Aspacherin hat das Gassigehen zum Beruf gemacht
Natalie Hoffmann hat sich als Dogwalkerin selbstständig gemacht. Mit ihrem Hundemobil holt die tiermedizinische Fachangestellte täglich bis zu zehn Vierbeiner daheim ab, um mit ihnen dann ausgedehnte Spaziergänge in Feld, Wald und Flur zu machen.
Von Nicola Scharpf
Aspach. Alles begann mit einer scherzhaften Feststellung: „Du bist ein richtiger Dogwalker.“ Das sagte eine Freundin zu Natalie Hoffmann, weil diese mit ihren Hündinnen Fussel und Nila tagtäglich stundenlang und kilometerweit zum Spazierengehen in der Natur unterwegs war. Aus dem Spruch hat sich inzwischen ein Unternehmen entwickelt. Natalie Hoffmann hat ihr Hobby, mit Hunden Gassi zu gehen, zum Beruf gemacht. Seit zwei Jahren ist die 27-Jährige mit „Dogventures“ als Dogwalkerin selbstständig tätig – und hat offenbar einen Nerv getroffen. Zu der Zeit, als viele Berufstätige nach der Phase des coronabedingten Homeoffice wieder ins Büro wechselten und ihren Hunden nicht mehr genug Bewegung bieten konnten, kam Hoffmann vielen mit ihrer neuen Dienstleistung offenbar gelegen. Bis heute bekommt sie mehr Anfragen, als Plätze zur Verfügung stehen.
An diesem Nachmittag sind Tyson und Mike, Cyrie und Konya, Blue, Simba, Nila und wie sie alle heißen im Hundeglück.
Die Montagsrunde startet beim Rietenauer Wanderparkplatz ihren Dogwalk ins Heiligental. Elf Hunde tollen ausgelassen über die Wiesen, spielen miteinander oder springen in den Bach und fühlen sich sichtlich pudelwohl. Was für ein Gewusel.
„Sie dürfen Hund sein“, sagt Natalie Hoffmann mittendrin, das Treiben überwachend. „Stöcke dürfen sie nicht haben wegen des Verletzungsrisikos und weil sie Streitobjekte sind. Da hört der Spaß auf“, sagt die gelernte tiermedizinische Fachangestellte. Und die Hunde müssen ihrer Dogwalkerin aufs Wort folgen. Außerdem müssen sie verträglich sein und fit genug, um Strecken von acht bis zehn Kilometern zu schaffen. Rüden können zum Dogwalk nur mit, wenn sie kastriert sind.
Sie hat ihre Rasselbande im Griff
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wovon sich Hoffmann vor der Neuaufnahme eines Hundes in eine Gruppe bei einem Probelauf überzeugt, erfahren die Vierbeiner viel Freiheit: Hoffmann lässt die Tiere bei ihren Runden frei, ohne Spannung und Leine laufen. „Das ist mir wichtig“, sagt sie. „Das musste ich mir aber auch erarbeiten.“ Als Hoffman noch neu mit ihrem Gassiservice in der Natur unterwegs war, war die wilde Hundemeute vor allem Jägern ein Dorn im Auge – bis sie merkten, dass die junge Frau ihre Rasselbande auch ohne Leine im Griff hat. Von anderen Spaziergängern erhalte sie häufig bewundernde Kommentare, wenn zehn Hunde auf ihr Kommando „Sitz!“ oder „Platz!“ machen oder das Stoppsignal befolgen. „Ich bin die Spaßtante, aber die Hunde müssen trotzdem funktionieren.“
Wer wird schon unfolgsam sein, wenn er auf Abenteuertour mit seinesgleichen gehen darf? Die meisten der Hunde, die Natalie Hoffmann per Hundemobil, einem Kleinbus mit mehreren eingebauten Hundeboxen, zu Hause abholt, können es kaum erwarten loszufahren. Sobald sich die Haustür öffnet, rasen sie los und springen ins Hundemobil rein. „Simbas Besitzer erzählt, dass der Hund ausrastet, sobald er den Namen Natalie hört“, erzählt die Dogwalkerin. Populär ist sie auch bei den Besitzern, die merken, dass ihren Tieren das Dogwalking guttut, sie sozialisiert sind und nach der Tour ausgepowert, ausgeglichen und zufrieden mehrere Stunden schlafen. Das Bedürfnis des Hundes nach Bewegung lässt sich so mit dem beruflichen Alltag vereinbaren.
