An Silvester wollen viele Backnanger wieder böllern

Es darf wieder geböllert werden – und das wollen viele nach zwei Jahren Böllerverbot auch genießen. Der Nachholbedarf an Kleinfeuerwerken ist nach der Coronapause groß. Wir haben uns vor Geschäften umgehört, was die Backnangerinnen und Backnanger vorhaben in Sachen Feuerwerk und Böllerei.

Jasmin Kaumeyer frischt im Sulzbacher Rewe die Waren auf. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Jasmin Kaumeyer frischt im Sulzbacher Rewe die Waren auf. Foto: Alexander Becher

Von Heidrun Gehrke

Backnang. Es verspricht bunt zu werden am Himmel in Backnang und in der Region in der Silvesternacht. Sven und Bettina Chuveradech aus Althütte werden jedenfalls ihren Teil dazu beitragen. „Wir wollen das ganze negative Jahr endlich einfach mal richtig wegböllern“, machen sie ihren Gefühlen Luft. In der Kindheit und Jugend hätten sie nie geböllert, aber angesichts der vielen Krisen – Pandemie, Ukrainekrieg, Energiekrise, Inflation, Klimakrise – wollen sie sich das in diesem Jahr einmal gönnen. „Geld sparen wir das ganze Jahr über“, fügen sie lachend an. „Für den Silvesterabend schauen wir nicht so streng drauf.“

Zum ersten Mal seit drei Jahren erzwungener Coronapause verkaufen Supermärkte und Discounter wieder Raketen, Knallkörper, Schwärmer und Batteriefeuerwerke – für viele ein Grund, in diesem Jahr besonders über die Stränge zu schlagen. Sven und Bettina Chuveradech sind schon um 9 Uhr morgens unterwegs, um die volle Auswahl an Böllern und Raketen zu haben. Am Vortag haben sie einige Videos angeschaut – „damit wir wissen, wie die Feuerwerke aussehen“. Sie wählen Effektbatterien mit viel Farbe und Glitzer. „Wir möchten was zum Angucken und lieber eine optische Explosion als lautes Knallen.“ Denn sie denken bei aller Lust aufs Feuerwerk auch an die Tiere. „Unsere Katzen kommen in einen Ruheraum und werden mit angenehmer Musik beschallt, damit sie es nicht hören“, sagen sie. Zudem wollen sie es aus Rücksicht auf einige ältere Bewohner in ihrer Straße nicht mit dem Abfeuern von Raketen übertreiben.

Das eigentliche Highlight ist für ihn, wieder mit Freunden feiern zu können

Nicht übertreiben, aber auch nicht ganz verzichten – das ist auch das Motto von Manuel Rinker aus Auenwald. Der 37-Jährige denkt vor allem an seine drei- und sechsjährigen Söhne. „Alle freuen sich darauf.“ Weil die Kinder um Mitternacht im Bett sein müssen, werde vor null Uhr geböllert. „Silvester ist nur einmal im Jahr und es gibt das ganze Jahr über andere Ereignisse, die sicher unnötiger sind“, findet er. Das eigentliche Highlight liegt für ihn ohnehin jenseits von Leuchteffekten und Lichtfontänen: „Dass wir endlich wieder mit Freunden und zum ersten Mal auch mit den Kindern feiern können.“

Nachholbedarf? „Auf jeden Fall, ja“, sagt Christian Burgel. Es gebe derzeit einiges Negative, das einem die Lebensfreude vermiesen könne. Da möchte es sich der 38-Jährige an Silvester am Himmel über dem eigenen Zuhause richtig schön machen. Er hat sogar eine Schippe draufgelegt und etwas mehr eingekauft als vor Corona. „Das neue Jahr haben wir immer so begrüßt, ich war schon als Kind feuerwerkverrückt“, gesteht er freudestrahlend. Gespart werde an anderer Stelle. „Das Jahr lief gut für mich. Mit dieser Ausgabe mache ich mir, meinen Eltern und Schwiegerleuten eine Freude.“ Für seine Freundin hat er Goldraketen gekauft. „Ihr gefällt dieser Goldregen.“ Böller spare er bewusst aus. „Sie machen nur Dreck und fliegen überall in der Gegend rum. Eine Batterie kann ich an einem Stück in die Hand nehmen und entsorgen.“

Der Gatte daheim ist pyrobegeistert

Eine Batterie liegt auch im Einkaufswagen von Uschi, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte. „Ich muss sie nur einmal anzünden und kann das Feuerwerk dann in Ruhe anschauen“, erklärt die 52-Jährige. Zudem sei die Entsorgung einfacher. „Den Müll der Raketen müsste man einzeln zusammensuchen.“ Wenn es nach ihr ginge, bräuchte es weder Knistereffekte in der Luft noch flirrenden Sternensprühregen. „Aber ich wurde überstimmt, ich habe einen absoluten Fan daheim“, spielt sie auf ihren pyrobegeisterten Gatten an.

