst haben, „aber nicht vor dem Teufel“.

Die wahre Identität des „Teufels“ gibt das Drehbuch schon früh preis

Die Regisseurin Katrin Schmidt hat den Film mit demselben Team gedreht wie zuletzt „Ostfriesenhölle“. Der Krimi hat die gleichen fahlen Farben; die Umsetzung ist auch diesmal im positiven Sinn solide, wenngleich überraschungsarm. Für die Geschichte gilt das zum Glück nicht. Die „Ostfrieslandkrimis“ basieren auf den Romanen von Klaus-Peter Wolf. Die wahre Identität des „Teufels“ gibt das Drehbuch schon früh preis, aber das erhöht die Spannung sogar: Zwar kommt auch Klaasen dem Doktor beizeiten auf die Schliche, aber ihr fehlen die Beweise. Davon abgesehen ist sie zum Kummer ihres Mannes recht angetan von dem charismatischen Arzt, der auch sie selbst behandelt, weil sie schon seit einiger Zeit unter heftigen Magenschmerzen leidet. Wie sich die beiden gegenseitig mit Goethe-Zitaten beeindrucken, ist ein kleines Vergnügen. Zu diesem Zeitpunkt des Films ahnt die Kommissarin noch nicht, dass Sommerfeldt Faust und Mephisto in einer Person ist.

Natürlich brauchte Regisseurin Schmidt für diese wichtige Episodenrolle einen Darsteller von entsprechendem Format. Ihre Wahl traf auf Sven Schelker, was durchaus überrascht: Zumindest mit Blick auf deutsche Produktionen ist die Filmografie des Schweizers eher überschaubar. Das könnte sich mit „Ostfriesentotenstille“ ändern. Gerade die bewusst theatralischen Auftritte als Teufel in Menschengestalt haben ihm spürbar Spaß gemacht und überzeugen rundum.

Arte, Freitag, 20.15 Uhr, und in der Mediathek

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Erstellt:
23. April 2025, 16:02 Uhr

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