13 Minuten bis zur Tragödie
Gedenkfeier auf dem Sulzbacher Friedhof erinnert an Karl-Oskar Klenk, der vor 50 Jahren mit dem Starfighter abgestürzt ist
Heute vor 50 Jahren fand Karl-Oskar Klenk den Tod. Der in Backnang geborene und in Ittenberg aufgewachsene Starfighter-Pilot stürzte am Hochgrat im Allgäu ab. Zum feierlichen Gedenken trafen sich Angehörige und Schulkameraden am Samstag auf dem Sulzbacher Friedhof. Staatssekretär Wilfried Klenk würdigte dabei den Einsatz des Bundeswehrsoldaten für Frieden und Freiheit.
Von Armin Fechter
SULZBACH AN DER MURR. Die Teilnehmer versammelten sich beim Familiengrab neben der Aussegnungshalle. Unter ihnen war Karl-Oskar Klenks Witwe Ruth Klenk-Janzik, die mit Tochter Kathey – sie konnte ihren Vater nicht mehr kennenlernen – und weiteren Familienangehörigen aus den USA angereist war, sowie seine Schwester Ursula Weiß.
Dr. Roland Idler vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge regte in seiner Ansprache an, dass die Gemeinde Sulzbach einen Gedenk- und Erinnerungsstein für Klenk aufstellen solle. Die stellvertretende Bürgermeisterin Edelgard Löffler griff diesen Gedanken auf: Die Erinnerung an den tragischen Absturz vom 11. Juni 1968 werde bestehen bleiben – sollte die Grabstelle einmal aufgelöst werden, so werde die Gemeinde eine ehrende Erinnerungsstätte errichten.
Staatssekretär Klenk vom Innenministerium – er ist nicht verwandt mit Karl-Oskar Klenk – richtete den Blick auf den Menschen, der „als Pilot der Bundeswehr sein Leben für unsere Freiheit eingesetzt und bei einem tragischen Unfall verloren hat“. Die Unglücksserie mit Flugzeugen des Typs Starfighter habe die damals noch junge Bundeswehr schwer getroffen: „Es waren in der Regel junge, hoch motivierte Piloten wie Karl-Oskar Klenk, die dabei ihr Leben lassen mussten.“ Nach Jahren scheinbarer Sicherheit und Stabilität stehe man heute wieder vor Herausforderungen, „auf die wir erneut – mit den Mitteln von heute – Antworten finden müssen“. Neben den Auslandseinsätzen gewinne Landes- und Bündnisverteidigung wieder stark an Bedeutung: „Es ist die Bundeswehr, die damals wie heute ein Garant für unsere Freiheit und unsere Sicherheit ist. Baden-Württemberg steht dabei fest an der Seite unserer Streitkräfte und ihrer Verbündeten.“
Professor Dr. Wulf Seeling erinnerte namens der Klassenkameraden an den Mitschüler, der mit dem Motorrad von Ittenberg herab und mit dem Zug nach Backnang gefahren kam. Pfarrer im Ruhestand Arnold Bodmer, der vor 50 Jahren an der Beisetzung teilnahm, sprach ein geistliches Wort und spendete den Segen. Der Musikverein Sulzbach unter Leitung des Vorsitzenden Michael Buchwald umrahmte die Feier musikalisch. Für besondere emotionale Momente sorgte die Familie Brammer. Matthew Brammer, der Ehemann von Klenks Tochter Kathey, intonierte mit warmer Baritonstimme die amerikanische Hymne. Darauf legten Kathey, Benjamin, Allie, Hayden und Bailey Brammer Rosen am Grab nieder. Zuvor hatten dort Gestecke der Gemeinde, des Volksbunds und der Schulkameraden ihren Platz gefunden.
