Abwechslungsreich und inspirierend
Erlebniswege in der Region: Der Dachsi-Naturerlebnispfad in Wüstenrot bietet mit elf Stationen rund um den Finsterroter See kleinen und großen Entdeckern viele spannende und bleibende Eindrücke.
Von Uta Rohrmann
WÜSTENROT. Es war der Glashüttenbetreiber und Ortsherr Ulrich Greiner, der Mitte des 16. Jahrhunderts den Finsterroter See als Mühlsee anlegen ließ. Etwa 400 Jahre lang nutzte ihn der jeweilige Müller von Finsterrot. Um einen Wasserspeicher für die bachabwärts gelegene Mühle des Orts zu erhalten, wurde der Dachsbach aufgestaut.
Was damals nützlich war, schenkt heute großen und kleinen Naturentdeckern ein schönes und sinnvolles Freizeiterlebnis, das gerade auch in der Coronazeit guttut. Denn rund um den Finsterroter See und entlang des Dachsbachs gibt es viel zu sehen, zu fühlen, zu experimentieren und zu lernen. Der Dachsi-Pfad mit seinen elf Stationen macht die 2,6 Kilometer Rundweg durch wunderbar abwechslungsreiche Naturlandschaft auch für sehr junge Besucher kurzweilig. Manche Abschnitte gestalten sich allerdings mit Kinderwagen äußerst mühsam, sodass Familien mit Kleinstkindern mit Kraxe besser bedient sind. Weite Wiesenwege in der Ebene gibt es ebenso wie schmale, unbefestigte Waldwege, die über Wurzeln und Gehölz führen, mit einem Höhenunterschied von insgesamt etwa 45 Metern. Gutes Schuhwerk und Trittsicherheit sind daher vonnöten. Sinnvoll sind auch Matschhosen, wie Jona (sieben) und Jannes (drei) sie tragen. Familie Ackermann aus Nordheim liebt den Wald und hat gezielt nach Erlebniswegen gegoogelt. Allen gefällt das neue Ausflugsziel. Den Eltern fällt die besonders gute Luft der Gegend, die teilweise Naturschutzgebiet ist, auf.
Auch ein geheimer Pfad für Kinder findet sich auf dem Areal.
Begeisterte Naturentdecker sind auch die neunjährigen Buben Simeon aus Auenwald und Alejandro aus Kaisersbach. Interessiert haben sie an der Drehscheibe der Tafel an Station 1 gedreht, die über den Artenreichtum des Biotops Finsterroter See informiert. Rotauge, Rotfeder, Schleie, Hecht, Karpfen, Brachse oder Karausche sind nur einige der Bewohner unter Wasser, die vorgestellt werden. Es gibt nichts, was den beiden an dem Naturentdeckerweg nicht gefällt. Wenn sie sich für eine Lieblingsstation entscheiden sollen, so ist dies die Nummer 2 mit dem Titel „Auf der Pirsch“. Zehn Waldtiere gilt es zu entdecken. Da heißt es zum Beispiel: „Wanted. Gesucht wegen Verbiss von jungen Laub- und Obstbäumen: Lepus europaeus, besser bekannt als ,Der Feldhase‘, Länge 55cm, Gewicht 4kg, Pflanzenfresser, überwiegend nachtaktiv, auch tagsüber unterwegs, sehr gutes Gehör, Fluchttier. Merkmale: Lange Ohren, Hasenscharte, Körperoberseite mit bräunlicher Tarnfärbung ...only alive...“ Man kann nun – mit oder ohne Fernrohr – die Umgebung absuchen. Gar nicht so einfach, das Tier zu finden, die Tarnfarbe ist wirklich gut. Doch – dort steht er, eine Figur aus UV-beständigem Aluminium, wie bei Carmen Wiederholl, zuständig für Kultur und Tourismus in der Gemeinde Wüstenrot, zu erfahren ist.
Leider fehlen dem armen Tier die Ohren. Nicht alles ist intakt – es ist nicht zu vermeiden, dass es unter den Besuchern eines 24 Stunden begehbaren Geländes auch vereinzelt schwarze Schafe gibt. Doch der Bauhof der Gemeinde kümmert sich regelmäßig um die Instandsetzung, so Wiederholl. Entdeckerfreude und Erlebnispädagogik tun diese kleinen Einschränkungen jedoch keinen Abbruch.
