24 wunderbare Wanderstunden

Gruppe war schlaflos im Schwäbischen Wald unterwegs – Oppenweiler feiert 40. Geburtstag des Naturparks mit Flower-Power

Ein intensives Naturerlebnis und eine sportlich-mentale Herausforderung war die 24-Stunden-Wanderung „Schlaflos im Wald“ – organisiert und geleitet von den Naturparkführern Manfred Krautter und Walter Hieber. 60 Wanderer waren bei der Rundtour mit Start und Ziel in Murrhardt dabei. Sie war eine Aktion im Rahmen des 40. Geburtstags des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald. Auch Oppenweiler hat gefeiert: Mit einem Flower-Power-Konzert auf der Burg.

Ein intensives Naturerlebnis und zugleich eine sportliche Herausforderung: 60 Wanderer waren 24 Stunden lang auf einer Rundtour um Murrhardt herum unterwegs.

© Pressefotografie Alexander Beche

Ein intensives Naturerlebnis und zugleich eine sportliche Herausforderung: 60 Wanderer waren 24 Stunden lang auf einer Rundtour um Murrhardt herum unterwegs.

Von Nicola Scharpf

MURRHARDT/OPPENWEILER. Samstag kurz vor 18 Uhr auf der Stadthallenterrasse in Murrhardt. Tobias sitzt auf einer Bierbank und gähnt – herzhaft, mehrfach. Neben ihm haben die Schwestern Cordula und Anja Platz genommen. „Wir lecken gerade unsere Wunden und zählen Blasen“, scherzt Cordula. Wie Peter, der Vierte im Bunde, haben sie ihre Wanderstiefel von den Füßen gestreift. Das Quartett wirkt fidel. Vom Gähnen abgesehen ist den zwei Männern und Frauen nicht anzumerken, was sie hinter sich haben – 24 schlaflose Stunden wandernd auf einer Berg-und-Tal-Tour durch den Schwäbisch-Fränkischen Wald. Die vier, um die 50 Jahre alt, kommen aus dem Heilbronner Land und sind Neulinge. Auf der CMT sind sie auf „Schlaflos im Schwäbischen Wald“ aufmerksam geworden und haben sich im Frühjahr dafür angemeldet. Nun liegt ihre erste 24-stündige Wanderung hinter ihnen. „Es waren wunderbare 24 Stunden“, sind sie sich einig.

Andere Teilnehmer der 60-köpfigen Gruppe sind erfahrene Distanzwanderer, die zur Szene gehören und oft an ähnlich gearteten Läufen teilnehmen. Sie sind aus Mannheim, dem Fränkischen, dem Bayerischen und sogar aus Österreich gekommen, um den Schwäbisch-Fränkischen Wald einen Tag lang per pedes zu erkunden. Und dann sind da noch jene Wanderer, die alle fünf 24-Stunden-Wanderungen mitgelaufen sind, die Walter Hieber und Manfred Krautter seit der Premiere vor fünf Jahren angeboten haben. Die Altersspanne reicht von 25 bis 74 Jahre. Also „eine nette Mischung“, wie Walter Hieber die Gruppe charakterisiert. So heterogen die teilnehmenden Wanderer sind, so verschieden sind auch ihre Eindrücke.

Die Nacht ist für die einen die schönste, für die anderen die schwerste Phase des Laufs

