Dialogreihe „Über Kunst“ mit Oliver Class
Wie viel Schutz braucht Kunst?
Herausragende Persönlichkeiten der Kunstszene präsentiert die Dialogreihe „Über Kunst“ unserer Zeitung in der Staatsgalerie Stuttgart. Nächster Gast ist am 17. Oktober der Kunstsachverständige Oliver Class.
Von Nikolai B. Forstbauer
Lässt sich ein Gemälde wie die Mona Lisa im Pariser Louvre überhaupt versichern? Ist eine Kunstversicherung auch für Privatleute – und dann schon von einem ersten Erwerb an – empfehlenswert? Wenn Museen heute Millionenbeträge für Versicherungen zurückstellen, beeinflussen umgekehrt die großen Kunstversicherer vielleicht gar mit, was wann wo und wie gezeigt wird?
Sie können dabei sein
Über diese und andere Fragen sprechen wir im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Über Kunst“ am Dienstag, 17. Oktober, in der Staatsgalerie Stuttgart mit Oliver Class, Leiter der Kunstversicherungssparte der Allianz Suisse in Zürich. Beginn im Vortragssaal des Stirlingbaus ist um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei, eine Eine Anmeldung ist erforderlich unter: www.zeitung-erleben.de/ueberkunst .
Oliver Class? Der 2015 gestorbene Kunsthistoriker Werner Sumowski hatte in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre am Kunsthistorischen Institut der Universität Stuttgart eine Handvoll Studierende, die der international geschätzten Kennerschaft des Rembrandt-Spezialisten auf eigene Weise folgten. Unter ihnen war neben Christoph Becker, von 2000 bis 2022 Direktor des Kunsthauses Zürich, auch Oliver Class. Seit mehr als drei Jahrzehnten arbeitet Class als Kunstversicherer, seit 20 Jahren leitet er die Kunstversicherungsabteilung der Allianz Suisse in Zürich – eine Rolle, in der der gebürtige Westfale auf allen Erdteilen unterwegs war. „Ich durfte viele hochkarätige Ausstellungen in öffentlichen Museen und bedeutenden privaten Ausstellungsinstitutionen begleiten“, sagt Class, der sich „als Kunsthistoriker kaum eine spannendere Aufgabe“ vorstellen kann. „Immer unmittelbar an der Kunst und mit der Kunst zu arbeiten“, sagt er, sei „immer neu bereichernd.“
Stetiger Blick auch in die Kunstakademien
Dazu gehört für ihn auch der stetige Blick auf das, was an der Basis passiert, zuvorderst in den Kunstakademien. Bei den Akademie-Rundgängen in Berlin, Düsseldorf oder Stuttgart ist Oliver Class so selbstverständlich wie bei internationalen Auktionsgroßereignissen oder verschwiegenen Sammlungspräsentationen. Wie sich alles verbinden lässt? Class lächelt. „Man muss“, sagt er, „schon auch gerne unterwegs sein.“
Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Das Thema Kunstversicherung gewinnt wirtschaftlich ständig an Bedeutung. So hat der deutsche Kunstversicherungsmarkt ein Beitragsvolumen von jetzt ungefähr 150 Millionen Millionen Euro – weltweit geht man von einem jährlichen Beitragsvolumen von 1,5 Milliarden Euro aus. Und da der Kunstmarkt anhaltend ein jährliches Wachstum von zwei bis drei Prozent aufweist, wird auch das Thema Kunstversicherung immer attraktiver. Zudem bringen vor allem zwei Themen viel Bewegung in diesen Markt: Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Die Digitalisierung unmittelbar, wenn an die Stelle eines physischen Werkes, eines Bildes oder einer Skulptur, ein Non Fungible Token tritt, eine digitale Einheit, die nicht nur als Ganzes, sondern auch in Teilen gehandelt wird. Noch nicht wirklich absehbar wiederum sind mögliche Auswirkungen aller Aktivitäten, die mit energetischer Ertüchtigung von Gebäuden und mit einem gesetzlich geforderten Einsatz nachhaltiger Werkstoffe verbunden sind.