Laut Prospekt dauert der Fußweg um den See 44 Minuten. So weit die Theorie. „Wir sind zum ersten Mal hier, seit anderthalb Stunden unterwegs und erst bis hierher gekommen“, erzählt Inna Judin aus Bietigheim, die ihre neunjährige Tochter Stana gerade hinter dem Bilderrahmen von Station 3 fotografiert. Stana ist sportlich und mutig. Sie hat auch das Seil ausprobiert, mit dem man sich von der Uferböschung über den See und zurück schwingen kann. Nichts für kleine Kinder. Ein geheimer Pfad nur für Kinder wird angekündigt, „durch sumpfiges Land und dichtes Gehölz hin zu Balancierstämmen“. Da gilt es, dem Zeichen zu folgen, um wieder zurück auf den Dachsi-Pfad zu kommen. Wieder einmal haben sich Simeons Gummistiefel gelohnt.
Nach Wald, Wurzeln, Sumpf und Matsch weitet sich der Weg in eine Wiesenebene. Eine Vogelbeobachtungsstation bietet Überblick und Muße, um auf das vielfältige Gezwitscher zu hören. Auch Erwachsene können manches lernen. So wird am Beispiel des Plapphofsees erklärt, was es mit Verlandung auf sich hat.
Was ein Schachbrett oder ein Totengräber mit Wiesenleben zu tun hat, erfährt man an Station 8. Genau hinschauen, genau hinhören – der Naturerlebnispfad schult in vielerlei Hinsicht die Wahrnehmung. Vor Corona konnten sich Kinder am Kiosk Entdeckerwesten ausleihen, die Becherlupe, Kompass, Notizblock und eine Bestimmungshilfe für Bäume und Sträucher enthielten. Das ist derzeit nicht möglich. Wer die Wassertiere an Station 11 untersuchen möchte, packt am besten daheim schon mal Eimer und Kescher in den Rucksack. Wer die Rätselaufgaben zu den einzelnen Stationen nicht schon zu Hause vom Internet selber ausgedruckt hat, kann diese auch am Kiosk erhalten. Und dann ist es geschafft: Liegewiese, Grillplatz und Abenteuerspielplatz laden zum Verweilen ein. Eine besondere Freude für die Kioskbetreiber Daniel Stutz, Niko Spross und Manfred Hellwig wie für die Besucher ist, dass seit Neuestem wieder die Seeterrasse öffnen darf, wenn auch unter den geltenden Auflagen. Die Pächterfamilien freuen sich darauf, nach und nach wieder ihr Sortiment an Speisen und Getränken sowie die Öffnungszeiten erweitern zu können. Auch den Bootsverleih wird es voraussichtlich bald wieder als Angebot geben.
Der Regenwurm erhält die Freiheit wieder, der Tag endet erfüllt.
Der Dachsi-Naturerlebnispfad als Projekt der Wohlfühlgemeinde Wüstenrot, gefördert durch den Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald, ist gut besucht, aber nicht überlaufen. Simeon findet noch einen geeigneten Platz für den Regenwurm, den er wieder freilässt, und Alejandros Ahnung vom Morgen, dieser Tag könne der schönste werden, hat sich erfüllt. Höchst zufrieden steigen die beiden ins Auto, um sich mit ihren Begleitern auf die Heimfahrt zu begeben.
Startpunkt: Von Backnang aus über die B14 Richtung Schwäbisch Hall über Oppenweiler, Sulzbach an der Murr, Großerlach, dann links auf die B39 Richtung Löwenstein fahren. Am Ortseingang Finsterrot rechts abbiegen und zum Waldparkplatz Finsterroter See.
Der Kiosk mit Seeterrasse ist während der Pfingstferien bis 18 Uhr geöffnet, danach freitags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr.
Die Öffnungszeiten werden zum Sommer voraussichtlich erweitert. Liegewiese, Grillplatz, Abenteuerspielplatz und WC sind vorhanden.
Mitzubringen sind: Mund-Nasen-Schutz für Kiosk und WC, Test-, Impf- oder Genesungsnachweis für Nutzung der Seeterrasse, eventuell eine Forscherausrüstung wie Eimer, Kescher, Becherlupe.
Schwierigkeitsgrad: Der Rundweg ist etwa 2,6 Kilometer lang über 45 Höhenmeter. Landschaft und Stationen sind abwechslungsreich und inspirierend, daher auch für jüngere Kinder gut zu bewältigen. Trittsicherheit und festes Schuhwerk sind erforderlich.
Barrierefreiheit: teilweise nicht für Rollstühle und Kinderwagen geeignet.
Internetlinks: Unter www.gemeinde-wuestenrot.de findet sich neben einem allgemeinen Flyer auch eine PDF-Datei mit Rätselspaß zu den elf Stationen; www.heilbronnerland.de; ww.schwaebischerwald.com.