175 Jahre BdS-Gewerbeverein Backnang: Netzwerken zwischen Papierrollen
Mit einem Festabend in den Produktionshallen der Backnanger Kreiszeitung hat der BdS-Gewerbeverein sein 175-jähriges Bestehen gefeiert. Einen Impuls über die Bedeutung moderner, technologiebasierter Bildung gab der Vortrag von Tobias Wenninger von der Fernhochschule EHip.
Von Nicola Scharpf
Backnang. Anfang November des Revolutionsjahres 1848 berichtete der Murrtal-Bote – wie die Backnanger Kreiszeitung damals hieß –, dass sich Backnanger Handwerker zum Handwerker-Verein zusammenschließen wollen. Insofern hat der Festabend, mit dem der BdS-Gewerbeverein Backnang am Samstag sein 175-jähriges Bestehen gefeiert hat, den Verein an seine Ursprünge zurückkehren lassen: In den Produktionshallen der Backnanger Kreiszeitung kamen um die 100 Würdenträger, Stadträte, Mitglieder anderer Vereine und Verantwortliche aus den Mitgliedsbetrieben zusammen, um das Jubiläum zu feiern. Zwischen zu imposanten Türmen aufgestapelten Papierrollen, Zeitungsförderbändern und anderer Zeitungsproduktionstechnik – alles durch ein Beleuchtungskonzept von Beïs Creations spektakulär in Szene gesetzt – ging es um gestern, heute und morgen, um Geschichtliches, die Herausforderungen für das Gewerbe und die erreichten Errungenschaften.
Im Gespräch mit Moderator Josh Kochhann blickte Lothar Buchfink, der dem Verein 19 Jahre lang vorsaß, zurück zu seinen Anfängen als Vorsitzender, als der Gewerbeverein die Organisation von Veranstaltungen wie dem Gänsemarkt und dem Vorläufer des Tulpenfrühlings an das Stadtmarketing abgab und sich daher ein anderes Profil geben musste. Die Herausforderungen von damals hätten gezeigt, dass der Verein durch seine Neuausrichtung Mitglieder gewinnen konnte. Auch heute freue man sich, dass der Verein prosperiere und Jungunternehmer hinzukämen, sagte Stefan Hopp, der den Vorsitz des Gewerbevereins im Frühjahr 2023 übernahm. „Es macht nicht jeder sein Ding. Die Zeiten sind da für Gemeinschaft und Netzwerk.“ Es sei wichtiger denn je, dass die Gewerbevereine enger zusammenrücken, sprach auch Jan Dietz das Thema Gemeinschaftssinn an. Der Co-Präsident im Landesverband Baden-Württemberg des Bunds der Selbständigen hatte neben Worten der Gratulation an den Backnanger Gewerbeverein auch eine Portion Selbstkritik dabei. In puncto politischer Arbeit habe der BdS auf Bundes- und Landesebene „massiv geschlafen“ und wolle nun wieder sichtbarer werden.
175 Jahre Gewerbeverein Backnang
Auf gestern, heute und morgen blickte der Backnanger Gewerbeverein anlässlich seines 175-jährigen Bestehens. Die Festlichkeiten fanden in den Produktionshallen der Backnanger Kreiszeitung statt und führten den Verein damit zurück zu seinen Wurzeln: Am 7. November des Revolutionsjahres 1848 berichtete der Murrtalbote - wie die heutige Backnanger Kreiszeitung damals hieß - dass sich Backnanger Handwerker zum Handwerkerverein zusammenschließen wollen.
Backnangs Oberbürgermeister Maximilian Friedrich zeigte sich in seinem Grußwort dankbar für das enge Miteinander der Stadt mit dem Gewerbeverein und nannte als Beispiele das Einzelhandelskonzept, die Kriminalprävention und die Organisation der Wirtschaftsgespräche. Der Gewerbeverein sei Lobbyist für die gute Wirtschaft und damit für die Stadtentwicklung. Backnang sei wirtschaftlich sehr gut aufgestellt, erfreue sich eines Zuwachses an Einwohnern und habe enormes Potenzial. „Backnang hat Huldigung verdient.“ Friedrich nutzte die Gelegenheit, sich an die CDU-Bundestagsabgeordnete Ingeborg Gräßle, die sich in den Zuhörerreihen befand, zu wenden: Beim dringend benötigten Großprojekt, dem Ausbau der B14, sei wichtig, dass es endlich in allen Abschnitten zeitnah in die Umsetzung komme.
Impulse über moderne Bildung
Impulse in eine andere Richtung gab Tobias Wenninger. Der Gesellschafter des Backnanger Bildungscampus, zu dem die Academy of Sports, die Fernhochschule EHip und das Studieninstitut Delst gehören, ist Mitglied im Gewerbeverein und sprach über die Bedeutung von Bildung. Während der ersten industriellen Revolution habe sich der Backnanger Gewerbeverein als zentrale Anlaufstelle für Unternehmer und Handwerker etabliert, um den lokalen Handel zu fördern und sich für Handelsfreiheit einzusetzen. In der Ära der zweiten industriellen Revolution habe der Verein seine Mitglieder im Umgang mit den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen der Massenproduktion und Elektrifizierung unterstützt. Mit der digitalen Transformation der dritten industriellen Revolution habe der Verein als Knotenpunkt für Information, Netzwerkbildung und Anpassung an die neuen Marktbedingungen gedient. „Heute befinden wir uns inmitten der vierten industriellen Revolution, die durch Technologien wie künstliche Intelligenz, Robotik und das Internet der Dinge geprägt ist.“
Moderne Bildung gehe über die reine Wissensvermittlung hinaus. Sie konzentriere sich auf das Erlernen von Fähigkeiten wie kritischem Denken, Problemlösung und Kreativität. Und moderne Bildungseinrichtungen würden zeigen, wie Bildung auf die Bedürfnisse der heutigen Gesellschaft reagieren könne: „Sie bieten fortschrittliche Lernansätze und nutzen moderne Technologien, um das Lernen effizienter, interaktiver und zugänglicher zu machen.“ Diese neue Art des Lernens passe sich an die Bedürfnisse des modernen Arbeitsmarkts und des individuellen Lerners an. Die Coronapandemie habe eindrucksvoll vor Augen geführt, dass physische Präsenz in Lern- und Arbeitsumgebungen nicht immer notwendig sei.
Flexibilität dank Fernlehre
Die Fernlehre habe sich zu einer vollwertigen Form des Lernens entwickelt. Sie biete die Flexibilität und Zugänglichkeit, die notwendig seien, um lebenslanges Lernen für jeden möglich zu machen. Sie habe damit direkte Auswirkungen auf das lokale Gewerbe, weil sie Unternehmen ermögliche, ihre Belegschaft kontinuierlich zu schulen und weiterzuentwickeln. „Mitarbeiter können sich flexibel neue Fähigkeiten aneignen und bestehende Kenntnisse auffrischen, ohne für längere Zeit vom Arbeitsplatz abwesend zu sein.“ Darüber hinaus fördere Fernlehre den Erwerb digitaler Kompetenzen, die in einer technologiegetriebenen Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung gewinnen.
Nach dem Würdigen verdienter Mitglieder mit Ehrennadeln in Bronze, Silber und Gold waren die Gäste eingeladen, sich bei stärkenden Häppchen und schmackhaften Schlückchen auszutauschen über das, was sie als Gewerbetreibende bewegt. Netzwerkend in Gemeinschaft ist man eben stärker – das galt vor 175 Jahren schon wie heute.
Bildergalerie Eine Fotostrecke mit weiteren Impressionen des Abends gibt es im Internet unter www.bkz.de.