Auf das Inferno folgt in Bartenbach die Unsicherheit
Familie Wagner aus dem Sulzbacher Ortsteil Bartenbach hat bei dem Dachstuhlbrand am vergangenen Dienstag nicht nur ihr Zuhause, sondern auch ihre Zukunftsperspektive für die kommenden Jahre verloren. Die große Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft ist jedoch ein Lichtblick.
Sulzbach an der Murr. Eingebettet zwischen der Märchenstraße und der Straße Im Märchengarten hatten sich Michael und Svetlana Wagner mit ihren Kindern, dem fünfjährigen Timur und der zehn Monate alten Mira, sowie Michael Wagners Mutter Elena (65) ein gemütliches Zuhause aufgebaut. „Ein bisschen etwas Märchenhaftes entstehen zu lassen, das war mein Plan“, sagt der 42-Jährige. Am Dienstagnachmittag ist dieser Plan jedoch in Flammen aufgegangen. Nach dem Dachstuhlbrand im Ortsteil Bartenbach ist vom Zuhause der Wagners nur noch eine Brandruine übrig.
Im Sommer 2022 habe er das Haus gekauft, erinnert sich Wagner. Vor etwa sieben Jahren war der Feinwerkmechanikermeister für eine Stelle beim Spritzgussspezialisten Technoplast aus Nordrhein-Westfalen nach Murrhardt gezogen und hatte dort zunächst eine Wohnung gemietet. „Ich wollte aber etwas Eigenes haben“, sagt er. Immer wieder fiel ihm in Bartenbach bei der Durchfahrt das seit vielen Jahren zum Verkauf stehende Haus an der Hauptstraße auf. Irgendwann reifte der Entschluss: „Das passt einfach zu uns als Familie.“
In der zweiten Wohnung waren nur noch Schönheitsreparaturen zu machen
Innen sei das Haus in einem desolaten Zustand gewesen, aber eine umfangreiche Sanierung schreckte ihn als Handwerker nicht ab. „Ich habe da Potenzial drin gesehen“, sagt er. Um seine Mutter, die mittlerweile alleine in Nordrhein-Westfalen lebte, zu sich und den Enkeln holen zu können, wurde noch im selben Jahr eine der insgesamt drei Wohnungen im Gebäude auf Vordermann gebracht. Die zweite Wohnung, in welche die Wagners selbst einzogen, sei mittlerweile ebenfalls so gut wie fertig gewesen. „Ich habe alles selbst gemacht, es waren jetzt nur noch Schönheitsfehler zu verbessern, tapezieren und solche Sachen“, erzählt der aus Kasachstan stammende Familienvater. Die dritte Wohnung sei noch weitgehend unangetastet gewesen. Wie es angesichts der völlig neuen Ausstattung zu einem Brand habe kommen können, sei für ihn immer noch unerklärlich, so Wagner.
Keine Erkenntnisse zur Brandursache
Gegen 13 Uhr habe sich die Familie wie so oft für einen längeren Spaziergang an der Murr bereit gemacht, lässt Michael Wagner den Dienstagnachmittag Revue passieren. „Unsere kleine Tochter schläft draußen immer am besten.“ Der 42-Jährige ist seit rund einem Jahr aufgrund eines Augenleidens krankgeschrieben, hat bereits mehrere Operationen hinter und mindestens eine weitere vor sich. Ungefähr auf halber Strecke habe ihn dann seine Mutter, die im Haus geblieben war, telefonisch erreicht, nachdem sie es schon zuvor mehrfach vergeblich versucht hatte. Ihre Nachricht war kurz, aber drastisch: „Dein Haus brennt.“
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Auch die Polizei hat offenbar noch keine weiteren Erkenntnisse zur Brandursache gewinnen können. „Bei Bränden verfahren wir nach dem sogenannten Eliminationsverfahren. Das heißt, dass wir alle möglichen Brandursachen, davon gibt es ja nicht so viele, der Reihe nach abprüfen, und was übrig bleibt, nehmen wir als Brandursache an“, erklärt Robert Silbe, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen. „Es ist also in den seltensten Fällen so, dass sich die Brandursache anhand von physischen Beweisen konkret nachvollziehen lässt.“
Von der Hilfsbereitschaft überwältigt
Drei Tage nach dem Brand sitzt Michael Wagner in der Sulzbacher Wohnung, welche die Gemeindeverwaltung kurzfristig für die Familie organisieren konnte. Er ist dankbar für die Unterkunft, obwohl sie mit ihrem engen Treppenhaus und den vielen Stufen für seine Frau und die kleinen Kinder nicht ideal sei. In den vergangenen Tagen hat er viel telefoniert und organisiert, Besorgungen gemacht und vor allem Spenden abgeholt, denn die Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft (siehe Infotext) ist enorm. „Es gibt hier viele gute Menschen, wir sind davon völlig überwältigt.“ Er habe sich schwer damit getan, überhaupt Hilfe anzunehmen, aber letztlich habe er keine Wahl. „Ich weiß nicht, was uns bevorsteht, ob und wie viel wir von der Versicherung bekommen, ob wir auf den Kosten sitzen bleiben“, verleiht Michael Wagner seinen Sorgen Ausdruck. „Ich brauche einen Puffer, vor allem um die Kreditraten zahlen zu können.“ Auch mit der Bank müsse er sich jetzt erst mal zusammensetzen. „Aber die werden uns natürlich auch nicht einfach so rauslassen. Es ist alles nicht so einfach.“
Die Zukunft der Wagners ist damit mehr denn je ungewiss. Sollte er mit der Versicherung und der Bank ein gutes Übereinkommen erzielen, will Wagner gerne mit der Familie in Sulzbach bleiben, wo er Arbeit hat und der Sohn in den Kindergarten geht. Fürs Erste wollen sie sich nach einer Mietwohnung umschauen. Der Traum vom Haus im Märchengarten: Ein wenig lebt er trotzdem weiter.
Geldspenden Auf der Spendenplattform Gofundme hat Jessica Kling aus Sulzbach an der Murr eine Kampagne gestartet, die Stand gestern bereits rund 18000 Euro eingespielt hat. Wer spenden möchte, hat dazu unter www.gofundme.com/f/familie-verliert-ihr-zuhause die Möglichkeit. Laut Beschreibung auf der Website möchte Kling, deren Kind gemeinsam mit Timur Wagner den Kindergarten Ziegeläcker besucht, das gespendete Geld transparent im Kindergarten oder im Rathaus an die Familie übergeben.
Sachspenden Auch bei der Gemeinde sind laut Bürgermeisterin Veronika Franco Olias viele Anfragen eingegangen, wie man der Familie durch Sachspenden helfen kann. Das Rathausteam sammelt die Anfragen beispielsweise per E-Mail unter bma@sulzbach-murr.de oder telefonisch unter 07193/510 und leitet diese direkt an die Familie weiter.