Allmersbach führt Klima-Checkliste ein

Im Rahmen eines zunächst einjährigen Pilotprojekts kommen in der Gemeinde Zielvorgaben zum Einsatz, die dem Klimaschutz dienen sollen.

Lastenräder können einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in Allmersbach im Tal leisten. Bei der Einweihung des Verleihs dabei waren im Mai 2023 Anita Kaupert, Sabine Fritz, Sabrina Gruhler und Bürgermeisterin Patrizia Rall (von links). Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Lastenräder können einen Beitrag zur nachhaltigen Mobilität in Allmersbach im Tal leisten. Bei der Einweihung des Verleihs dabei waren im Mai 2023 Anita Kaupert, Sabine Fritz, Sabrina Gruhler und Bürgermeisterin Patrizia Rall (von links). Archivfoto: Alexander Becher

Von Kai Wieland

Allmersbach im Tal. Seit etwas mehr als einem Jahr beschäftigt die Gemeinde Allmersbach im Tal mit Sabine Fritz eine Klimaschutzmanagerin. Im Mai dieses Jahres wurde vom Gemeinderat dann ein Klimaschutzkonzept beschlossen. Für eine Kommune dieser Größe ist allein das schon allerhand. Dass Bürgermeisterin Patrizia Rall und ihr Verwaltungsteam es ernst meinen mit dem Klimaschutz, zeigt nun auch die Einführung einer sogenannten Klima-Checkliste für Bebauungspläne und Bauvorhaben, welche dem Gemeinderat in der jüngsten öffentlichen Sitzung vorgelegt und von diesem mehrheitlich (eine Gegenstimme von Kai Tröbensberger, eine Enthaltung von Ingo Ehring) beschlossen wurde.

„Wir betrachten das vorerst gewissermaßen als einjährige Pilotphase, denn es ist für uns alle hier Neuland“, erklärte Rall, ehe Jochen Roos und Andreas Gutscher vom Büro Roosplan den von ihnen erarbeiteten Katalog vorstellten. Neuland ist ein solches Projekt insbesondere deshalb, weil es kaum Vorreiterkommunen in vergleichbarer Größe gibt, schon gar nicht im Raum Backnang. „Ein Stadt wie Aachen, die eine solche Klima-Checkliste bereits anwendet, ist natürlich nicht mit einer Gemeinde wie Allmersbach vergleichbar“, erklärte Gutscher. Aus diesem Grund habe man versucht, die Zielvorgaben entsprechend herunter zu skalieren, um so eine sinnvolle und vor allem umsetzbare Checkliste für Allmersbach im Tal zu erhalten.

Fünf Hauptthemen und ein Ampelsystem

Inhaltlich umfasst die Klima-Checkliste nun 29 Indikatoren, die sich auf die fünf Hauptthemen Gemeindeklima, Wassersensible Gemeinde, Begrünung, Mobilität und Energie aufteilen. Die Indikatoren lauten etwa: Errichtung von verdunstungsaktiven Flächen (Thema Gemeindeklima), Minimierung der Versiegelung und Erhaltung der Bodenfunktion (Thema Wassersensible Gemeinde), Erhalt und Neuanpflanzung von Bäumen (Thema Begrünung), Leistungsfähiger ÖPNV-Anschluss in fußläufiger Entfernung (Thema Mobilität) und Ausbau und Optimierung der Nutzung von Solaranlagen auf Dachflächen und Fassaden (Thema Energie). Die einzelnen Indikatoren sind hinsichtlich ihrer Priorität nach einem Ampelsystem gewichtet. Elf der 29 Punkte genießen sehr hohe Priorität, neun Punkte hohe Priorität und neun Punkte mittlere Priorität – eine geringe Priorität gibt es beim Klimaschutz offensichtlich nicht.

