Auf der Suche nach dem Biber an der Murr
In Backnang sind im vergangenen Jahr Exemplare des größten Nagetiers Europas gesichtet worden. Auch gibt es seit Wochen verschiedene Nachweise entlang der Murr. Zusammen mit Biberberaterin Heike Bader haben wir dem nachgespürt.

Im Mai ist es Stefan Gräter gelungen, einen Biber in Backnang zu fotografieren. Foto: S. Gräter
Von Lorena Greppo
Rems-Murr. In der Gegend um Welzheim und Alfdorf sind Biber schon seit längerer Zeit wieder aktiv (wir berichteten). Biberberaterin Heike Bader hat die Nager dort sogar schon beobachten können. An der Murr hat sie bislang nur Spuren der Tiere entdeckt, unter anderem in Murrhardt und Backnang. Die Nachweise in Backnang seien sogar recht frisch – ob hier Tiere auf der Durchreise sind oder sich ansiedeln wollen, ist noch nicht ganz ersichtlich. Für neugierige Menschen, wie es Journalisten für gewöhnlich sind, ein gefundenes Fressen. Könnte man sich da womöglich mal auf die Suche nach den Nagetieren machen? Klar, sagt Bader, dämpft aber die Hoffnungen sogleich: „Ich habe mich schon nachts für ein paar Stunden in der Gegend aufgehalten, hatte aber kein Glück“, erzählt sie. Besser erging es Stefan Gräter, der im Mai vergangenen Jahres Jungtiere auf der Durchreise an den Etzwiesen entdeckte und fotografierte. „Ich war völlig überrascht, den Biber zu treffen“, berichtet er. Über das Landratsamt wurde ihm bestätigt, dass es sich um den Castor fiber handelt, der markante Schwanz lieferte den Beweis.
Noch handelt es sich bei den aktuellen Bibernachweisen an der Murr um vereinzelte Spuren. Der genaue Standort soll daher nicht preisgegeben werden. Wenn die Nager es sich aber erst mal gemütlich gemacht haben, könnte sich Heike Bader auch vorstellen, Führungen mit Schulklassen oder anderen Interessierten anzubieten. „Das wäre eine großartige Sache“, findet sie. Die Einschätzung des Landratsamts besagt, dass in den kommenden Jahren an der Murr mit Biberaktivitäten zu rechnen sei. Vielleicht schon in Kürze? Wir gehen dem nach.
Die Spuren sind ziemlich frisch
Vom Treffpunkt aus ist es gar nicht weit bis zur ersten Biberspur. Heike Bader hält an, zeigt auf eine Stelle auf der anderen Flussseite. Für das ungeübte Auge sieht das Ufer ganz normal aus, die Expertin hingegen hat etwas entdeckt. „Das ist ein Paradeausstieg“, sagt sie schmunzelnd ob des verwirrten Blicks. Doch tatsächlich, beim genaueren Hinsehen erkennt man es: An einer Stelle am Ufer ist weniger Vegetation vorhanden, der Boden weist Spuren auf, die wohl von Krallen herrühren.
Weiter geht es am Fluss entlang und unter fachkundiger Führung der Biberberaterin entdecken wir schnell Fraßspuren. „Im Winter sieht man die Spuren viel besser“, erklärt Bader. Denn im Sommer fällen die Biber für gewöhnlich keine Bäume. Unter anderem Äcker in Flussnähe bieten eine Versorgung mit Gemüse. Zwar entfernen sich die Nagetiere nicht allzu weit vom Gewässer, doch ein Biberrevier, erklärt die Fachfrau, könne sich über mehrere Kilometer am Fluss entlang erstrecken.
Das Murrufer in Backnang, findet Heike Bader, würde sich als Revier eignen. „Futtermaterial ist genügend da.“ Baumrinde, Sträucher, Weidenschösslinge – sie alle stehen auf dem Speiseplan des Nagers. Mit einem Kaudruck von 120 Kilogramm – sechsmal so viel wie beim Menschen – kann er im Erwachsenenalter auch große Bäume zu Fall bringen. „Dem Biber muss man keinen Lebensraum geben, er schafft ihn sich selbst“, sagt Heike Bader dazu. Nicht umsonst gilt er als Baumeister und Biotopgestalter. Die Tiere seien zudem stur, von der Anwesenheit von Menschen ließen sie sich nicht aus dem Konzept bringen. Die Gefahren liegen eher anderswo: So mancher Jungbiber stirbt, wenn er den Familienverband verlässt, um ein eigenes Revier zu suchen. „Straßenverkehr wird ihnen oft zum Verhängnis“, erklärt die Biberberaterin.
Doch zurück zur Bibersuche. Die Spuren, sagt Heike Bader, sind sehr, sehr frisch. „Hier scheint jemand aktiv zu sein.“ Und für Biber, die nur auf dem Durchzug sind, seien es zu viele Spuren. Das ist wohl auch bei manchen Menschen nicht unbemerkt geblieben, denn neben angenagten Bäumen und Ästen finden wir auch Möhren. Die habe wohl jemand als Futter bereitgelegt, mutmaßt Heike Bader.
Die Verursacher sind noch recht jung
Ob es sich in Backnang um einen einzelnen Biber handelt oder mehrere, könne sie nicht sicher sagen. Wohl aber, dass die Verursacher der Spuren noch vergleichsweise jung sind. Der Grund: „Es sind nur relativ kleine Bäume abgenagt.“ Ein ausgewachsener Castor fiber kann auch große, alte Bäume fällen. Das wiederum lasse sich in Alfdorf und Welzheim sehr gut beobachten, wo sich schon Biberfamilien angesiedelt und Burgen gebaut haben. In Backnang, sagt die Fachfrau, sind wohl junge Tiere auf Reviersuche. Dass es sich bei den zahlreichen entrindeten und gefällten Bäumen und Ästen um das Werk des Bibers handelt, ist für Heike Bader zweifelsfrei erkennbar: Menschen sägen Bäume rechtwinklig zum Wachstum ab, erklärt sie. Biber hingegen spitzen die Äste und Stämme zu.
Auch bei diesem Rundgang durch das Gebiet an der Murr bleibt es beim Erkennen von Nachweisen, der Nager selbst lässt sich nicht blicken. Heike Bader schaut etwa zweimal in der Woche nach neuen Spuren. Und wer weiß, vielleicht läuft ihr dabei irgendwann auch ein Biber über den Weg.

Die Rückkehr des Bibers scheint nicht unbemerkt geblieben zu sein: Jemand hat den Tieren Möhren mitgebracht. Auch die umliegenden Äste wurden sichtbar abgenagt. Foto: privat