Altes Schulhaus wird zum Streitobjekt
Eigentlich war das alte Schulhaus in Oberweissach vom Weissacher Gemeinderat und der Verwaltung bereits einem Investor zugesagt worden. Doch nun droht ein zweiter zu klagen, weil er nicht zum Zug gekommen ist. Die Räte entscheiden, dennoch an ihrem Beschluss festzuhalten.

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Um das alte Schulhaus in Oberweissach haben sich insgesamt vier Investoren beworben. Foto: A. Becher
Von Melanie Maier
Weissach im Tal. Seit 2019 steht fest: Das alte Schulhaus in Oberweissach soll saniert werden. Nach längerer Suche wurde im vergangenen Jahr ein Investor für das ortsbildprägende Gebäude gefunden, dessen Pläne vom Gemeinderat und von der Verwaltung begrüßt wurden. Insgesamt hatten sich im Lauf der Zeit vier potenzielle Investoren gemeldet, die der ehemaligen Bildungsstätte neues Leben einhauchen wollten.
Daniel Figel, einer von drei Bauherren, hatte sein Konzept vergangenen Oktober zusammen mit dem Architekten Uwe Funk in einer Gemeinderatssitzung vorgestellt. Gefallen gefunden hatten die Gemeinderäte insbesondere daran, dass der Schulhof (abgesehen von den vorgeschriebenen Autostellplätzen) frei bleiben und die Glocke auf dem Dach erhalten bleiben soll und dass – wie von der Gemeindeverwaltung vorgeschlagen – eine Arztpraxis ins Erdgeschoss des historischen Gebäudes einziehen könnte. Die Räte gaben der Verwaltung ihre Zustimmung, mit dem Investor Vertragsverhandlungen aufzunehmen.
Dass er das alte Schulhaus bislang noch nicht von der Gemeinde erworben hat, liege daran, dass er sich auf eine Förderung aus dem Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) beworben habe und noch auf Rückmeldung warte, erklärte Bürgermeister Ian Schölzel in der jüngsten Gemeinderatssitzung auf Nachfrage von Gemeinderat Thomas Heller (UBL). Eine nachträgliche Förderung sei nicht möglich, daher die Verzögerung. Der Bescheid soll im April oder Mai vorliegen.
In der Zwischenzeit hat die Sache jedoch eine unerwartete Wendung genommen: Ein Mitbewerber, der Weissacher Rechtsanwalt Gunnar Stuhlmann, droht zu klagen, weil sein Entwurf abgewiesen wurde. Die Verwaltung habe deshalb gleich Kontakt zur Kommunalaufsicht aufgenommen, um zu klären, wie damit umgegangen werden soll, lautete es in der Tagesordnung.
Aufgrund des bevorstehenden Wechsels an der Verwaltungsspitze, hieß es weiter, hielten es Verwaltung und Kommunalamt für ratsam, den bestehenden Beschluss, in Vertragsverhandlungen eintreten zu dürfen, nochmals aufzuheben und zugleich die Verwaltung zu ermächtigen, mit einem externen Fachbüro ein neuerliches Ausschreibungs- und Vergabeverfahren mit einer entsprechenden Bewertungsmatrix anzugehen. Die Zeit, die dafür investiert werden müsse, sei „in jedem Fall effektiver“ als die, die gegebenenfalls bei einem langen Gerichtsverfahren aufgebracht werden müsse. Außerdem sei eine Klage „vielleicht eine Hypothek, die man nicht an einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin weitergeben möchte“, fügte Bürgermeister Schölzel an. Die mit der Kommunalaufsicht besprochene Lösung sah er als „einen wirklich guten Weg“ für die Beteiligten an.
