Aufräumen nach dem Starkregen im Rems-Murr-Kreis

In Burgstetten gibt es im Freibad, bei den Sportanlagen und der Kläranlage große Schäden nach dem Starkregen am Mittwochabend. Auch Schöntal und Aspach sind betroffen. Die Aufräumarbeiten laufen. Besonders die Hilfsbereitschaft in den Kommunen bewegt die Betroffenen.

In Rietenau und Großaspach stehen Straßen unter Wasser. Foto: Dietmar van der Linden

In Rietenau und Großaspach stehen Straßen unter Wasser. Foto: Dietmar van der Linden

Von Kristin Doberer

Rems-Murr. Erst sieht es am Mittwochnachmittag nur nach einem kurzen Sommergewitter aus, dann wird der Regen immer heftiger und heftiger – und hört einfach nicht auf. So lange, bis das Becken im Erbstettener Freibad nicht mehr von der Wassermasse links und rechts davon zu unterscheiden ist und sich die Engstelle an der Kasse des Bädles zu einem kleinen Fluss entwickelt. „Das Wasser ist da richtig durchgeschossen“, sagt Bademeister Uwe Meyners. In kürzester Zeit kommt das Wasser von überall, noch dazu verstopft Hagel die Abflüsse, das Bädle ist quasi eingeschlossen von den Wassermassen. „Wir haben dann die Feuerwehr gerufen. Die haben ein Seil gespannt, sodass die Gäste sicher das Freibad verlassen konnten.“ Eine solche Niederschlagsmenge wie am Mittwoch – und zwar in so kurzer Zeit –, das habe er bisher noch nicht erlebt.

Im Bädle war am Donnerstag dann erst mal Aufräumen auf der Tagesordnung. Ein Gutachter kam zur ersten Schadenseinschätzung, der Elektriker war im Einsatz und die technischen Anlagen wurden gesäubert und geprüft. Die Filteranlage könne man vermutlich retten, meint der Bademeister. Wie es allerdings mit den Pumpen und der weiteren Technik aussieht, das könne man erst sehen, sobald alles vom Schlamm befreit ist. Das Becken selbst, jetzt voll mit dreckigem, braunem Wasser, wird vorerst nicht abgepumpt. Der Grund: Weitere Gewitter sind gemeldet. Wenn das Becken leer ist, aber zu viel Grundwasser nach oben drückt, könnte das Becken beschädigt werden. Die Kioskbetreiber im Bädle wissen noch gar nicht, wo sie eigentlich zuerst Hand anlegen sollen. Nach vorherigen Hochwasserlagen haben sie extra Barrieren eingebaut – doch das Wasser stieg am Mittwoch so hoch, dass es einfach darüber floss. Im Inneren des Kiosks ist noch alles voller Schlamm; die Wassermassen waren so stark, dass sie selbst eine volle Gefriertruhe durch den Raum geschoben haben.

Im Freibad Erbstetten wird man vorerst nicht schwimmen können. Der Starkregen am Mittwoch hat große Schäden verursacht. Fotos: privat

Im Freibad Erbstetten wird man vorerst nicht schwimmen können. Der Starkregen am Mittwoch hat große Schäden verursacht. Fotos: privat

Der Kassenbereich des Burgstettener Freibads wird ein reißender Fluss.

Der Kassenbereich des Burgstettener Freibads wird ein reißender Fluss.

Das Schwimmbecken ist vom Außenbereich kaum mehr zu unterscheiden.

Das Schwimmbecken ist vom Außenbereich kaum mehr zu unterscheiden.

Die Bänke zeigen, wie hoch das Wasser steht.

Die Bänke zeigen, wie hoch das Wasser steht.

Nur einen Steinwurf entfernt spritzen Mitglieder des Tennisclubs Burgstetten am Donnerstagvormittag die Netze ab. Dreck und Äste haben sich darin verfangen, auf den Tennisplätzen selbst liegt noch eine dicke Schlammschicht. Wie groß der Schaden ist, lasse sich noch nicht einschätzen, so ein Mitglied des Tennisclubs. Dass aber in den nächsten Wochen oder Monaten nicht gespielt werden kann, ist offensichtlich. Vorerst nicht gespielt wird wohl auch auf dem Fußballplatz der SKG Erbstetten. Dieser verwandelte sich am Mittwoch in einen einzigen großen See, wie Videos zeigen. Das Wasser ist abgeflossen, der Schlamm ist noch da und bildet nun eine feste Dreckschicht auf der Rasenfläche. „Wir hatten eigentlich noch Glück. Ein paar Zentimeter mehr und es wäre auch in die Kabinen gelaufen“, sagt Uli Denzinger.

Der Tennisplatz ist voller Schlamm.

Der Tennisplatz ist voller Schlamm.

Früh starten die Aufräumarbeiten bei der SKG Erbstetten.

Früh starten die Aufräumarbeiten bei der SKG Erbstetten.

Der Fußballplatz wird wohl länger nicht nutzbar sein.

Der Fußballplatz wird wohl länger nicht nutzbar sein.

