Abnehmen mit Currywurst und Schokolade
Dem Körper etwas Gutes tun, sein Gewicht reduzieren und das ganz ohne Essverbote – das verspricht Intervallfasten. Dabei darf man essen, was und wie viel man möchte – allerdings nur acht Stunden am Tag. Ob das funktioniert? Wir haben es ausprobiert.

© Alexander Becher
Die App auf dem Handy gibt grünes Licht: Wenn die 16 Fastenstunden vorbei sind, darf sich Redakteur Kornelius Fritz sogar eine Currywurst gönnen. Foto: A. Becher
Von Kornelius Fritz
Backnang. In der Fastenzeit beim Essen Verzicht üben – das liegt im Trend und klingt auch irgendwie sinnvoll. Richtiges Heilfasten, also der komplette Verzicht auf feste Nahrung über mehrere Tage, erscheint mir aber doch zu radikal. Schließlich will ich weiterhin arbeiten und Sport machen. Auch die Geschichten über Darmspülungen und unangenehmen Mundgeruch, die man von Fastenden hört, motivieren nicht unbedingt. Wesentlich sympathischer klingt da doch Intervallfasten, also ein Wechsel zwischen Essensphasen, in denen es keine Beschränkungen gibt, und Fastenzeiten, in denen man auf feste Nahrung verzichtet. Das scheint machbar und ich beschließe, es eine Woche lang auszuprobieren.
Wie funktioniert Intervallfasten?
Es gibt verschiedene Arten des Intervallfastens, zum Beispiel die Variante, dass man an fünf Tagen in der Woche normal und an zwei Tagen gar nichts isst. Oder man lässt jeden Tag eine oder mehrere Mahlzeiten weg. Ich entscheide mich für die weitverbreitete 16:8-Methode. Das heißt, acht Stunden am Tag darf ich essen, was ich will, danach muss ich 16 Stunden am Stück fasten. Wie ich diese Zeiten lege, kann ich selbst entscheiden. Da ich ohnehin kein großer Frühstücker bin, definiere ich die Zeit zwischen 12.30 und 20.30 Uhr als Essensphase. Leider entfällt dadurch nicht nur das Frühstück, sondern auch die Schokolade oder die Kekse, die ich mir abends vor dem Fernseher gerne gönne. Eine kostenlose App soll mich beim Fasten unterstützen: Sie informiert mich nicht nur, wenn meine Fasten- und Essphasen beginnen, sondern schickt zwischendurch auch motivierende Nachrichten als Push-Mitteilungen („Du hast es bald geschafft“).
Was bewirken die Essenspausen im Körper?
Elke Dederichs ist zertifizierte Fastenleiterin und beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Thema Intervallfasten. Zur Wirkung des Essensverzichts gebe es bislang zwar kaum wissenschaftliche Studien, aber viele „beobachtete Effekte“, sagt die 63-Jährige, die als Heilpraktikerin für Psychotherapie eine Praxis in Spiegelberg hat. Intervallfasten unterstütze die Zellerneuerung, entlaste den Verdauungstrakt und lasse Cholesterin- und Blutzuckerwerte sinken. Hinzu kämen oft subjektive Verbesserungen: Viele, die Intervallfasten praktizieren, fühlten sich vitaler und hätten mehr Energie. „Manche sagen, sie könnten Berge versetzen“, erzählt die Therapeutin.
Für wen eignet sich Intervallfasten?
Intervallfasten könne grundsätzlich jeder gesunde Erwachsene, sagt Elke Dederichs. Abraten würde sie nur Schwangeren und stillenden Müttern sowie Personen mit Essstörungen oder Untergewicht. Im Gegensatz zu einer Diät könne man Intervallfasten auch beliebig lange praktizieren: „Da Sie regelmäßig essen, entziehen Sie dem Körper ja nichts Wichtiges“, erklärt die Expertin.
Wie schwer fällt der Verzicht?