Die vorgeschlagene Bewertungsmatrix solle sicherstellen, dass alle Punkte, die dem Gemeinderat und der Verwaltung wichtig sind, berücksichtigt werden. Dazu gehören unter anderem die Sicherung des Glockenturms, der Verkauf zum gutachterlich festgestellten Verkaufspreis und dass auf dem alten Schulhof kein weiteres Gebäude gebaut wird, wie von einem Investor vorgeschlagen wurde, um die immensen Sanierungskosten zu stemmen. Die Gesamtkosten werden auf rund 1,3 Millionen Euro geschätzt. Für die Gemeinde selbst wären sie – auch wegen möglicher Zusatzkosten in der Bauphase – nach eigenen Angaben ein zu hohes finanzielles Risiko, weshalb ein Eigenerwerb trotz der Bedeutung des Gebäudes für den Teilort Oberweissach nie zur Debatte stand.
Bei den Gemeinderäten stieß der Vorschlag der Gemeindeverwaltung auf Bedenken. Luciano Longobucco (LWB) sah die Klagedrohung als einen „Frontalangriff auf den Beschluss des Gemeinderats“, sagte aber dennoch, es werde „wahrscheinlich relativ wenig übrig bleiben, wenn wir wollen, dass das Projekt zügig umgesetzt wird“. Carl Höfer (CDU/FWV) verwies auf die zusätzlichen Kosten, die durch ein erneutes Ausschreibungs- und Vergabeverfahren entstehen würden, und betonte: „Ich habe Angst, dass wir damit Standards setzen würden, die für eine Gemeinde dieser Größenordnung nicht üblich sind.“
Wenn er als Bürgermeister in Weissach im Tal bleiben würde, würde er das Risiko eingehen, bei dem bisherigen Beschluss bleiben und die Verantwortung dafür übernehmen, sagte Schölzel. „Aber so ist das einfach nicht fair gegenüber dem Nachfolger oder der Nachfolgerin.“ Deshalb habe er das Thema offen zur Diskussion stellen wollen. „Wenn man den Beschluss vollzieht, kann es sein, dass wir im September vor Gericht stehen.“
Er sehe „relativ viele Fragezeichen im Raum“, sagte Carl Höfer und bat um eine Unterbrechung für eine nicht öffentliche Sitzung. Eine gute halbe Stunde später stand fest: Die Gemeinderäte bleiben bei dem bestehenden Beschluss.
Die Klagedrohung ist derweil noch nicht aus der Welt geräumt. Zu einer öffentlichen Stellungnahme ist Rechtsanwalt Gunnar Stuhlmann aber nicht bereit. „Zu diesem laufenden Verfahren möchten wir uns derzeit nicht äußern“, schrieb er per E-Mail an unsere Zeitung. Es bleibt also abzuwarten, wie es mit dem stark sanierungsbedürftigen alten Schulhaus in Oberweissach weitergehen wird, das viele als „Leuchtturm“ des Weissacher Ortsteils bezeichnen, den es zu bewahren gelte.
Wohnraum Das momentan leer stehende Gebäude soll durch die Schaffung von neuem Wohnraum wiederbelebt werden. Insgesamt sieben Wohnungen auf drei Etagen sollen in dem ehemaligen Schulhaus entstehen. Angedacht ist nach Angaben von Bürgermeister Ian Schölzel außerdem eine Arztpraxis, die ins Erdgeschoss des historischen Gebäudes einziehen könnte. Mit Allgemeinmedizinern sei man schon im Gespräch.
Umbau Das Gebäude selbst soll weitmöglichst erhalten bleiben. Die Fassade und das Dach sollen jeweils so, wie sie einmal waren, wiederhergestellt werden. Auch die Glocke auf dem Dach soll weiter läuten. Darüber hinaus soll der ursprüngliche Eingang an der Straßenseite wieder aktiviert werden – jedoch so, dass das Erdgeschoss barrierefrei zugänglich ist. Im bisherigen Hofbereich sind nach den Plänen von Daniel Figel teilweise überdachte Auto- und Fahrradstellplätze sowie ein Kinderspielplatz geplant. Die Überdachung soll begrünt und mit Fotovoltaikanlagen für den Eigengebrauch bestückt werden. Eine Wärmepumpe soll als Heizsystem dienen.
Geschichte In dem Gebäude war lange die Schule untergebracht, später beherbergte es den Weissacher Jugendtreff und diente als Flüchtlingsunterbringung.