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Der Starkregen hat die Gemeinde Burgstetten hart getroffen. Zahlreiche Keller standen unter Wasser, in der Tiefgarage an der Friedhofstraße stand das Wasser eineinhalb Meter hoch, Straßen verwandelten sich ein Flüsse und Kanaldeckel wurden von den Wassermassen hochgedrückt. Besonders betroffen war auch die Kläranlage Burgstall. „Der Weg zur Kläranlage war verschüttet“, berichtet Bauamtsleiterin Ursula Maierhöfer. Denn das viele Wasser von den umliegenden Feldern hatte Steine und sogar kleinere Felsbrocken auf den Weg geschwemmt. Und auch die Kläranlage selbst wurde geflutet. „Das Wichtigste ist nun, dass die technischen Anlagen im Freibad und in der Kläranlage geprüft werden.“ Dann werde es ans Saubermachen und an das Entsorgen des Sperrmülls gehen.

Kein Bahnverkehr nach Marbach

In Kirchberg an der Murr gab es infolge des Unwetters eine Hangrutschung, die Gleisanlagen im Bahnhof wurden dabei „erheblich zerstört“, das teilt die S-Bahn Stuttgart mit. Zwischen Marbach und Backnang sei deshalb bis auf Weiteres kein Zugverkehr möglich; die S-Bahnen der Linie S4 fahren nur im Abschnitt zwischen Stuttgart Schwabstraße und Marbach. Gestern wurde für die Strecke ein Notverkehr mit Bussen eingerichtet, ab heute soll es einen regelmäßigen Ersatzverkehr geben. Wie lange die Reparaturarbeiten dauern werden, sei noch unklar. „Die Deutsche Bahn macht sich aktuell vor Ort ein Lagebild und wird im Anschluss eine Prognose über den Zeitraum der Reparatur bekannt geben“, heißt es von der Deutschen Bahn. Die DB bittet die Fahrgäste, bei ihren Verbindungen einzuplanen, dass die Fahrzeiten der Busse länger sind. Die Busse fahren in Backnang früher ab als die S-Bahnen und kommen in der anderen Richtung dort später an.

Auch im Backnanger Stadtteil Schöntal verwandelten sich die Straßen kurzerhand in kleine Flüsse und Seen, selbst dort, wo der Klöpferbach weit entfernt ist. „Wir sind gar nicht zum Feuerwehrhaus durchgekommen, das stand in einem See“, berichtet Melanie Lang von der Freiwilligen Feuerwehr Schöntal. Das Wasser der umliegenden Felder hat sich im Stadtteil gesammelt, obwohl die Feuerwehr mit Sandsäcken Barrieren gebaut hat. Zahlreiche Keller sind vollgelaufen, in einem Haus hat es das verschlammte Wasser sogar ins Erdgeschoss geschafft.

Auch in Rietenau und Großaspach sorgte der Starkregen für überflutete Straßen und vollgelaufene Keller und Tiefgaragen. „Die Feuerwehr war eigentlich überall im Einsatz“, berichtet Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. In Aspach hat es besonders die Kläranlage getroffen, diese war völlig überflutet. Wie groß der Schaden sein wird, das lässt sich im Moment auch in Aspach nicht abschätzen. Am Tag danach waren zumindest die Kreisstraßen wieder vom Schlamm befreit. Bei einigen Radwegen werde es wohl noch ein paar Tage dauern, bis alles gereinigt ist. „Wir waren von Starkregen noch nie so betroffen, da bekommt man schon einen unglaublichen Respekt vor dem Regen“, sagt die Bürgermeisterin. Denn das Wasser sei sehr plötzlich und vor allem von nicht erwarteten Flächen gekommen; die Strümpfelbacher Straße in Großaspach habe einem Fluss geglichen. Trotz allem spricht Welte-Hauff aber von einem „Streifschuss“ für die Gemeinde, gerade mit Blick nach Burgstetten oder auf die Hangrutschungen in anderen Kommunen. Und obwohl die Beteiligten angesichts der offensichtlichen Schäden betroffen sind, ist man froh, dass nicht mehr passiert ist – denn verletzt wurde niemand. Und noch dazu ist die Hilfsbereitschaft riesig. „Ganz viele waren sofort mit Besen und Schaufeln im Einsatz“, sagt Welte-Hauff. Privatpersonen und Landwirte, die selbst nicht betroffen sind, boten noch am Mittwochabend Unterstützung an.

Große Hilfsbereitschaft in den Orten

Ähnliches berichten die Betroffenen in Burgstetten. Zum Beispiel kamen am Mittwochabend unaufgefordert zahlreiche Menschen zum Helfen ins Freibad, erzählt Anja Geldner. Und eine Gebäudereinigungsfirma aus Murrhardt brachte spontan zwei Wassersauger vorbei. Ein ähnliches Bild gab es ein paar Meter weiter in der Tennishalle. Noch bis nach Mitternacht waren zahlreiche Helfer vor Ort, sodass die Halle schnell vom Schlamm befreit werden konnte. Und auch auf dem Gelände der SKG Erbstetten waren zahlreiche Helfer mit Hochdruckreinigern und Besen zugange. „Vom Mini Market sind die Helfer am Abend noch mit Leberkäs und Getränken versorgt worden“, nennt Uli Denzinger ein weiteres Beispiel für die Solidarität im Ort. „Ein Landschaftsgärtner hat direkt nach dem Unwetter den Weg zur Kläranlage mit seinem Bagger freigeräumt“, berichtet auch Ursula Maierhöfer von der Hilfsbereitschaft im Ort.

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Erstellt:
28. Juni 2024, 06:00 Uhr

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