Der Selbstversuch zeigt: Es ist leichter als gedacht. Natürlich melden sich gewohnheitsmäßig das Hungergefühl am Morgen und die Lust auf etwas Süßes am Abend – beides verschwindet nach einiger Zeit aber auch wieder. Lediglich beim Familienfrühstück am Wochenende muss ich mich ein wenig beherrschen, aber eine Tasse Tee ist ja immerhin erlaubt. Wenn die 16 Fastenstunden zu Ende gehen, bin ich übrigens nicht hungriger als an anderen Tagen, und ich esse während der acht erlaubten Stunden auch nicht mehr als sonst in dieser Zeit. Die Kalorien, die ich normalerweise zwischen 20.30 und 12.30 Uhr zu mir nehme, spare ich also tatsächlich ein.
Darf man in den Essensphasen wirklich alles essen?
Im Prinzip ja. Deshalb lässt sich Intervallfasten auch so gut in den Alltag integrieren, denn weder das Mittagessen in der Kantine noch die Essenseinladung bei Freunden sind ein Problem. Und es ist dadurch auch einfacher für den Kopf: Wenn Currywurst und Schokolade verboten sind, kreisen die Gedanken nämlich oft genau um diese Leckereien. Beim Intervallfasten darf man seinen Gelüsten ohne schlechtes Gewissen nachgeben. „Sie sollen Freude am Essen haben“, sagt Elke Dederichs. In der Praxis hat sie allerdings festgestellt, dass viele, die sich fürs Intervallfasten entscheiden, auch während der Essenszeiten stärker auf ihre Ernährung achten und häufiger zu gesunden Lebensmitteln greifen.
Sinkt die Leistungsfähigkeit während der Fastenstunden?
16 Stunden am Stück nichts zu essen, sei für den menschlichen Körper überhaupt kein Problem, versichert Elke Dederichs. Im Gegenteil: In der Menschheitsgeschichte sei es völlig normal gewesen, dass Essen nicht von früh bis spät in beliebiger Menge verfügbar war. Deshalb müsse man beim Intervallfasten auch keine Leistungseinbußen befürchten. Selbst Sport sei problemlos möglich: „Es gibt eine Menge Hochleistungssportler, die das seit Jahren machen.“ Ich teste das bei einem Morgenlauf und merke tatsächlich keinen großen Unterschied. Ein hartes Tempotraining würde ich auf nüchternen Magen vielleicht nicht unbedingt machen, aber Joggen in lockerem Tempo ist kein Problem.
Nimmt man damit wirklich ab?
Intervallfasten ist keine Wunderdiät, aber wer die Methode über längere Zeit anwende, könne damit zuverlässig sein Gewicht reduzieren, erklärt Elke Dederichs. Ein Mann, den sie bei einem ihrer Seminare kennengelernt hat, habe so 18 Kilo verloren. Und was fast noch wichtiger ist: Der gefürchtete Jo-Jo-Effekt bleibe aus. Der entsteht bei vielen Diäten dadurch, dass der Körper durch den Entzug von Nährstoffen neben Fett auch Muskelmasse abbaut. Weniger Muskeln bedeuten aber auch einen niedrigeren Kalorienverbrauch. Isst man anschließend wieder normal, nimmt man deshalb zu. Beim Intervallfasten hingegen wird laut Dederichs nur Fett abgebaut, vorausgesetzt man ernährt sich in der erlaubten Zeit nicht vorwiegend von Pizza und Schwarzwälder Kirschtorte. Auch mein Versuch endet mit einem erfreulichen Ergebnis: Die Waage zeigt ein knappes Kilo weniger an als zu Beginn der Woche.
Fazit
Fasten war in meiner Wahrnehmung bisher nur etwas für freudlose Asketen, doch das Intervallfasten nach der 16:8-Methode hat meine Lebensqualität kaum beeinträchtigt. Und vor allem ist es jederzeit und sehr einfach umzusetzen. Wenn nach Weihnachten also mal wieder der Hosenbund spannt, weiß ich künftig, was zu tun ist.