Als Natalie Hoffmann zwölf Jahre alt war, bekam ihre Familie den ersten Hund – einen Schäferhundmischling aus Griechenland mit wenig Vertrauen in Menschen,
ein schwieriges Tier. Die ältere Hundedame Fussel aus Mallorca, die vor knapp zehn Jahren in Hoffmanns Leben trat, war „fünf Kilo volle Sturheit“, sagt die Hundeexpertin lachend. „Sie war meine Lehrerin.“ Weiter gelernt hat Hoffmann dann von der schwer erziehbaren Huskyhündin Nila, die ihr ab 2018 eine zunächst sehr anstrengende Zeit bescherte. Geduld, Zeit und Erziehung haben sich ausgezahlt, Hoffmann bezeichnet Nila mittlerweile als Verlasshündin. „Bei den Dogwalks ist sie mir eine große Hilfe, weil sie trennend dazwischengeht, wenn es zu wild wird.“ Sowohl ihre Hundeerfahrung als auch ihre Berufsausbildung kommen Hoffmann als Dogwalkerin zugute. „Ich lerne die Hunde, ihre Reaktionen und Bedürfnisse schnell kennen.“
Mindestens zwei Stunden unterwegs
Ihre täglichen Touren starten ab der Tierarztpraxis in Leutenbach, in der Hoffmann vormittags als Tierarzthelferin arbeitet. Danach steigt sie mit Nila ins Hundemobil und holt die anderen Hunde zu Hause ab. In einem Gebiet zwischen Waiblingen und Winnenden über Schwaikheim und Erbstetten bis Aspach und Großbottwar fährt sie so jeden Tag bis zu 150 Kilometer.
Sind alle an Bord, starten gegen 13 Uhr die Dogwalks an verschiedenen Stellen in Feld, Wald und Flur. Mindestens zwei Stunden ist Natalie Hoffmann mit den Hunden unterwegs. „Ich laufe bei jedem Wetter. Ich bin schon 100-mal nass geworden bis auf die Unterhose.“ Hoffmann verspricht, die Hunde nach der Runde sauber wieder nach Hause zu bringen, hat zu diesem Zweck eine Hundedusche im Auto und Tücher. Und abends, wenn sie mit Nila daheim in Schwaikheim ist, geht Natalie Hoffmann erst mal eine Runde mit ihrer Huskyhündin. Sie ist eben eine richtige Dogwalkerin.
Trend In den USA ist Dogwalking längst ein Trend: Hundebesitzer buchen einen Dogwalker, der gegen Bezahlung mit ihrem Hund spazieren geht. Anders als in den USA, wo es vor allem in den Städten bereits viele professionelle Dogwalker gibt, ist Dogwalking hierzulande zwar kein staatlich anerkannter Beruf, doch auch hier steigt die Nachfrage an.
Verantwortung Professionelle Dogwalker sind sich ihrer Verantwortung bewusst und in der Lage, ihrer Gruppe innerhalb von Grenzen die maximale Freiheit im Freilauf zu gewähren. Wer eine Hundegruppe managen und führen will, braucht ein tiefes Verständnis für diesen Beruf. Es gibt immer mehr Menschen, die im Nebenjob oder als selbstständige Einzelunternehmer ihren Dienst als Dogwalker anbieten. Gleichzeitig haben auch Hundetrainerschulen, verschiedene Hundeservices oder Schulungszentren den Trend erkannt und bieten Schulungen, Online-Kurse, Weiterbildungen oder Lehrgänge an. Auch wenn es keine Berufsausbildung im klassischen Sinn gibt, ist es sinnvoll, die Ausbildungsmöglichkeiten zum Dogwalker, wie sie verschiedene Organisationen, Institutionen oder Vereinen anbieten, in Erwägung zu ziehen. Zwar braucht ein Dogwalker für die Ausübung seines Jobs keinen Sachkundenachweis wie etwa Personen, die eine Hundetagesstätte betreiben, doch ein Zertifikat, ein Abschlusszeugnis, eine Teilnahmebestätigung oder eine Dogwalking-Lizenz geben dem Dogwalker eine gewisse Sicherheit mit auf den Weg.