290 Windhunde kämpfen um den Titel
Tempo, Geschick und Intelligenz sind bei den Meisterschaften in Grab gefragt – Mit 100 Sachen dem falschen Hasen hinterher
Bei strahlendem Wetter gab sich die Aristokratie unter den Hunderassen ein kämpferisches Stelldichein. Salukis, Sloughis, Greyhounds, Whippets und acht andere Windhundearten kämpften darum den Titel bei den deutschen Meisterschaften im Coursing der Windhunde zu erlangen.

© Jörg Fiedler
Der falsche Hase, ein Bündel aus Plastikstreifen, wird am Seil gezogen, während der Hund der vermeintlichen Beute hinterherjagt. Foto: J. Fiedler
Von Petra Neumann
GRAB. 290 Hunde gehen an den Start, und ihre Besitzer fiebern leidenschaftlich mit. Sabine Schlenkrich aus Bad Homburg züchtet die edlen Sloughis, die ursprünglich in Marokko beheimatet sind. „Es ist eine super Atmosphäre hier“, schwärmt sie, „die Vereine haben alles perfekt vorbereitet, und es gibt zwei hervorragende Coursings.“
Sie macht deutlich, dass Windhunde ihren eigenen Kopf haben und durchaus wissen, wie man sämtliche Türklinken öffnet. Ein Stückchen weiter tänzeln Salukis grazil mit passendem Hunde-Tank-Top an der Seite ihrer Halter. Markus Pannen ist gleichfalls Züchter und zum ersten Mal dabei. Er ist hingerissen von den Bedingungen in Grab und findet alles nur toll. Der Rennleiter Mark Roessler betont, dass in Grab das wichtigste Rennen vom DWZRV – Deutscher Windhundzucht- und Rennverband – stattfindet. Es macht schon Mühe, den Coursing auszulegen, nach jeder Runde muss der Hase wieder mit seinem Drahtseil ausgelegt werden.
Beim „Lure-Coursing“ (lure=Köder) werden Geschwindigkeit, Geschicklichkeit, Jagdintelligenz, Ausdauer und Kondition von den zwei Juroren bewertet. Derweil ist die erste von zwei Runden pro Tag schon im Gang. Jeweils zwei Hunde müssen den falschen Hasen, ein Bündel aus Plastikstreifen, jagen. Das ist keine so einfache Angelegenheit. Deswegen kommt dem Hasenführer eine bedeutende Aufgabe zu, es ist Uwe Wittko.
„Es ist ganz wichtig, dass die Hunde nicht zu nah am Seil laufen, die Distanz muss ungefähr 20 bis 25 Meter sein, damit sie sich nicht verletzen. Wenn ein Hund gut läuft, kann er schon 110 bis 115 Stundenkilometer bringen“, erläutert Uwe Wittko, ist aber zu beschäftigt, um noch weitere Fragen beantworten zu können, denn sein Job ist sehr verantwortungsvoll.
Die verschiedenen Rassen zeigen unterschiedliches Jagdverhalten
Carsten Brodersen ist extra aus Dänemark angereist, um seinen Kollegen dabei zu beobachten. Er ist der einzige Hasenführer in seinem Heimatland und will sich hier noch einiges abschauen. „Schauen Sie, zunächst gibt er wenig Gas, damit die Hunde auf den Hasen ansprechen, dann beschleunigt er, damit sie zum Spurt kommen, vor den Kurven verlangsamt er das Tempo, damit die Hunde nicht geradeaus rennen. Die Salukis jagen immer zu zweit, der eine Hund spielt dem anderen die Beute zu. Sie sind so dressiert, dass sie den Hasen erlegen. Deshalb bekommen sie dann schnell einen Maulkorb um, denn eigentlich wollen sie ihre Beute erlegen.“ Man merkt, wie der Däne für diesen Sport fiebert. Er erzählt vom unterschiedlichen Jagdverhalten der einzelnen Hunderassen. Der Whippet ist sozusagen der Greyhound des gemeinen Volks, den sie zum Jagen von Niederwild züchteten. Aus diesem Grunde gibt es keine Windhundrassen aus Deutschland, das Jagen war bis 1848 für den Nichtadel verboten. Der sogenannte ungarische Greyhound, der Magyar Agar, der natürlich nichts mit dem englischen Spitznamensvetter gemein hat, wurde aus ganz unterschiedlichen Rassen gezüchtet und ist eher ein Allrounder und ein Jagd-Hetz-Hund.
Selbst für den Laien erschließen sich als Beobachter ganz unterschiedliche Jagd- und Bewegungsweisen. Während die arabischen Windhunde und auch der russische Barsoi ein Ausbund an Eleganz und Schönheit sind und gleichsam durch die Lüfte schweben, wirken die Greyhounds oder die englischen Deerhounds stabiler und bodenständiger. Auf jeden Fall ist es ein faszinierender Anblick für jedermann, zu sehen, wie sehr diese Hunde in ihrem Element sind, wenn sie das tun, wofür sie gezüchtet wurden: zu rennen und zu jagen.