Abwehr-Ass mit Torriecher: Lienhart am „perfekten Ort“
dpa/lsw Freiburg. Philipp Lienhart hat maßgeblichen Anteil an der starken Saison des SC Freiburg - und an seinen offensiven Qualitäten gearbeitet. Mit Österreich will er zur WM, aus Baden erstmal nicht mehr weg.
Philipp Lienhart ist die Ruhe selbst. Sachlich analysiert er die bisherige Saison. Seine eigenen Leistungen, aber auch die des SC Freiburg in Gänze. Dabei war bei den Breisgauern zuletzt doch so viel los. Dem wochenlangen Rausch der Unbesiegbarkeit folgte erst der Kater mit drei Niederlagen in Serie und dann die ganz große Sause in Form des höchsten Erfolges in der Fußball-Bundesliga überhaupt. „In der Form habe ich das noch nicht erlebt“, sagt Lienhart über das famose 6:0 in Gladbach am vergangenen Sonntag.
Dass er sich nicht lange damit aufgehalten hat und stattdessen schon wieder auf die nächste Partie gegen Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr) blickt, ist typisch für den Abwehrspieler. Und für Freiburg. Auch deshalb passen beide so gut zusammen. Lienhart ist genau wie sein Club ehrgeizig, aber bodenständig. Vorne hat er diese Saison schon viermal getroffen und damit öfter als jeder andere Verteidiger in der Liga. Hinten hat er dazu beigetragen, dass der Sport-Club mit gerade mal 13 die bislang wenigsten Gegentore aller Erstligisten kassierte. In allen Pflichtspielen des Tabellenvierten stand er in der Startelf.
Kampfansagen oder Europapokal-Ambitionen formuliert Lienhart aber nicht. „Natürlich würde es uns reizen, wenn sich am Ende die Chance ergibt. Wir wollen so gut abschneiden wie möglich“, sagt er. „Aber die drei Niederlagen in Serie haben auch gezeigt, wie schnell es wieder in die andere Richtung gehen kann.“ Tatsächlich dürfte so manch einer den Höhenflug der Badener endgültig für beendet erklärt haben, als sie vor eineinhalb Wochen mit 1:2 in Bochum verloren.
In Gladbach schlugen sie dann aber eindrucksvoll zurück - mit einem „herausragenden Spiel“, wie Trainer Christian Streich es fast etwas ungläubig kommentierte. „Es ging uns nicht darum, eine Botschaft nach draußen zu senden, sondern dass wir für uns persönlich in die Erfolgsspur zurückfinden“, sagt Lienhart. „Dadurch, dass der Sieg so hoch ausgefallen ist, war er dann wahrscheinlich doch eine Message.“ Die lautet: Mit dem Sport-Club ist weiter zu rechnen. Wollen die Verfolger ihn da oben wegholen, müssen sie sich ranhalten.
So wie Lienhart selbst. Den Torriecher etwa hat der österreichische Nationalspieler erst im Laufe der vergangenen Saison entwickelt. „Ich hatte auch davor meine Chancen, habe dann aber den Ball nicht richtig getroffen oder meine Nerven nicht richtig im Griff gehabt. Das hat mich schon genervt“, sagt der 25-Jährige. „Mittlerweile suche ich bei Flanken vermehrt auch nach der richtigen Position für den zweiten Ball. Heißt: Wenn ich den Kopfball nicht kriege, will ich wenigstens den Abpraller haben.“ Beim zwischenzeitlichen 3:0 in Gladbach gelang das zuletzt wieder prima.
Durch seine guten Leistungen und seine Tore rückt Lienhart zunehmend in den Fokus. In Freiburg und im Nationalteam. Sein Standing dort sei „gewachsen“, sagt der Österreicher, der bei der EM im Sommer immerhin zweimal zum Einsatz kam. Die Qualifikations-Playoffs im März und die WM selbst im kommenden Winter in Katar hat er fest im Blick.
Und eine europäische Topadresse wie Real Madrid, wo er bis zu seinem Wechsel 2017 in der Reserve spielte, auch noch mal? „Freiburg war und ist der perfekte Ort für meine Karriere“, so Lienhart, dessen Vertrag in Südbaden noch bis 2024 läuft. Die Arbeit mit Streich schätzt er sehr. „Wenn ich irgendwann die Möglichkeit hätte, nochmal zu einem richtig großen Club zu gehen, wäre es sicher interessant. Aber genau so könnte ich mir vorstellen, noch lange in Freiburg zu bleiben. Wenn ich mich hier absolut wohlfühle und wir erfolgreich Fußball spielen, warum dann wechseln?“ Wo doch gerade alles so gut zusammenpasst.
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