Abschied mit gemischten Gefühlen
Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt Stuttgart zu werden, war Frank Noppers großer Traum. Trotzdem fällt es ihm nicht leicht, Backnang zu verlassen. Nach fast 19 Jahren hatte er gestern seinen letzten Arbeitstag im Rathaus.
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Am letzten Arbeitstag ist Ausmisten angesagt. Das ist bei einem Oberbürgermeister nicht anders als bei jedem anderen Arbeitnehmer. Und so steht Frank Nopper an diesem Mittwoch in einem Chaos aus Büchern, Akten und Dokumenten. Was weg kann, landet in einer großen silbernen Tonne, daneben türmen sich auf dem Boden zwei Stapel, die mit den Vermerken „behalten“ und „vielleicht behalten“ beschriftet sind. „In 19 Jahren sammelt sich einiges an“, sagt Nopper und blickt um sich. „So wie’s aussieht, werde ich am Wochenende noch mal reinkommen müssen.“
Fast ein Jahr hatte Frank Nopper Zeit, sich auf diesen Tag vorzubereiten. Seit ihn die CDU am 15. Februar 2020 als ihren Kandidaten für die Stuttgarter Oberbürgermeisterwahl vorgestellt hatte, stand sein Abschied aus Backnang im Raum. Jetzt, wo es soweit ist, sei es trotzdem seltsam, gibt Nopper zu: „Meine Gefühlslage ist ambivalent. Einerseits spüre ich Spannung und Vorfreude, andererseits gehe ich eigentlich ungern.“ Das sei bei seinem Wechsel nach Backnang im Jahr 2002 aber genauso gewesen: „Als ich dann hier war, habe ich ganz schnell Feuer gefangen. Ich setze darauf, dass das auch diesmal so sein wird.“
Froh ist Nopper darüber, dass er sich nun wieder ganz auf eine Stadt konzentrieren kann. „Auf zwei Hochzeiten zu tanzen, war nicht einfach“, sagt er mit Blick auf das vergangene Jahr, das er halb in Backnang und halb in Stuttgart verbracht hat. Nach seinem Wahlsieg Ende November seien auch schon viele Stuttgarter mit konkreten Anliegen auf ihn zugekommen: „Da war es manchmal schwer zu vermitteln, dass ich ja eigentlich noch OB von Backnang bin.“
Das neue Büro ist größer als in Backnang der Sitzungssaal.
Zumal Frank Nopper keiner ist, der seinen alten Job locker auslaufen lässt. Schon am Tag nach der Wahl in Stuttgart saß er wieder an seinem Schreibtisch im Backnanger Rathaus. Alle Gemeinderats- und Gremiensitzungen hat er seitdem besucht, wie üblich einen Neujahrsbrief an die im Ausland lebenden Backnanger verfasst und sich zuletzt zum Thema B-14-Ausbau auch noch mal politisch zu Wort gemeldet. „Als Wahlbeamter bin ich ja bis zum letzten Tag zum Dienst verpflichtet“, stellt Nopper klar. Nur das eine oder andere freie Wochenende hat er sich zuletzt gegönnt – wegen Corona gibt es zurzeit ohnehin keine Veranstaltungen oder Termine.
Heute Abend wird Frank Nopper nun in der Liederhalle als neuer Stuttgarter OB in sein Amt eingeführt. Morgen ist dann der erste offizielle Arbeitstag im Stuttgarter Rathaus. Was ihn dort genau erwarten wird, weiß der 59-Jährige noch nicht. Nur, dass alles ein paar Nummern größer sein wird als in Backnang. Zum Beispiel sein Büro: „Das Dienstzimmer in Stuttgart ist größer als der Sitzungssaal im Backnanger Rathaus “, erzählt er. Auch sein engstes Team hat viel mehr Mitarbeiter: Unter anderem hat der Stuttgarter OB zwei Sekretärinnen und einen eigenen Fahrer. In Backnang hatte Nopper diesen vor vielen Jahren aus Kostengründen abgeschafft.
Für den Weg zur Arbeit will Nopper aber auch künftig häufiger die S-Bahn nehmen. In den ersten Monaten wird er noch von Maubach aus nach Stuttgart pendeln. Doch sein Versprechen, bei einem Wahlerfolg in die Landeshauptstadt umzuziehen, will er schon bald einlösen. „Wir werden wieder in das Haus ziehen, aus dem wir vor 19 Jahren ausgezogen sind“, verrät der OB. Die Eigentumswohnung im Elternhaus seines Vaters hatten die Noppers nach dem Wechsel nach Backnang nur vermietet und sich so die Tür für eine Rückkehr offen gehalten. Die Verbindung an die Murr will Frank Nopper aber auf keinen Fall abreißen lassen: „Ich werde liebend gerne zur einen oder anderen Veranstaltung hier herkommen.“ Vor allem natürlich zum Straßenfest, wenn das irgendwann mal wieder stattfindet. Auch seine Mitgliedschaften in verschiedenen Backnanger Vereinen will der scheidende OB nicht kündigen: „Das ist Ehrensache.“
Und Frank Nopper wird aus 19 Jahren viele schöne Erinnerungen mitnehmen: Neben besonderen Höhepunkten wie dem Besuch von Bundespräsident Horst Köhler oder der Einweihung des Backnanger Wonnemars ist ihm zum Beispiel im Gedächtnis geblieben, wie er 2003 am Max-Born-Gymnasium noch einmal freiwillig das Deutsch-Abitur mitgeschrieben – und bestanden – hat.
Während Nopper das erzählt, fällt der Blick auf die Bildergalerie im Sitzungssaal, wo die Porträts der Backnanger Ehrenbürger hängen. Der letzte war Noppers Vor-Vor-Vorgänger Martin Dietrich. Würde er sich wünschen, dass hier eines Tages auch sein Porträt hängt? Frank Nopper muss schmunzeln: „Das müssen andere entscheiden. In der Vergangenheit ist Backnang mit dieser Auszeichnung jedenfalls sehr sparsam umgegangen.“
Die interne Verabschiedung von Oberbürgermeister Frank Nopper fand coronabedingt gestern nur in ganz kleinem Rahmen statt. Lediglich Erster Bürgermeister Siegfried Janocha und Baudezernent Stefan Setzer waren mit dabei.
Sie überreichten Nopper zum Abschied eine Radierung vom Historischen Backnanger Rathaus des Stuttgarter Malers Walter Romberg. „Der war übrigens ein Verehrer meiner Großmutter“, wusste Nopper zu berichten. Das Bild werde einen Ehrenplatz in seiner Stuttgarter Wohnung erhalten.