AfD-Stadträte sind nicht mehr in der Partei
Steffen Degler und Michael Malcher sitzen zwar noch als AfD-Fraktion im Backnanger Gemeinderat, sind aber keine Mitglieder mehr – zumindest in Deglers Fall war das wohl kein freiwilliger Schritt. Beide schweigen jedoch dazu, was im Vorfeld geschehen ist.
Von Lorena Greppo
BACKNANG. Die beiden Backnanger AfD-Stadträte Steffen Degler und Michael Malcher sind offenbar nicht mehr Mitglieder der AfD. Nach Informationen unserer Zeitung ist der Fraktionsvorsitzende Degler aus der Partei ausgeschlossen worden, Michael Malcher sei aus Solidarität ausgetreten, so die Quelle. Eine offizielle Bestätigung vom Orts- oder Kreisverband diesbezüglich gibt es nicht. Der Backnanger Stadtverwaltung haben beide lediglich mitgeteilt, nicht mehr Mitglieder der Partei zu sein. „Das ist kein mitteilungspflichtiger Sachverhalt“, erklärt Hauptamtsleiter Timo Mäule. Es gehöre aber zum guten Ton, die Verwaltung zu informieren. Für die Gemeinderatsarbeit habe dies keine Auswirkungen, so Mäule weiter. „Bei der Wahl sind sie als Liste angetreten, die zwar den Namen AfD trägt, aber im Grunde könnten auch Kandidaten darauf stehen, die nicht Parteimitglieder sind.“ Insofern mache es auch keinen Unterschied, wenn sich der Status einer Mitgliedschaft im Nachhinein ändere. „Mitteilungspflichtig wäre es nur, wenn jemand aus einer Fraktion austritt“, so Mäule.
Auch im Gemeinderat selbst hat die Information über den Parteiausschluss beziehungsweise -austritt schon die Runde gemacht – wenn auch niemand so genau sagen kann, wie es dazu kam. Es handle sich dabei eher um inoffizielle Gespräche unter Kollegen, die am Rande der Gemeinderatssitzungen geführt worden seien, heißt es. Warum es zum innerparteilichen Zwist gekommen ist, sei unklar: „Von der Parteilinie ist jedenfalls keine Abweichung zu sehen“, sagt ein Backnanger Stadtrat.
Offenbar geht es um mehr als nur verspätete Mitgliedsbeiträge.
Nach Informationen unserer Zeitung war Degler mit der Zahlung des Mitgliedsbeitrags in Rückstand, weswegen die Bundesgeschäftsstelle der AfD ihm rückwirkend die Mitgliedschaft entzogen habe. Zwar sei der Geldbetrag kurz darauf geleistet worden, der Kreisvorstand habe Deglers Wiederaufnahme in die Partei jedoch mehrheitlich abgelehnt. Auch die E-Mail-Adresse über die AfD Rems-Murr sei ihm entzogen worden.
Dieser Lesart widerspricht Degler, ohne jedoch spezifisch auf die eigene Situation einzugehen: „Das sind Gerüchte, die so nicht wahr sind. Wenn jemand aus einer Partei ausgeschlossen wäre, weil er zu spät gezahlt hat, würde er ja sofort wieder aufgenommen werden, wenn er die Beiträge geleistet hat.“ Über die Gründe seines Parteiausschlusses will Degler keine Angaben machen und verweist darauf, dass es sich um interne Vorgänge in der AfD handle, die er nicht nach außen trage wolle, solange die Angelegenheit nicht geklärt ist. Auch Malcher wollte zu diesem Zeitpunkt keine Auskunft geben. In dieser Angelegenheit gebe es verschiedene Meinungen und Erzählweisen. „Wir wollen das erst einmal intern klären“, so der Stadtrat.
In der Vergangenheit hat Degler unter anderem durch seine Nähe zum rechtsextremen „Flügel“ der AfD von sich reden gemacht. Auf einem Profilbild bei Facebook ist er beispielsweise mit Björn Höcke abgebildet. Zudem sollte im März vergangenen Jahres auf Deglers Einladung hin der zu jenem Zeitpunkt noch für die AfD im Landtag sitzende Stefan Räpple einen Vortrag in Backnang halten. Der Vortrag wurde kurzfristig abgesagt (wir berichteten). Und auch zur QAnon-Bewegung, die nicht nur mit Verschwörungstheorien, sondern auch rechtsextremen Ansichten von sich reden macht, bestehen Verbindungen. So hatte Degler auf Facebook zeitweise ein Profilbild, auf dem ein Q sowie die Abkürzung WWG1WGA (kurz für „Where we go one, we go all“ – auf Deutsch: Wohin einer geht, dahin gehen wir alle) zu sehen waren, beides Erkennungszeichen der Bewegung. Nachdem im Zuge von Deglers Kandidatur für den Landtag im Wahlkreis Stuttgart I das Politikmagazin „Monitor“ über ihn berichtete, veröffentlichte dieser auf Facebook eine Stellungnahme dazu. „Mir ist bewusst, dass die Verschwörungserzählung von QAnon mindestens in Teilen übertrieben oder unzutreffend ist“, heißt es darin. Für ihn bedeute jener Slogan, dass man als Kollektiv füreinander einstehe. Insofern sehe er keinen Grund, warum dieser nicht im Einklang mit seiner Landtagskandidatur stehen solle.
In den gut acht Jahren seit ihrer Gründung hat die AfD schon mehrfach durch öffentliche Parteiausschlussverfahren von sich reden gemacht. In Baden-Württemberg sind etwa die ehemaligen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon und Stefan Räpple aus der AfD ausgeschlossen worden.
Wolfgang Gedeon wurde im März 2020 vom Bundesschiedsgericht ausgeschlossen. Er war zuvor durch antisemitische Äußerungen und die Relativierung des Holocaust aufgefallen und hatte mit seinem Fraktionsaustritt eine Spaltung im Landtag bewirkt. Ein Ausschlussverfahren war erst im dritten Anlauf erfolgreich.
Stefan Räpple ist im September 2020 aus der AfD-Landtagsfraktion ausgeschlossen worden und in der Folge aus der Partei ausgetreten. Unter anderem hatte er zum gewaltsamen Sturz der Regierung aufgerufen.