Altstadt-Gelage: Heidelberg führt Alkoholverkaufsverbot ein
dpa/lsw Heidelberg. Erst waren die Neckarwiesen in Heidelberg der Hotspot für unermüdlich Feiernde. Jetzt sind sie in die Altstadt gewechselt. Übermäßigem Alkoholgenuss junger Leute rund um die Alte Brücke soll nun ein Riegel vorgeschoben werden.
Nächtliche Ruhestörung und übermäßiger Alkoholkonsum sind in Heidelbergs Altstadt immer wieder ein Problem - jetzt soll ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot Abhilfe schaffen. „Anders ist der Situation nicht mehr Herr zu werden“, sagte ein Stadtsprecher. In Kürze werde die Stadt eine entsprechende Allgemeinverfügung erlassen. Davon betroffen ist aber nicht der Ausschank in Kneipen, Clubs und Außengastronomie, sondern es geht um den Verkauf etwa in sogenannten „Spätis“. Das sind Kioske, die bis spät in die Nacht hinein Alkohol verkaufen. Die Grünen halten nichts von den Plänen von Oberbürgermeister Eckart Würzner (parteilos).
Die rechtliche Lage für das Vorhaben ist knifflig, nachdem die grün-schwarze Landesregierung 2017 das generelle nächtliche Alkoholverkaufsverbot abgeschafft hat. In Heidelberg heißt es: Das schließe aber nicht aus, dass Städte und Gemeinden in brisanten Situationen davon Gebrauch machen könnten. “Man muss das nur gut begründen“, sagte der Sprecher. Der Stadt gehe es darum, die Nachschubwege für Hochprozentiges - vor allem Wodka - trocken zu legen.
Das vorgesehene Verbot trägt laut Stadt der Tatsache Rechnung, dass seit etlichen Wochen teils mehrere Hundert Menschen - auch aus der Umgebung - mit Ghettoblastern, Gejohle und intensivem Konsum harter Drinks feiern. Schwerpunkt ist dabei die Alte Brücke. Auch alle Bemühungen der beiden Nachtbürgermeister um mehr Rücksichtnahme hätten bei den 16- bis Anfang 20-Jährigen nicht gefruchtet. Die romantische Altstadt mit vielen Bars und Restaurants ist ein Magnet für junge Leute. Die Zeiten, in denen das vorgesehene Verbot gelten soll, stehen noch nicht abschließend fest.
Die Grünen, die im Heidelberger Gemeinderat die größte Fraktion bilden, kritisieren die Pläne und verlangen mehr Prävention von Oberbürgermeister Würzner. „Verbote sind keine Dauer-Lösung“, heißt es in einer Mitteilung der Fraktion. Die Stadt habe in den vergangenen Jahren viel zu wenig dafür getan, jungen Menschen nicht-kommerzielle Treffpunkte anzubieten. Es fehle an Jugendsozialarbeitern und Streetworkern, die Eskalationen im Vorfeld verhindern könnten. Unterstützung erhält Würzner hingegen von der CDU.
Nächtliche Alkoholkonsumverbote hingegen sind recht gebräuchlich. Nach einer Abfrage des Innenministeriums am 11. Juni 2021 hatten landesweit 19 Kommunen diese Möglichkeit im Kampf gegen Exzesse genutzt, darunter Reutlingen, Karlsruhe, Bruchsal, Karlsbad, Alfdorf, Rheinfelden und Rottweil.
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