2023 war im Rems-Murr-Kreis das nasseste Jahr seit 20 Jahren

Das Wetter im vergangenen Jahr war von vielen Höhen und Tiefen geprägt. Vor allem der November stach durch enorme Regenmengen hervor. Trotzdem war das Klima auch 2023 wieder zu warm.

Ende November fiel der erste Schnee des Winters, wie hier auf dem Dauernberg bei Spiegelberg. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ende November fiel der erste Schnee des Winters, wie hier auf dem Dauernberg bei Spiegelberg. Foto: Alexander Becher

Von Carolin Aichholz

Rems-Murr. Einige Monate des vergangenen Jahres haben im Rems-Murr-Kreis bereits Hitzerekorde gebrochen, nun lässt sich das Ausmaß im kompletten Jahresverlauf betrachten. Auf der Station des Deutschen Wetterdiensts in Mannenweiler bei Großerlach betrug die gemessene Durchschnittstemperatur 10,7 Grad Celsius. Sie lag damit 2,9 Kelvin über dem vieljährigen Mittelwert, der sich aus den Durchschnittswerten der Jahre 1961 bis 1990 zusammensetzt.

Der absolute Hitzerekord wurde am 15. Juli aufgezeichnet. An diesem Tag kletterte das Thermometer auf 34 Grad Celsius. Insgesamt stieg die Temperatur im Jahresverlauf an 53 Tagen über 25 Grad, an elf Tagen sogar über 30 Grad. Das Jahr war so warm, dass es einen Podestplatz im Ranking der wärmsten Jahre erhält: Nur die Jahre 2022 und 2004 waren noch wärmer.

Der Regen ist Fluch und Segen zugleich

Absolut rekordverdächtig war auch die Regenmenge. Seit 20 Jahren hat es in keinem Jahr mehr geregnet als 2023. Die Niederschlagsmenge lag mit 1242,3 Millilitern pro Quadratmetern noch mal elf Prozent über dem vieljährigen Mittelwert. Das wirke sich positiv auf die Wälder aus, sagt Dagmar Wulfes, Leiterin des Forstamts im Rems-Murr-Kreis. Vor allem der viele Regen im November habe die Speicher des pflanzenverfügbaren Wassers (bis zwei Meter unter dem Boden) ordentlich aufgefüllt.

Nur im Juli und August habe es mit der anhaltenden Trockenheit Probleme für neu gepflanzte junge Bäume gegeben. Alte Bäume kämen auch mit solch einer wasserarmen Periode gut zurecht. „Der viele Regen ist momentan allerdings schlecht für die Holzernte“, sagt Dagmar Wolfes. „Es ist total matschig in den Wäldern und die Wege werden zum Leidwesen der Spaziergänger sehr in Mitleidenschaft gezogen.“

Die Landwirte im Kreis waren trotz des vielen Regens nicht gerade glücklich mit dem Wetter. Der Pressesprecher des Bauernverbands Schwäbisch-Hall-Hohenlohe-Rems, David Benzin, fasst das Jahr für die Landwirte mit einem Augenzwinkern zusammen: „Das Wetter könnte sich gern einmal an die Entwicklungsansprüche der Pflanzen halten. Es gab jetzt schon einige Jahre, in denen Niederschlag und Trockenheit oft genau dann kamen, wenn man sie nicht brauchte.“

Beispielhaft nennt er die Trockenperiode im Frühsommer, die vor allem Mais- und Kartoffelpflanzen zu schaffen machte, und den Regen, der die Erntearbeiten des Getreides Mitte Juli sowie die Zuckerrübenernte im November erschwerte. Das feuchte Frühjahr habe hingegen die Wasserspeicher der Böden gut aufgefüllt und der trockene Frühsommer habe sich positiv auf das Ausbleiben von Pilzerkrankungen der Getreidepflanzen ausgewirkt. Laut David Benzin hätten viele Landwirte weniger Pflanzenschutzmittel spritzen müssen.

Für die Grundwasserstände positiv

Für die Grundwasserstände war der viele Niederschlag dennoch nötig. An der einzigen Messstelle in Oppenweiler seien die Wasserverhältnisse „überdurchschnittlich stabil“, gibt eine Pressesprecherin des Landratsamts, Rojda Firat, bekannt. Am meisten geregnet hat es am 25. August; über 33 Liter Niederschlag pro Quadratmeter fielen an diesem Tag vom Himmel.

Michael Weigle aus Burgstall hat sich eine eigene Wetterstation aufgebaut und erfasst die Daten aus seinem eigenen Garten (wir berichteten). Er ist so interessiert an den klimatischen Entwicklungen, dass er die verschiedenen Aufzeichnungen an unterschiedlichen Messstationen und Standorten im Rems-Murr-Kreis und im Raum Stuttgart häufig miteinander vergleicht. Darum bemerkte er, dass es regional große Unterschiede bei der Regenmenge gebe. „In der Region des Schwäbischen Waldes und bei Murrhardt regnet es mehr als im Neckar- oder unteren Murrtal“, sagt Weigle.

Mehr Sonne und hohe Temperaturen

Der häufige Niederschlag konnte die Sonne allerdings nicht vertreiben. An 316 Tagen war sie zumindest kurz zu sehen, der hellste Tag war der 13. Juni. Ganze 14,8 Stunden schien die Sonne. Über das ganze Jahr gab es fast zehn Prozent mehr Sonnenschein als im Durchschnitt der vergangenen Jahre.

Die Freibadbetreiber freuten sich über das heiße Wetter bis in den Herbst hinein, im Freibad in Oppenweiler wurden die Öffnungszeiten verlängert. Auch in Murrhardt, Backnang und Erbstetten waren die Betreiber mit den Besucherzahlen sehr zufrieden. Das heiße Pfingstwochenende brach im Wonnemar in Backnang Besucherrekorde. Nur eine kurze Regenperiode zu Beginn der Sommerferien trübte den Badespaß der Schulkinder ein wenig.

Das Jahr 2023 zeigte sich aber auch von seiner frostigen Seite: Am kältesten war es am 9. Februar. Sieben Grad minus zeichnete die Wetterstation in Mannenweiler auf. Weiße Weihnachten war dem Rems-Murr-Kreis zwar nicht vergönnt, Schnee bedeckte die Landschaft trotzdem an insgesamt 25 Tagen des Jahres.

Auch der Schnee kommt nicht zu kurz

Am 25. November brachten die Schneetiefs Phil und Quintius einen Kaltlufteinbruch aus Nordosten mit Schneefall. Der gipfelte fünf Tage später in der maximalen Schneehöhe von 16 Zentimetern. Frost wurde an insgesamt 62 Tagen aufgezeichnet. Sogenannte Eistage, an denen die Maximaltemperatur nicht über den Gefrierpunkt reicht, gab es zwölf.

Die Wetterbegebenheiten ändern sich nach seinen Beobachtungen nicht direkt, berichtet Hobbymeteorologe Michael Weigle. Sie treten oft aber zeitlich etwas verschoben auf, so der Burgstaller: „Die klassischen Herbststürme fallen jetzt eher auf den Januar oder Februar.“ Auch der Frühlingseinbruch kommt nach seinen Beobachtungen inzwischen immer früher. „Zum Teil wird es schon im März richtig warm.“

Es bleibt abzuwarten, ob sich das im Jahr 2024 so fortsetzt.

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Erstellt:
8. Januar 2024, 06:00 Uhr

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