Ansturm durch ruhig flackernde Kerzen
Zwei Tage Mühlenweihnacht rund um die Glattenzainbachmühle bei Kirchenkirnberg – Wundersamer „Anti“-Weihnachtsmarkt
Auch wenn sich bei über 1000 Besuchern am Samstag die Frage stellen mag, wie „geheim“ die Mühlenweihnacht noch ist: Die liebevollst gestaltete Glattenzainbachmühle bei Kirchenkirnberg präsentiert sich zum vierten Mal als vorweihnachtliche Anlaufstelle für alle, die dem Geschubse und blinkendem Kommerz entkommen möchten.

© Jörg Fiedler
Die Mühlenweihnacht rund um die Glattenzainbachmühle ist längst kein Geheimtipp mehr, ein Besuch aber trotzdem noch lohnenswert. Foto: J. Fiedler
Von Heidrun Gehrke
MURRHARDT. So ist es mit Geheimtipps – ob in der Urlaubsregion oder auf den Weihnachtsmarktlandkarten der Gegend: Kaum ist ein Markt so ganz anders und, wie im Falle der idyllischen Mühlenweihnacht, durchdacht anders, zieht er viele Neugierige an. An seinem Zauber hat er nichts eingebüßt, auch wenn die adventliche Idylle bei hereinbrechender Dunkelheit gestürmt wird. Die Besucher kommen hergewandert, flankiert von Kerzen in aufgestellten Gläsern – ein ruhig flackerndes „Willkommen“ im wahrlich wundersamen „Anti“-Weihnachtsmarkt. Die Besucher machen es sich an den Feuerstellen gemütlich, die bis in die Abendstunden wärmen.
„Hier hat es alles, was es braucht, aber von allem nicht zu viel“, sagt Naturparkführer Walter Hieber, der zusammen mit Naturparkführer Manfred Krauter und den Mühlenbewohnern Anja und Timo Hübner alles zum fünften Mal organisiert hat, davon zum vierten Mal in der Glattenzainbachmühle. Bewusst ohne „Dauerbeschallung“, wie Manfred Krauter sagt. „Man kann ja schon jetzt keine Weihnachtslieder mehr hören.“ Die Ohren vernehmen den rauschenden Bach und etwas Wind, der durch die Bäume fegt. Weil die Fahrzeuge einige hundert Meter entfernt abgestellt werden müssen, entfällt eine weitere Geräuschkulisse.
Die hier gewiss irritieren würde, denn das Gelände pendelt auf Entschleunigung ein: Mitten in der Natur, am Waldrand, umrahmt vom Ambiente der altehrwürdigen Mühle trifft man auf viel Holz – brennend oder als Bastelmaterial. Das Holz stammt nach Auskunft von Walter Hieber aus Murrhardter Wäldern. Aus Nachhaltigkeitsaspekten gibt es wenig bis nichts zu murren. Und nicht mal am Schmuddelwetter wird Anstoß genommen: Selbst als zwischendurch leichter Nieselregen in die ebenfalls regionale Galloway-Rindfleisch-Gulaschsuppe tropft, harren viele aus.
Als es dunkel wird, entfaltet sich Lichterzauber. Die Veranstalter haben – gefühlt, nicht nachgezählt – 1000 Lichtquellen überall verteilt, Feuerschalen und einen Ofen für die Outdoor-Wohnzimmer-Atmosphäre angeheizt. Auf den Moment hat Familie Thomas aus Althütte gewartet, zum dritten Mal sind sie mit Sohn Julian dabei. „Wir kannten die Mühle vorher gar nicht, haben sie nun aber lieben gelernt“, meinen sie.
Eine weitere Besonderheit der Mühlenweihnacht liegt darin, dass ausschließlich Privatleute zugange sind. Die „Hausherren“ Anja und Timo Hübner schenken Glühwein aus, am Stand mit den extra vom Landmetzger kreierten Spekulatius-Würsten stehen Freunde, Bekannte und Naturparkführer. Aufgebaut wurden die Buden von einem Verein aus Rienharz. Auch die von Privatleuten organisierten Mitmachangebote kommen sehr gut an. Ein Märchen von den Wurzelmännchen eröffnet den Reigen an Geschichten in der Mahlstube.
„Sehr gute Stimmung, top Tag“, zieht Mit-Organisator Walter Hieber am Samstag ein Fazit. Für den Sonntag erwartet er, je nach Wetter, nochmals die doppelte Besucherzahl: „Wir sind bereit“
Die erste Auflage der Mühlenweihnacht fand an der Heinlesmühle statt. Seit 2016 dient die Glattenzainbachmühle als malerische Kulisse für das zweitägige „Entschleunigungs-Angebot“.