Neue Ziele, neue Risiken
Ein Beispiel für den Zusammenhang von ökologischem Bewusstsein einerseits und deutlich erhöhten Risiken andererseits ist die Gesamtversicherungssumme für Kunstgegenstände bei Lufttransporten: Um Flüge einzusparen, ist sie von 150 Millionen Euro auf mehr als eine Milliarde Euro pro Flugzeug angehoben worden.
Kunstraub-Wirren
Und noch ein Thema bewegt die Branche: der Kunstraub. Grundsätzlich gilt: Werden versicherte Kunstgegenstände gestohlen, zahlt die Versicherung nicht nur die Versicherungssumme aus, sondern bemüht sich auch, die gestohlenen Kunstgegenstände wiederzufinden. „Es wird alles versucht“, sagt Oliver Class – und erinnert sich etwa an den Fall des Raubes von fünf wertvollen Gemälden der Moderne aus einer Vorabpräsentation in einem Zürcher Auktionshaus im Jahr 1998. Der Schaden wurde beglichen, die Suche aber ging weiter und führte Class bis in Kreise um den früheren serbischen Staatspräsidenten Slobodan Milosevic.
„Das war eine tolle Geschichte“, sagt Class lachend – und sieht zugleich mit Sorge, dass nicht nur Privatsammler nicht immer in vollem Umfang bewusst mit ihrer Kunst umgingen. Wie viel Schutz also braucht die Kunst? Oliver Class macht deutlich: „Eine spezialisierte Kunstversicherungspolice für Privatsammler und Institutionen unterscheidet sich ganz wesentlich von konventionellen Hausrat- beziehungsweise Geschäftsversicherungen. Deshalb ist sie ein Teil der konservatorischen Sorgfalt des privaten wie des institutionellen Sammlers.“
Analyst, Ratgeber, Fahnder und mehr
Beobachter, Analyst, Ratgeber, Fahnder und vieles mehr – „Kunstsachverständige der Versicherer sind Generalisten“, sagt Oliver Class. Im Mittelpunkt der Arbeit stünden die Beurteilung und Werteinschätzung der zu versichernden Kunstgegenstände, die Abklärung von Fragen der Provenienz, die Beurteilung des konservatorischen Zustandes sowie Fragen der Aufbewahrung und Sicherung. Und doch gehe es um vieles mehr. Auch darüber wird Oliver Class sprechen – am 17. Oktober als Gast unserer Gesprächsreihe „Über Kunst“ in der Staatsgalerie Stuttgart.
So können Sie dabei sein
Über Kunst Herausragende Persönlichkeiten der Kunstszene präsentiert unsere Gesprächsreihe „Über Kunst“ in der Staatsgalerie Stuttgart (Vortragssaal im Stirlingbau). Nächster Gast ist am 17. Oktober der Kunstversicherungsexperte Oliver Class – als Kunstsachverständiger der Allianz Suisse in Zürich international in allen Fragen rund um den Schutz von Kunst- und Kulturgütern gefragt.
Oliver Class 1963 in Westfalen geboren, studierte Oliver Class in Stuttgart Kunstgeschichte, Geschichte und Politikwissenschaft. Seine Promotion galt dem Werk des Bildhauers Karl Donndorf. Seit 1989 ist er als Kunstsachverständiger im Kunsthandel und bei Versicherungsgesellschaften in Köln, Stuttgart, Bern und Zürich aktiv. Seit 2004 ist Oliver Class Leiter der Kunstversicherungssparte und Mitglied des Kaders der Allianz Suisse in Zürich. Zudem tritt er mit Publikationen und Lehraufträgen hervor.
Anmeldung „Über Kunst“ mit Oliver Class – am 17. Oktober, 19.30 Uhr (Einlass Vortragssaal: 19 Uhr), in der Staatsgalerie Stuttgart. Der Eintritt ist frei. Eine Anmeldung ist erforderlich unter: www.zeitung-erleben.de/ueberkunst .