Patricia Schickart aus Aspach schaut liebend gerne zu, aufs Anzünden und Abfeuern sei sie hingegen „nicht so scharf“, sagt sie. Das Sparen klammert sie an diesem Tag aus. „Den Rest des Jahres feiert man und kauft ein, warum dann ausgerechnet an Silvester nicht?“ Das Thema Umweltschutz, meint sie, werde nicht mit dem Verzicht auf die Böllerei gelöst – da könne man während des Jahres konstant mehr bewirken als punktuell an diesem einen Tag: „Wir verzichten das ganze Jahr über so oft wie möglich aufs Auto, gehen viel zu Fuß und fahren Rad, auch reparieren wir viel und kaufen in örtlichen Geschäften“, erklärt sie. Eine überschaubare Knallerei ist für Schickart reinen Gewissens drin.

„Mit Kindern ist es schön und gehört für uns einfach dazu.“

Der 34-jährige Anatol, der seinen Nachnamen lieber für sich behält, ist mit Sohn Fabian beim Einkaufen. Beim letzten Feuerwerk war Fabian vier Jahre alt. Der Sechsjährige hat noch Erinnerungen daran und freut sich darauf. „Ich mag am liebsten die kleinen Knallfrösche“, sagt er und zeigt auf die für sein Alter bestimmten Kinderfeuerwerke in der Packung, die der Papa unterm Arm hat. „Mit Kindern ist es schön und gehört dazu für uns“, sagt Anatol. Klar gehe es auch ohne, im Vorjahr habe die Stimmung nicht gelitten. „Aber jetzt dürfen wir wieder, da nehmen wir das Schöne gerne mit.“

In einigen Läden wird allerdings gar kein Feuerwerk angeboten. Der Backnanger Toom-Baumarkt beispielsweise verzichtet, wie viele große Baumarktketten, auf den Verkauf von Böllern und Feuerwerkskörpern. Marktleiter Stefan Zeidler findet den Schritt korrekt. Die Kundschaft habe dafür Verständnis. „Es waren nur wenige Kunden da, denen wir erklärt haben, dass wir es in Bezug auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz nicht anbieten.“

Schon seit 2019 kein Feuerwerk mehr im Sortiment

Im Aspacher Nahkauf haben sich die Inhaber schon 2019 vom Feuerwerksverkauf verabschiedet. „Wir haben reagiert auf den Missbrauch und die Sachbeschädigung, die damals überhandgenommen hatten“, erklärt Bettina Layher. Auch mit Blick auf die Tiere hätten sie dieses Jahr nicht einen einzigen Gedanken daran verschwendet. „Wir möchten es nicht mehr und stehen dazu.“ Bereut haben sie den Schritt nicht. Die Kundschaft reagiert bisher überwiegend positiv. Ein Verkaufsschlager seien Feuerwerkskörper bei ihnen ohnehin nie gewesen, sagt Layher: „Hier im ländlichen Bereich ging die Ware meist schleppend weg.“

Auch die Rewe-Betreiber in Oppenweiler haben sich dagegen entschieden. Anders die ebenfalls von Hubert Schneeberger geleitete Filiale in Sulzbach an der Murr. Dort herrscht laut Filialleiterin Agnes Arnold reger Andrang. „Wir werden heute Abend wohl leer sein“, prognostiziert sie zu Beginn des zweiten Verkaufstags. „Wir hatten aber auch weniger bestellt, etwa ein Drittel der Menge von 2019.“ Besonders beliebt seien Knaller und Raketen, auch Kinderfeuerwerke liefen hervorragend.

Wo darf geböllert werden?

Regularien Erstmals seit drei Jahren darf auch in Backnang wieder privates Feuerwerk gezündet werden, allerdings nicht überall. So ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern am 31. Dezember 2022 und am 1. Januar 2023 im Bereich der historischen Innenstadt verboten.

Verbotszone Die Verbotszone umfasst den Bereich innerhalb der Grenzen der Grabenstraße im Nordwesten, des Burgbergs und entlang der Murr im Nordosten, zudem gilt sie in der Eduard-Breuninger-Straße, am Schillerplatz und der Stuttgarter Straße im Südwesten und Süden. Die Stadt hat als Ortspolizeibehörde eine Allgemeinverfügung erlassen: https://t1p.de/Verbotszone.

Zum Artikel

Erstellt:
31. Dezember 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen