„Aladin“ im Backnanger Bürgerhaus: Zauberhafter Einsatz für Gerechtigkeit

Draußen ist es nass, kalt und trüb – doch im Bürgerhaus bringt „Aladin – das Musical“ mit seiner märchenhaften Welt nicht nur Kinderaugen zum Strahlen. Im Vergleich zur Disney-Vorlage wartet die Geschichte mit ein paar feinen Änderungen auf.

Aladin (Ali Marcel Yildiz) beschwört durch Zufall einen Lampengeist. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Aladin (Ali Marcel Yildiz) beschwört durch Zufall einen Lampengeist. Foto: Alexander Becher

Von Simone Schneider-Seebeck

Backnang. Die Geschichte ist altbekannt: Ein Straßenjunge trifft auf die zunächst unerkannte schöne Prinzessin. Gemeinsam versuchen sie, die finsteren Pläne des Statthalters zu durchkreuzen. Dabei hilft ihnen ein Flaschengeist, für den es zum Schluss wie auch für das junge Paar ein Happy End gibt. Wer bei „Aladin – das Musical“ jedoch schon allein durch den blauen Dschinni eine Ähnlichkeit mit dem bekannten Disney-Musical „Aladdin“ erwartet hat, wird überrascht. Nicht nur, dass die Musik eigens für diese Produktion des Theaters Liberi komponiert wurde und somit vollkommen anders ist als die des Disney-Stücks – auch die Geschichte weist einige kleine, aber dennoch feine Änderungen auf, die die gelungene Inszenierung von Carolin Pommert wunderbar abrunden.

„Aladin – das Musical“ beginnt mit einer schwungvollen Marktszene. Fröhliche, bunt gekleidete Marktleute preisen zu jazzigen Rhythmen ihre köstlichen und frischen Waren an. Doch prompt wird das fröhliche Treiben unterbrochen durch den Auftritt von Dschafar (Markus Peters), dem Statthalter, der seiner düsteren Ausstrahlung gleich gerecht wird, indem er eine Steuererhöhung verkündet. Protest kommt von Aladin (Ali Marcel Yildiz) und einer jungen Frau, die sich ihm als Leilah vorstellt und sich natürlich als die Tochter des Sultans entpuppt. Aladin ist hin und weg von ihr. „Cool, dass du was gegen den Statthalter gesagt hast!“, findet er.

Dschinni hat freche Sprüche auf Lager

Kurz darauf spricht Dschafar den Straßenjungen an. Er überzeugt Aladin, für ihn etwas aus einer geheimnisvollen Höhle zu holen. Treffpunkt ist der Palast, wo Aladin auf Prinzessin Yasmin (Tamara Nussbaumer) und ihre Zofe und Freundin Leilah (Mela Jansen) trifft. Gemeinsam verbünden sie sich gegen Dschafars finstere Pläne, den Sultan zu stürzen, der zeitweise unter dem Bann des Bösewichts steht und dann nicht er selbst ist.

In den Zauberhöhle findet Aladin die gewünschte Lampe, doch er braucht zu lange, die Tore schließen sich und er ist mit dem Dschinni (Markus Hareter), den er durch Zufall beschwört, eingesperrt. Blau kommt er daher, mit frechen Sprüchen, drei Wünschen für seinen neuen Meister und auch ein paar menschlichen Seiten: „Ich bin einfach zu alt für das ganze Getanze.“ Er erzählt, wie er vor Urzeiten zu hoch hinauswollte und so schließlich als Gefangener der Lampe endete.

Aladin berichtet davon, dass er gemeinsam mit Yasmin und Leilah den tückischen Statthalter aufhalten wolle. Verkleidet als Prinz Ali kommt er in den Sultanspalast und berichtet der Prinzessin von seinen Erlebnissen. Mithilfe des Dschinnis wollen sie Dschafar überlisten, was ihnen auch gelingt. Während der Bösewicht sein Dasein nun in einer Blechdose fristen muss, wird der Dschinni endlich befreit.

Stichwort Blechdose – diese spielt, so unscheinbar sie auch sein mag, tatsächlich eine tragende Rolle. So ist sie Aladins einziger Besitz und dennoch ist sie ihm teuer. Charmant, wie es ihm gelingt, den Blick der Prinzessin darin einzufangen. Später ist sie sein Pfand, welches er der Prinzessin überreicht, damit sie darauf aufpasst, während er mit Dschafar die Höhle aufsucht. Und zum Schluss wird sie zur Wohnstatt des gefallenen Statthalters, was der Dschinni spöttisch kommentiert: „Ich bin ein Lampengeist. Aber er ist nur ein Dosengeist.“

Jeder Bösewicht braucht seinen ergebenen Bewunderer, und natürlich kommt auch Dschafar nicht ohne aus. Shahd ist es, eigentlich eine Angehörige des Palastes, die Dschafar jedoch in seinen Bann gebracht hat. Quirlig und mit viel Körpereinsatz wird sie dargestellt durch Johanna Huisbauer.

Vielfältige musikalische Untermalung

Gar nicht so dem Bild eines würdevollen Sultans entspricht Yasmins Vater (Michael Knese). Sein Tag muss mit Lied und Tanz beginnen, eine Tradition, auf der er eindrücklich besteht. Liebevoll ist er seiner Tochter zugetan, ihrer drohenden Hochzeit mit Dschafar stimmt er nur unter Einfluss desselben zu.

Raffiniert ist das Bühnenbild gestaltet. Orientalisch inspirierte Elemente mit bunten Mosaiken lassen sich je nach Szene entsprechend zusammenstellen und vermitteln so etwa einen bunten Marktplatz, eine düstere Höhle oder den Sultanspalast, in dem Dschafar zum Zentrum des Universums aufzusteigen wünscht.

Wobei sich wieder einmal zeigt, dass eine Liveaufführung einfach etwas ganz Einzigartiges ist. Denn beim Überwerfen des Mantels als „Sultan aller Sultane“ bleibt ein Zipfelchen am Podest hängen. Witzig überspielt, sorgt dieses kleine Detail für Lacher nicht nur im Publikum.

Musikalisch ist sehr viel geboten. Jazzige Töne, moderne Klänge, Country, sogar ein bisschen Volksmusik, je nach Szenerie. Und beim Prinz-Ali-Rap tanzen sogar Dschafar und Shahd begeistert mit. Bezaubernd wird der Reichtum der Lampenhöhle durch lebendige tanzende Juwelen dargestellt und die Vorstellung des Dschinnis erinnert an eine nostalgisch-pompöse Fernsehshow.

Den sieben Darstellern verlangt die zweistündige Aufführung einiges ab, manch einer spielt nicht nur eine, sondern zwei oder gar drei Rollen. Da freut man sich umso mehr über den begeisterten Applaus des Publikums und bedankt sich noch mit einer schwungvollen Zugabe. Eine glitzernd und bunt verpackte, unaufdringliche Botschaft gibt es obendrauf von der zukünftigen Sultana Yasmin: „Wer alles haben will, hat am Ende nichts. Wenn man die Welt verändern will, dann muss man sich nichts wünschen – dann muss man es einfach tun.“

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Erstellt:
18. November 2023, 11:00 Uhr

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