Rätsel des Universums

Astronomen entdecken Planeten, der langsam zerfällt

Astronomen haben einen kleinen Gesteinsplaneten entdeckt, der in rasantem Tempo Material verliert. Alle 30 Stunden verdampft einer ganzer Mount Everest an Gestein von seiner glühend heißen Magmaoberfläche und kondensiert dann im Weltraum zu einem neun Millionen Kilometer langen Staubschweif aus.

In nur 140 Lichtjahren Entfernung haben Astronomen einen zerfallenden Gesteinsplaneten mit neun Millionen Kilometer langem Kometenschweif entdeckt.

© © Jose-Luis Olivares/Massachusetts Institute of Technology (MIT)

In nur 140 Lichtjahren Entfernung haben Astronomen einen zerfallenden Gesteinsplaneten mit neun Millionen Kilometer langem Kometenschweif entdeckt.

Von Markus Brauer

Rund Exoplaneten haben Astronomen bisher entdeckt. Ein winziger Bruchteil dessen, was weit draußen im Weltall noch an erdähnlichen Planeten herumschwirrt. Einige dieser Himmelskörper kommen ihrem Heimatstern gefährlich nahe. Meist handelt es sich dabei um große Gasriesen – sogenannte heiße Jupiter.

Zur Info: Heiße Jupiter sind die extremsten Himmelskörper unter den Planeten. Sie bezeichnen eine Klasse von Exoplaneten, deren Masse etwa der des Jupiter entspricht oder diese übersteigt und deren Oberflächentemperatur deutlich höher ist als die des Jupiter (-108 Grad Celsius).

Die große Anziehungskraft ihres nahen Sterns saugt diesen Planeten Gas aus der Hülle ab. Die Folge: Diu Gasriesen ziehen eine Art gigantischen Kometenschweif hinter sich her.

Zerfallende Gesteinsplaneten

Wenn es bei diesen Objekten um kleine, sternennahe Gesteinsplaneten handelt, gehts es buchstäblich ans Eingemachte. Bei diesen Exoplaneten besteht der Kometenschweif nicht aus Gas, sondern aus verdampftem Gestein, das von der glühend heißen Oberfläche ins Weltall gesaugt wird.

Das Gestein kondensiert im Weltraum aus und bildet einen langen Staubschweif hinter dem Planeten. Mit der Zeit verliert er immer mehr an Gestein und schrumpft, bis er schließlich vollständig zerfällt.

Für die Sternenwissenschaft sind solche todgeweihten Schweifplaneten deshalb besonders aufschlussreich, weil der Staubschweif Informationen über Mineralen und Elemente der Planetenkruste verraten könnte.

Asymmetrischer Planetentransit verrät Schweif

Bisher waren drei zerfallende Exoplaneten mit Kometenschweif bekannt, die allesamt sehr lichtschwache Zwergsterne umkreisen. „Das verhinderte weitere Beobachtungen mit existierenden Teleskopen“, erklären Marc Hon und sein Team vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge bei Boston.

Die Astronomen haben jetzt einen vierten und erstmals einen zerfallenden Gesteinsplaneten mit Kometenschweif um den Stern BD+05 4868 A aufgespürt. Den rund 40 Lichtjahre von der Erde entfernten Planeten haben sie BD+05 4868 Ab getauft.

Die Studie ist im Fachmagazin „The Astrophysical Journal Letters“ erschienen.

Rapidly Disintegrating Planet BD+054868Ab Produces A Comet-like Tailhttps://t.co/b38CoPNmrG#astrobiology#exoplanetpic.twitter.com/nrgnGpjnoh — Astrobiology (@astrobiology) April 22, 2025

Längster „Kometenschweif“ bei einem Gesteinsplaneten

BD+05 4868 Ab hat etwa die Masse des Planeten Merkur, umkreist seinen Stern aber sehr viel näher als der innerste Planet unseres Sonnensystems. Der Exoplanet benötigt gerade mal 30,5 Stunden für die Umkreisung und wird auf mehr als 1600 Grad aufgeheizt, wie die Astronomen schreiben.

Die Oberfläche des kleinen Gesteinsplaneten ist von kochenden Magmaozeanen bedeckt. Aus ihnen steigen große Mengen Gesteinsdampf auf und werden ins All hinaus geschleudert.

Die Folge ist ein langer Kometenschweif aus kondensiertem Gesteinsmaterial. „Das Ausmaß dieses Schweifs ist gigantisch: Er ist rund neun Millionen Kilometer lang und reicht halb um die besamte Bahn dieses Planeten“, berichtet Hon. Dieser Schweifplanet ist damit erst der vierte bekannte Gesteinsplanet mit einem solchen Schweif – und er hat den längsten und dichtesten „Kometenschweif“ dieser vier.

Zwei Millionen Tonnen Materialverlust pro Sekunde

Der Exoplanet wird – in kosmischen Dimensionen betrachtet – nicht mehr lange existieren. Hon und sein Team haben berechnet, dass BD+05 4868 Ab pro Sekunde zwei Millionen Tonnen Gesteinsmaterial verliert. Das entspricht pro 30-stündigem Umlauf dieses Planeten um seinen Stern einem Materialverlust von der Masse des Mount Everest. Schon in ein bis zwei Millionen Jahren wird er vollständig zerstört sein.

„Wir hatten Glück, dass wir diesen Planeten noch gefunden haben, bevor kaum noch etwas übrig ist“, betont Koautor Avi Shporer vom MIT. „Dies ist ein kleines Objekt mit entsprechend schwacher Schwerkraft, daher verliert der Planet besonders viel Masse“, so Shporer. Doch dieser Masseverlust schwächt die Schwerkraft von BD+05 4868 Ab noch mehr und beschleunigt so den Verlust an Gesteinsmaterial immer mehr.

Einzigartige Beobachtungschance für Astronomen

Damit ist der kleine Schweifplanet nicht nur der am schnellsten zerfallende aller vier bisher bekannten Gesteinsplaneten mit Schweif. „Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, die Zusammensetzung eines extrasolaren Gesteinsplaneten direkt zu messen“, unterstreicht Hon. Denn der Stern dieses Schweifplaneten ist hell genug, um das durch den Schweif fallende Licht spektrografisch zu analysieren.

Das Team um Hon hat für den Sommer 2025 bereits Beobachtungszeit am James-Webb-Teleskop gebucht, um den zerfallenden Exoplaneten BD+05 4868 Ab und seinen „Kometenschweif“ zu untersuchen. „Dies könnte uns eine Menge über die Vielfalt und potenzielle Lebensfreundlichkeit von erdähnlichen Planeten jenseits unseres Sonnensystems verraten“, sagt Hon.

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Erstellt:
23. April 2025, 14:34 Uhr

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