Cordula zum Beispiel hat die Wanderung, die von Murrhardt aus etwa 70 Kilometer über die Hörschbachwasserfälle, Köchersberg, Mettelbach, den Treibsee und die Glattenzainbachmühle bis Fichtenberg führte und von dort weiter über Erlenhof, Frankenberg, Dendelbach, Sittenhardt, den Kornberger Viehstall, Wolfenbrück und Siegelsberg bis zurück zur Murrhardter Stadthalle, eher als sportliche Veranstaltung erlebt. Ihre Schwester Anja dagegen schwärmt vom tollen Sternenhimmel. „Das hat schon was gehabt.“ Der eine empfindet die Nacht, die Dunkelheit als schwerste Phase des Laufs. Für den anderen sind die Nachtstunden, während denen die Gruppe kompakt beieinandergeblieben ist, die schönste Phase gewesen. Peter hebt den frühen Morgen als besonders schön hervor, wenn die Vögel zwischen vier und halb fünf Uhr den beginnenden Tag mit einem „massiven Konzert“ begrüßen. Was die vier aus dem Heilbronner Land alle ähnlich empfunden haben: „Die Zeit ist schnell rumgegangen.“ Und alle loben die Verpflegung, insbesondere das Frühstück von den Landfrauen in Fichtenberg.

„Das Essen ist sehr wichtig“, sagt dazu Wanderführer Walter Hieber. „Nachts herrscht besondere Atmosphäre. Da ist es stiller. Man läuft eher in Trance. Im Morgengrauen kommt dann wieder Leben rein.“ Als Organisator, aber auch als Mitwanderer, der die Gruppe vom Start bis zum Ende der Strecke begleitet, hat er nochmals einen anderen Blick auf die Veranstaltung. Auf der Strecke informiert er – zum Beispiel über den desolaten Zustand der Nadelbäume, wenn der Weg gerade an kranken Fichten vorbeiführt. Auch betreut er einzelne Teilnehmer persönlich, wenn dies vonnöten ist und versucht, pädagogisch zu wirken. „Nachts oder wenn man an Grenzen kommt, ist es oft Kopfsache“, erklärt Hieber. Er versucht dann zu vermitteln – was er im Rahmen der Naturparkschule übrigens auch mit Kindern tut – dass die Komfortzone als Dauerzustand ungut ist. „Ich muss an meine eigene Grenze kommen oder sogar darüber hinaus, also ich muss mich plagen, damit ich danach genießen kann“, erklärt er. „Erst wenn ich weiß, wie sich schmerzende Füße anfühlen, kann ich dann ein Fußbad genießen.“

Walter Hieber freut sich, dass Wandern seit ein paar Jahren auch bei jungen Menschen wieder interessant geworden ist und mit dem entsprechenden Outdoor-Outfit als cool gilt. Wenn die Bedingungen stimmen, also wenn Wege topgepflegt und hervorragend ausgeschildert sind, oder wenn Veranstaltungen Eventcharakter haben – so wie die 24-Stunden-Wanderung – „dann kommen selbst die ganz Jungen“. „Schlaflos im Schwäbischen Wald“ ist am Wochenende eine von mehreren Veranstaltungen im Rahmen des 40. Geburtstags des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald gewesen. Auch in Oppenweiler hat man gefeiert und war, zumindest für einen Teil der Nacht, schlaflos: Die Band „Die Millers“ schaffte mit ihren Retro-Songs im Innenhof der romanischen Burganlage Reichenberg ein stimmungsvolles, lauschiges Flower-Power-Ambiente. Mit Rockabilly und Rock’n’Roll, Schlagern der 50er- bis 80er-Jahre, Pop, Rock, Neuer Deutscher Welle und ein paar All-time-Hits: Die Songs waren durch die Bank mitsingbar und tanzbar. Dank der guten Zusammenarbeit zwischen der Paulinenpflege Winnenden, sozusagen der Burgherrin, und der Gemeinde Oppenweiler als Veranstalterin des Konzerts konnten die Gäste ein gelungenes, vorsommerliches Open Air feiern. Das Konzert war die erste Veranstaltung dieser Art im Burghof.

Stimmungsvolles, lauschiges Ambiente im Innenhof der Burg Reichenberg: Die Band „Die Millers“ spielte Rockabilly und Schlager und die Gäste feierten mit. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Stimmungsvolles, lauschiges Ambiente im Innenhof der Burg Reichenberg: Die Band „Die Millers“ spielte Rockabilly und Schlager und die Gäste feierten mit. Fotos: A. Becher

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Erstellt:
3. Juni 2019, 09:00 Uhr

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