Anschlagsvorhaben aufs Fellbacher Rathaus: Angeklagte nennt Amokpläne reine Fantasie
Die 25-Jährige hatte vor einigen Jahren ein Attentat auf ihre alte Schule angekündigt, aber „nicht umgesetzt“. Ihre Schuldfähigkeit wird geprüft.
Von Heike Rommel
Fellbach/Waiblingen. Die mutmaßliche Amokläuferin aus Fellbach hat vor dem Stuttgarter Landgericht die geplanten Attentate auf das Fellbacher Rathaus und das Amtsgericht Waiblingen (wir berichteten) ins Reich der Fantasie verwiesen. Schriftliche Planungen, sagte sie, hätte sie nur als Ventil benutzt, weil sie sich von anderen gedemütigt und von den Behörden gegängelt gefühlt habe.
Das psychiatrische Gutachten über die 25-Jährige durch Professor Hermann Ebel wurde am fünften Verhandlungstag unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorgestellt. Die 18. Strafkammer unter Vorsitz von Richterin Kathrin Lauchstädt hatte einem entsprechenden Antrag des Verteidigers Jens Rabe stattgegeben.
Selbst sagte die Angeschuldigte zum Tatvorwurf des Vorbereitens schwerer staatsgefährdender Straftaten, sie habe diese im Rathaus Fellbach und im Amtsgericht Waiblingen, wo ein Fellbacher Rathausmitarbeiter Gewaltschutz gegen sie erwirkt hatte, gar nicht umsetzen wollen. Beschlagnahmte schriftliche Aufzeichnungen hätte sie nur verfasst, um ihre „innere Wut“ loszuwerden. Die Aufzeichnungen habe sie auch gar nicht mitnehmen wollen beim Umzug von einer Fellbacher Sozialunterkunft in eine Notunterkunft (Container). Hobbytechnisch umgebaute Schusswaffen, Harpunen, Macheten sowie Teile zum Bau von Rohrbomben habe sie nur im Gepäck gehabt, um diese zu verkaufen.
2014 schon mal Amoklauf an der eigenen Schule angekündigt
Aus einem Rückblick der 25-Jährigen auf ihren Lebenslauf ergab sich, dass sie sich bis zum Realschulabschluss in ihrer Schule gemobbt sah – wegen ihrer Kleidung und ihrer Musik. 2014 habe sie einen Amoklauf auf die Schule angekündigt, aber das sei nur ein Ausdruck ihrer Wut und Demütigung gewesen. Auch in einer Jugendwohngruppe, wo sie einer Mitarbeiterin mal eine Ohrfeige verpasst habe, sei es ihr nicht besser gegangen. 30 Sozialstunden vom Amtsgericht Waiblingen dafür habe sie außerdem fristgerecht abgearbeitet.
Aus dem Bundeszentralregister ging hervor, dass die junge Frau aufgrund eines Urteils des Amtsgerichts Waiblingen unter laufender Bewährung steht. Im Tenor dieses Urteils wegen Bedrohung, Beleidigung und Körperverletzung einer Fellbacher Rathausmitarbeiterin und Körperverletzung einer 85-Jährigen auf einem Fellbacher Gehweg war von Borderline die Rede.
„Ich hatte niemals vor, eine schwere staatsgefährdende Straftat in die Realität umzusetzen“, wiederholte die Beschuldigte, bevor der Psychiater vor dem Landgericht nicht öffentliche Ausführungen über ihren Gesundheitszustand und damit über ihre Schuldfähigkeit machte. Bei den schriftlichen Aufzeichnungen, laut denen sie unter anderem mit einer Pfeilharpune eine Glastür im Fellbacher Rathaus zerstören wollte, sei es ihr nur „um die Bilder in meinem Kopf“ gegangen. Auch der immer wieder notierte „Tag X“ habe nichts mit der Realität zu tun.
„Ich lasse mir von Ämtern nicht vorschreiben, wie ich zu leben habe“, schilderte die 25-Jährige ohne Ausbildung und Beruf, wie es für sie war, mit drohender Obdachlosigkeit zurechtzukommen. Selbst hat sie sich freiwillig in Krankenhäuser eingewiesen wie zum Beispiel ins ZfP Winnenden, wo sie von der Polizei abgeholt und über einen Haftrichter ins Frauengefängnis Schwäbisch Gmünd gebracht wurde.
Die Schlussvorträge von Staatsanwalt Patrick Bader und dem Verteidiger Jens Rabe in diesem Fall werden am Mittwoch, 5. Juni, erwartet. Kleinere Anklagepunkte aus Auseinandersetzungen mit Mitbewohnern in der Fellbacher Sozialunterkunft oder mit Mitarbeitern in einem Fellbacher Supermarkt hat das Gericht eingestellt, zumal diese keine Auswirkungen auf die im Gesamten zu verhängende Strafe hätten.