Amtsgericht Backnang: Versöhnliches Ende einer Auseinandersetzung
Das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung unter Freunden vor dem Backnanger Amtsgericht wird vorläufig eingestellt.

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Trotz des Einsatzes von gefährlichen Schlagstöcken wird das Verfahren vorläufig eingestellt. Symbolfoto: fotogestoeber/Stock-Adobe
Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. „Ab heute ist die Sache für mich vergessen“, so das Fazit des Geschädigten, nachdem sich die beiden Angeklagten bei ihm entschuldigten und Reue zeigten. Eine „coronagerechte“ Umarmung besiegelte die Aussöhnung. Die Angeklagten entschuldigten sich bei allen Beteiligten, auch bei der Schwester des Geschädigten, die beleidigt wurde, als sie den Streit schlichten wollte.
Diese Einsicht und Reue waren nicht der einzige, aber ein wichtiger Grund für die vorläufige Einstellung des Verfahrens. Was war geschehen? Die beiden 20-jährigen Angeklagten sind gute Freunde und kennen sich schon seit dem Kindergarten. Der eine hat unlängst seine Ausbildung beendet, der andere absolviert ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ). Beide wohnen noch zu Hause. Zusammen mit den anderen Beteiligten bildeten sie jahrelang eine Clique, mit der sie fast jedes Wochenende etwas unternahmen.
Bis zu diesem Vorfall im Herbst 2021 an einer Bushaltestelle in einem Backnanger Stadtteil. Vorausgegangen war eine Woche zuvor eine offenbar grundlose Beleidigung eines Angeklagten durch ein Gruppenmitglied, das ein Schimpfwort verwendete, mit dem er schon in der Schule fertiggemacht wurde.
Am nächsten Wochenende wollte man die Sache klären, auf Initiative desjenigen, der die Beleidigungen ausgesprochen hatte. Dieser habe am Telefon jedoch sehr aggressiv geklungen und im Hintergrund seien Unterstützer zu hören gewesen. So beschlossen die beiden 20-Jährigen, ihre im Wald versteckten Teleskopschlagstöcke zu holen, die sie gekauft hatten, weil einer von ihnen schon einmal beraubt worden war. Es wurde ein Treffen um 23.30 Uhr an der Bushaltestelle vereinbart.
Da der eine der Freunde in der Nähe wohnt, wartete man dort. Vom Fenster aus sahen sie vier Personen, zwei Jungs und zwei Mädchen, wie sich später herausstellte, was aber nicht sofort erkennbar gewesen sei. Trotzdem gingen sie zum Treffpunkt. Zu einem klärenden Gespräch kam es nicht, da alle angetrunken und aufgewühlt waren und sich der zweite junge Mann, der spätere Geschädigte, einmischte. Anscheinend fühlten sich die Angeklagten von ihm bedroht und so kam es zu den Schlägen mit den metallenen Schlagstöcken, einer schlug gegen die Beine, der andere zweimal gegen den Kopf. Die beiden flüchteten und gingen nach Hause, wo sie wenig später von der Polizei angetroffen wurden.
Die Lage sei unübersichtlich gewesen und man habe wenig Informationen von den jungen Leuten bekommen können, so der Polizist, der vor Ort gewesen war. Die Wunde am Kopf habe man fotografiert. Sie hätte allerdings auch deutlich schlimmer ausfallen können.
Die Aussagen aller Beteiligten deckten sich im Großen und Ganzen. Auch der Geschädigte, Auszubildender in einer Umlandgemeinde, bestätigte im Wesentlichen den Tathergang, wobei er einige Erinnerungslücken aufwies. Es sei wohl alles ein großes Missverständnis gewesen. Er habe noch einige Tage Schmerzen im Bein und am Kopf gehabt, aber keine ernsthaften Verletzungen davongetragen.
Die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sprach sich für die Anwendung des Jugendstrafrechts aus, denn beide seien zum Tatzeitpunkt Heranwachsende gewesen und hätten keine selbstständige Lebensführung. Da sie auch die elterlichen Sanktionen wie zum Beispiel Handyverbot akzeptieren würden und sie keine fehlende Impulskontrolle feststellen könne, sei das Verfahren selbst als erzieherische Maßnahme ausreichend.
Die Anwälte sahen dies genauso. Die Staatsanwältin war „ausnahmsweise“ ebenfalls mit der Einstellung des Verfahrens einverstanden, kombiniert mit einer Geldauflage. So erging der richterliche Beschluss: vorläufige Einstellung des Verfahrens in Verbindung mit einer Geldauflage, einmal 350 Euro und einmal 100 Euro, jeweils zu bezahlen an die Diakonie Stetten.
Die Papierlage spreche zwar nicht unbedingt dafür, schließlich kam es zum Einsatz von gefährlichen Schlagstöcken, doch in Anbetracht der Gesamtumstände und des versöhnlichen Abschlusses sei die Entscheidung vertretbar, betonte die Richterin am Amtsgericht in ihrer Urteilsbegründung.