Museum Schauwerk Sindelfingen

Wie die Kunst das Leben ausleuchtet

Ein idealer Ort für Lichtkunst? Das Museum Schauwerk in Sindelfingen ist so ein Ort. Dies bestätigt die neu eröffnete Schau „Neon, LED & Co.“ mit Werken aus der Sammlung Schaufler.

Brigitte Kowanz, „Light Steps“.

© : Frank Kleinbach

Brigitte Kowanz, „Light Steps“.

Von Nikolai B. Forstbauer

Zwei Wörter, neun Buchstaben, eine Aussage. „Don’t worry“. Der britische Künstler Martin Creed, seit fast vier Jahrzehnten nun erster Träger der selbst schon geschichtsträchtigen Minimalkunst-Fahne, macht daraus Kunst. Lichtkunst. Ein Neon-Trost, der tatsächlich wärmt und buchstäblich einen eigenen Raum eröffnet. „Don’t worry“ – keine Sorge.

Wer will, darf in diesem Werk einen Hinweis sehen – geht doch mit der neuen Schauwerk-Ausstellung „Neon, LED & Co. – Lichtkunst aus der Sammlung Schaufler“ ein Wechsel an der Spitze des von der Schaufler Foundation getragenen Museums einher. Barbara Bergmann, seit 2008 Direktorin des 2010 eröffneten Schauwerks, ist in den Vorstand der Schaufler Foundation gewechselt, ihre bisherige Stellvertreterin Svenja Frank lenkt nun das Museum.

Endlich Lichtkunst!

„Don’t worry“ – keine Sorge. Es wird auch weiter nicht um Personen gehen im Schauwerk, sondern um die Kunst. Und so markiert „Neon, LED & Co.“ auch ein Innehalten. Mit Lichtkunst? Endlich!, möchte man dagegen halten – wo ließen sich Modebegriffe wie Innovation und Nachhaltigkeit nachdrücklicher überprüfen als in künstlerischen Äußerungsformen, die immer auch die technologischen Möglichkeiten ihrer Entstehungszeit spiegeln beziehungsweise diese bewusst kontern. „Wie Glühlampen nach dem EU-weiten Verbot ersetzt werden können und welche Herausforderungen beispielsweise handgefertigte Neonröhren mit sich bringen, wird im Rahmenprogramm zur Ausstellung thematisiert“, heißt es offiziell – doch präziser stellen solche Fragen die Werke selbst.

Wunderbar das Gegenspiel zweier weiterer Lichtkunst-Heroen: Von dem US-Amerikaner Dan Flavin hatten Peter Schaufler und Christiane Schaufler-Münch das für dessen Schaffen ikonische Werk Ohne Titel (to Paolina) von 1971 erworben, von dem auch als Performancekünstler bekannten Schweizer John M. Armleder das nicht minder kennzeichnende „Ohne Titel (Furniture Sculpture)“ von 1996. Wo Flavin unverkennbar ein Quadrat aus vier gleichlangen Neonröhren in ein neu formiertes Kunst- über-Kunst-Ausrufezeichen verwandelt, in seiner Interpretation des Zusammenspiels der Primärfarben zurückverweist bis Piet Mondrian und dessen Aneignung früh-niederländischer Schildermalerei, inszeniert Armleder auf engstem Raum Lichtkunsttheater. Seine „Furniture Sculpture“ gibt sich im Material nicht weniger bescheiden, vermeidet gar im Auftritt jedes Flavin-Spiel mit mystischer Tiefe, und lässt sich doch als bespielbares Element jedweder Bühnenkunst denken.

Wie weiter, wenn die Materialien veraltet sind?

Treffsicher unterläuft auch das Titelmotiv von „Neon, LED & Co.“ das angestaubte Staunen, das manche Kunst mit Licht zu provozieren sucht. Peng, da sorgt sie für knallgelbes Licht, die vergitterte Glühbirne des österreichischen Medienkünstlers Peter Kogler von 2009. Mit seinen tapetenhaften Wandarbeiten katapultierte sich Kogler Ende der 1980er in die erste Gegenwartskunstreihe – und war entsprechend von Jan Hoet auserkoren, bei der Weltkunstschau Documenta IX, 1992 in Kassel, manche Überwältigungsstrategie alt aussehen zu lassen. Nun identifiziert seine Glühbirne punktgenau die Frage wie weiter mit einer Kunstform, deren Materialien in weiten Teilen überholt und ausgemustert sind.

Ganz so sicher ist die Sache mit Martin Creeds „Don’t worry“ also doch nicht mehr. Da passt es, dass sich die „Light Steps“, die Lichtstufen aus 15 Neonröhren, der 2022 verstorbenen österreichischen Lichtkünstlerin Brigitte Kowanz hoch unter die Decke der früheren Produktionshalle der Firma Bitzer ziehen. Kowanz hält gleich mehrere Dinge in Balance und doch bleibt Unsicherheit – wie das geht, wohin es führt. Letzteres ist – zum Glück – noch nicht entschieden.

„Neon, LED & Co. – Lichtkunst aus der Sammlung Schaufler“ mit 60 Arbeiten von 20 Künstlerinnen und Künstlern ist bis zum 10. August 2025 zu sehen, Mi bis So 11 bis 18 Uhr, Schauwerk Sindelfingen.

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Erstellt:
11. Juli 2024, 10:54 Uhr

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