Aggressivität ist latent zu spüren

Tatvorwürfe gegen Angeklagten erhärten sich durch Zeugenaussagen

Foto: P. Steffen

© Peter Steffen

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ASPACH/STUTTGART (hcw). Dritter Verhandlungstag vor dem Landgericht in dem Verfahren gegen einen jungen Mann, der eine Erntehelferin angegriffen haben soll (wir berichteten). Ein halbes Dutzend an Kriminalbeamten wird gehört, die in unterschiedlichen Phasen der Ermittlungsarbeit mit dem Fall befasst waren. Das, was sich bisher zum Tathergang herausgestellt hat, wird bestätigt. Offene Fragen bleiben aber offen. Kein Handy und kein Messer fand sich bei der Wohnungsdurchsuchung.

Die junge Erntehelferin, die von dem Angeklagten angeblich niedergeworfen und verletzt worden war, war nach dem Vorfall völlig verstört in ihre Unterkunft geflüchtet. Der Landwirt, bei dem sie arbeitete, wurde verständigt. Auf dem Weg zu seinem Hof fällt dem Landwirt ein junger Mann auf, der zu dieser Stunde (23 Uhr) noch unterwegs ist. Instinktiv habe er mit seinem Fahrrad gewendet, den jungen Mann angesprochen und auch fotografiert. Als er dann von der Erntehelferin den Vorfall erfährt, zeigt er ihr das eben aufgenommene Bild. Die junge Frau erkennt darauf ihren Peiniger wieder.

Der gesetzliche Betreuer wie auch eine junge Sozialarbeiterin, die mit der Familie des Angeklagten in Kontakt standen, schildern dem Gericht ihre Eindrücke. Der Umgang mit der Familie sei schwierig gewesen. Termine wie auch Absprachen wurden nicht eingehalten. Eine latente Aggressivität war zu spüren. Die Brüder nahmen den Angeklagten auf ihre Besorgungsgänge immer wieder mit, ließen ihn aber auch immer wieder stehen. So hat er offenbar eine ganze Nacht auf dem Stuttgarter Bahnhof zugebracht, bis ihn die Polizei wieder nach Hause beförderte.

Deutlich wird auch, dass es dem Angeklagten an Orientierungsvermögen mangelte. In deutscher Sprache kann sich der Angeklagte nur durch Nennung von einzelnen Wörtern verständigen. Man empfahl der Familie die Unterbringung des Sohnes und Bruders in einer Hilfseinrichtung. Die Familie war darüber uneins. Die Sozialarbeiterin, ehrenamtliche Helferin im Aspacher Asylkreis Awia, hat mehrmals die Familie besucht. Anfangs schämte man sich wohl des behinderten Bruders und versteckte ihn. Dann wiederum kümmerte man sich kaum um ihn, scherte sich auch nicht um seine Körperhygiene. Dass der Angeklagte auf andere zugeht und sie anspricht, hat sie nie beobachtet. Auf körperliche Nähe reagiere der Angeklagte mit nervösem Fuchteln.

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Erstellt:
16. Januar 2020, 06:00 Uhr

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