Anklage wegen Mordversuchs in der EM-Fanzone
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein 25-jähriger Syrer auf dem Schlossplatz Türkei-Fans töten wollte.
Von Christine Bilger
Stuttgart - Es ist ein Angriff aus dem Nichts gewesen, der die fröhliche Stimmung der Europameisterschaft im Sommer in Stuttgart überschattet hat. Mitten auf dem prall gefüllten Schlossplatz hatte ein 25-jähriger Mann während der Übertragung eines Spiels unvermittelt mit einem Messer auf mehrere Menschen eingestochen. Anfangs war nicht klar, welches Motiv den Mann zu seiner Tat getrieben hatte, ein religiöses oder islamistisches Motiv wurde jedoch ausgeschlossen.
Inzwischen wertet die Staatsanwaltschaft Stuttgart den Fall als versuchten Mord in sechs Fällen, in vier Fällen davon tateinheitlich mit gefährlicher Körperverletzung. Explizit weißt die Ermittlungsbehörde darauf hin, dass es die Absicht des Täters war, Menschen zu töten. Nun hat sie Anklage am Stuttgarter Landgericht erhoben. Ein Verhandlungstermin ist noch nicht angesetzt.
Der Beschuldigte ist Syrer. Er war im hinteren Bereich der Fanzone auf dem Schlossplatz, der am Abend des 26. Juni fest in der Hand der Türkei-Fans war. Es war das letzte Gruppenspiel, Tschechien spielte gegen die Türkei. Kurz vor dem Abpfiff zückte der Mann dann das Messer.
Die Personen, die er angriff, sollen alle Trikots oder sonstige Fansymbole der türkischen Nationalmannschaft getragen haben. Die Staatsanwaltschaft kam in ihren Ermittlungen zu der Erkenntnis, dass den Mann ein Hass auf türkische Staatsangehörige angetrieben habe. Unter den Opfern waren türkische und deutsche Staatsangehörige.
Das erste Opfer war ein 38 Jahre alter Mann im Trikot der türkischen Mannschaft. Von hinten soll der Angreifer unvermittelt auf den Fußballfan eingestochen haben, der laut der Staatsanwaltschaft nicht mit einem Angriff rechnete. Er wurde lebensgefährlich verletzt, noch in der Nacht hatte die Polizei seinen Zustand als kritisch eingestuft. Ein 37-Jähriger versuchte, den Angreifer wegzuziehen. Auf diesen sei der Messerstecher ebenfalls losgegangen. Im weiteren Verlauf der Attacke soll der junge Mann noch einen 30-Jährigen mit dem Messer verfolgt haben, er holte ihn aber nicht ein. Dann verletzte er noch drei Männer im Alter von 60, 21 und 19 Jahren. Alle erlitten Stich- und Schnittverletzungen am Oberkörper. Mehrere Fußballfans und herbeieilende Polizeibeamte konnten den Mann gemeinsam stoppen und entwaffnen. Die Polizei nahm ihn fest. Er sitzt seit der Tat in Untersuchungshaft.