Gleich nach dem Start Probleme
mit dem Navigationsinstrument
Die 13 Minuten vom Start bis zum tragischen Absturz fasst Roland Idler folgendermaßen zusammen:
Klenk startete um 21.12 Uhr mit dem Starfighter F-104 G, um einen Nachttiefflug-Auftrag zu erfüllen. Unmittelbar nach dem Start meldete er, dass das Navigationsinstrument LN3 ausgefallen ist. Damit wird Geschwindigkeit und Position des Flugzeugs ermittelt. Um die Plattform wieder zu justieren, behielt er Geschwindigkeit, Höhe und Richtung bei. Dies war vermutlich der Grund, warum er in Richtung Süden weiterflog. Ein Radarkontakt wurde erst hergestellt, als sich das Flugzeug im Raum Immenstadt befand. Klenk erhielt die Anweisung, auf Kurs 340° zu drehen, also Richtung Norden zu fliegen. Die Flughöhe 5000 Fuß (1524 Meter) blieb unverändert. Er meldete noch, dass er in eine Wolke einfliege. Kurz darauf, um 21.25 Uhr, zerschellte das Flugzeug, von Süden kommend, am Hochgratsattel zwischen Hochgrat (1833 Meter) und Rindalphorn (1822 Meter). Er hinterließ seine Frau, die das zweite Kind erwartete, und den einjährigen Sohn Mike. Nach Katheys Geburt übersiedelte die Familie nach Phoenix in Arizona.
Was in der Unglücksnacht weiter geschah, geht aus der Backnanger Kreiszeitung vom 15. Juni 1968 hervor: „Nach Augenzeugenberichten wurde das Flugzeug kurz vor dem Unfall im Hochgratgebiet und über Immenstadt beobachtet. Ein Kurgast aus Malas bei Oberstaufen erklärte der Polizei, dass er in der Dämmerung eine hohe Stichflamme und einen Knall wahrgenommen hätte. Unmittelbar darauf sei der Düsenlärm schlagartig verstummt. Hilfsmannschaften der bayerischen Land- und Grenzpolizei, der Bundespolizei und der Bergwacht begannen noch in der Nacht mit der Suche. Gegen 1.30 Uhr sichteten die Trupps die verbrannten Trümmer der Maschine auf dem genannten Bergsattel. Oberleutnant Karl-Oskar Klenk galt bei seinen Kameraden und besonders auch bei sachkundigen Vorgesetzten als umsichtiger, erfahrener und verlässlicher Pilot und Kamerad.“ Er sei ein vorbildlicher Offizier und begeisterter Flugzeugführer gewesen.
Klenk wurde am 19. November 1942 in Backnang geboren. Seine Familie stammte aus Ittenberg, Gemeinde Sulzbach an der Murr. Am Gymnasium Backnang, dem heutigen Max-Born-Gymnasium, legte er 1962 das Abitur ab. Dann verpflichtete er sich bei der Bundeswehr. Fliegen war sein großer Wunsch. Nach der Ausbildung zum Offizier absolvierte er einen Vorbereitungskurs im Fliegeranwärterregiment in Uetersen. 1965 begann seine Ausbildung in den USA, von wo er später seine Frau mitbrachte. 1966 bis 1967 wurde er in Arizona an der Luke Air Force Base als Starfighter-Pilot ausgebildet. Dabei zeigte er ausgezeichnete Leistungen und wurde Klassenbester.
Nach seiner Rückkehr aus den USA erhielt er 1967 eine F-104-Ausbildung an der Luftwaffen-Waffenschule in Jever, um mit den europäischen Wetterbedingungen vertraut zu werden. Anschließend wurde er Flugzeugführer in der 2. Staffel des Jagdbombergeschwaders 34 in Memmingerberg. Sein Kommodore bezeichnete ihn, wie Idler berichtet, als einen der besten Flugzeugführer seines Geschwaders.
Starfighter im Einsatz Info Von 1960 bis 1991 waren bei der Bundeswehr 916 Starfighter im Einsatz. 300 gingen durch Unfälle verloren, davon 269 durch Abstürze. Einschließlich des letzten Unfalls im Jahr 1984 verunglückten 116 Piloten tödlich – 108 Deutsche und acht US-Amerikaner. Das auf dem Fliegerhorst Memmingerberg stationierte Jagdbombergeschwader 34 flog den Starfighter von 1964 bis 1987. Insgesamt kamen 242785 Flugstunden zusammen. In dieser Zeit kamen 16 Piloten bei Abstürzen mit der F 104 ums Leben. Sechs dieser Katastrophen ereigneten sich in der Region: 1964 bei Ochsenhausen, 1965 bei Westerheim, 1968 am Hochgrat, 1973 bei Kammlach, 1975 bei Kaufbeuren und 1977 bei Wildpoldsried.