Aber welche praktischen Folgen hat die Einführung der Klima-Checkliste? „Eine Liste an sich ist nice to have, aber wir wollen natürlich auch eine gewisse Verbindlichkeit“, betonte Patrizia Rall. „Unseres Erachtens ist es bei einem Bauvorhaben in Allmersbach realistisch, mindestens 60 Prozent der Indikatoren zu erfüllen.“ Ist dies bei einem Bauvorhaben nicht der Fall, werde die Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erteilen. Darüber hinaus müssen mindestens sechs der elf Indikatoren mit sehr hoher Priorität erfüllt werden. Sechs besonders wichtige und daher fett gedruckte Indikatoren sollten darüber hinaus grundsätzlich erfüllt werden, wenngleich hier auch Ausnahmen denkbar seien, so Andreas Gutscher. Bewertet wird denkbar simpel mit Ja oder Nein.

Weitere Themen

Für die Allmersbacher Gemeinderätinnen und -räte stellte sich im Anschluss an die Präsentation eine ganze Reihe von Fragen. „Müssen die Antragsteller diese Liste selbst ausfüllen?“, erkundigte sich etwa Jörg Adolph von der Unabhängigen Wählervereinigung. Das sei nicht der Fall, erklärte Rall. „Einige Punkte könnten private Antragsteller auch gar nicht beantworten. Die Liste wird von der Verwaltung ausgefüllt.“ Trotzdem sollen eventuelle Bauherren oder Investoren die Checkliste frühzeitig erhalten, denn es gehe durchaus auch um eine Außenwirkung, worauf die Gemeinde Wert lege.

An dieser Stelle wurde Bettina Heigoldt (UWL) hellhörig und verwies auf den hohen Verwaltungsaufwand, der dadurch ja wohl auf die Gemeinde zukomme. „Der Aufwand ist natürlich zunächst da, wird aber mit jedem Projekt immer geringer und bleibt insgesamt überschaubar“, entgegnete Rall. Es müsse auch keine extra Stelle für die Bearbeitung geschaffen werden. „Die Liste wird von zwei Personen ausgefüllt, nämlich von unserem Bauamtsleiter Jens Strobel und von unserer Klimaschutzmanagerin Sabine Fritz.“

Rechtliche Grundlage ist wackelig

Jörg Adolph äußerte schließlich Zweifel daran, dass einem Bauherrn, sofern er alle baurechtlichen Vorschriften erfüllt, die Umsetzung seines Projekts verwehrt werden könne, selbst wenn er auf die Klima-Checkliste pfeife. „Gibt es dafür eine rechtliche Grundlage?“, hakte Adolph nach. „Es hat nicht den Charakter eines Gesetzes“, räumte die Bürgermeisterin ein. Sehr wohl könne man aber das Einvernehmen zum Bauvorhaben verweigern, wenn die Checkliste nicht erfüllt werde. „Natürlich sind konstruierte Fälle theoretisch denkbar, in denen das Baurechtsamt in Backnang unsere Entscheidung ersetzt, weil die baurechtlichen Vorschriften erfüllt werden, aber das habe ich eigentlich in den vergangenen Jahren noch nie erlebt.“

Viel wichtiger war es Rall allerdings zu betonen, dass man es auf solche Situationen gar nicht ankommen lassen wolle. „Die Klima-Checkliste ist eher als Orientierung für Investoren und Bauherren gedacht, was uns hier in der Gemeinde wichtig ist. Unser Ziel muss es eigentlich sein, schon viel früher in die Kommunikation zu kommen, am besten noch, bevor der eigentliche Antrag erfolgt.“ Andreas Gutscher bekräftigte diesen Aspekt noch einmal. „Die Checkliste bietet keine rechtliche Sicherheit, das muss man ganz klar sagen. Darum geht es aber auch nicht. Der Gedanke ist vielmehr, zu zeigen, wo wir als Gesellschaft beziehungsweise die Gemeinde Allmersbach im Tal beim Punkt Bauen im Hinblick auf den Klimaschutz stehen.“ Patrizia Rall betonte außerdem nochmals den Testcharakter der Klima-Checkliste. „Ich denke, sie wird auf jeden Fall leben und wir werden nach diesem Jahr einige Anpassungen vornehmen müssen.“

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Erstellt:
28. Juni 2024, 06:00 Uhr

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