Angeklagter schweigt zu den Tatvorwürfen

35-Jähriger aus Winnenden muss sich wegen versuchten Totschlags vor der Großen Strafkammer in Stuttgart verantworten.

Angeklagter schweigt zu den Tatvorwürfen

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Von Heike Rommel

WINNENDEN. Die 19. Große Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts hat gestern den Prozess gegen den 35-jährigen Iraker fortgesetzt, der am 25. Juni vergangenen Jahres zwischen der Haselsteinschule und dem Lessing-Gymnasium versuchten Totschlag an seiner Noch-Ehefrau begangen haben soll (wir berichteten). Der Mann hatte mehr als drei Wochen Zeit, sich zu überlegen, ob er Angaben zu den Tatvorwürfen macht oder nicht. Er macht weiterhin von seinem Schweigerecht Gebrauch. „Ich verlasse mich auf meine Rechtsanwältin“, sagte der Angeklagte, verteidigt durch Svenja Kiefer, am gestrigen Verhandlungstag. Zu den Tatvorwürfen äußerte er kein Wort. Der Vorsitzende Richter Norbert Winkelmann ließ die Notrufe abspielen, die am Tatabend nach 21.20 Uhr abgesetzt wurden. Die Anrufer meldeten sich unmittelbar aus dem Geschehen und schilderten den Zustand der Frau.

Die 35-Jährige war mit ihren Kindern vom Spielen gekommen, als ihr Noch-Ehemann mit einem abgebrochenen Flaschenhals auf sie losgegangen sein soll und ihr drei lange Schnitte in den Oberarm sowie einen Schnitt in die linke Körperseite beigebracht haben soll. Die Frau blutete auch am Scheitel, als sie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Anklage geht davon aus, dass es zu dem blutigen Ehedrama kam, weil der Mann die Frau dafür bestrafen wollte, dass er seine Kinder nicht sehen durfte. Die Frau wird am Donnerstag, 28. Januar, ab 9.30 Uhr als Zeugin gehört.

Die Notrufe sind als objektive Beweismittel bereits in die Verhandlung eingebracht. Sie kamen von Passanten, die dem Opfer zu Hilfe eilten. Im Hintergrund der Tonaufnahmen ist eine schreiende Frau zu hören, als eine junge männliche Stimme der Polizei „eine Schlägerei am Lessing-Gymnasium“ meldet. Der Anrufer klingt aufgeregt, sodass ihn der Polizeibeamte am anderen Ende der Leitung bitten muss, langsamer zu sprechen. Der Polizist lässt sich von dem Anrufer den Täter beschreiben: „schwarze Jacke, schwarze Hose, schwarze Schuhe, dunkle Haare, dunkelhäutig“. „Steht die Frau jetzt bei Ihnen?“, fragt der Polizist. „Ja“, antwortet der Anrufer, „sie hat eine offene Wunde.“ Der Polizeibeamte hält den Anrufer so lange in der Leitung, bis seine Kollegen aus dem losgeschickten Streifenwagen bei ihm sind.

Während sich ein zweiter Mann über Notruf bei der Polizei meldet, schreit eine Frau fürchterlich um Hilfe. Der Helfer fordert nicht nur die Polizei, sondern auch einen Rettungswagen an. Der dritte Notruf kam von einer Frau, die sagte: „Da wird jemand zusammengeschlagen.“ Der Angeklagte wurde erst um zwei Uhr in der Nacht an seiner Wohnanschrift festgenommen. Das Amtsgericht Waiblingen erließ Haftbefehl gegen den Iraker, der jetzt im Untersuchungsgefängnis Stuttgart-Stammheim sitzt.

Nach Informationen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft und der Polizei gab es schon vor der Bluttat im Schulzentrum gewalttätige Übergriffe des Angeklagten auf seine Frau. Für die einst gemeinsame Wohnung in Winnenden hatte die Polizei dem Mann einen Platzverweis erteilt.

Wie gefährlich die Verletzungen der 35-Jährigen mit dem abgebrochenen Flaschenhals waren, hat die Rechtsmedizinerin Adina Schweickhardt aus Tübingen untersucht. Sie hat ihr Gutachten noch nicht erstattet. Auch der Gerichtspsychiater Professor Nenad Vasic aus Göppingen hat noch keine Ausführungen über die Schuldfähigkeit und die Alkoholgewohnheiten des Angeklagten gemacht.

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Erstellt:
12. Januar 2021, 16:00 Uhr

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