Aus investieren wird „sinnvestieren“
Die Kreissparkasse Waiblingen ist im vergangenen Jahr gewachsen, hat aber weniger Gewinn gemacht als im Vorjahr. Weil es für Einlagen kaum noch Zinsen gibt, rückt das Wertpapiergeschäft verstärkt in den Fokus. Besonders nachhaltige Anlagen sind gefragt.

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Neues Triumvirat an der Spitze der Kreissparkasse Waiblingen (von links): die beiden Vorstandsmitglieder Vincenzo Giuliano und Ralph Walter sowie der Generalbevollmächtigte Uwe Burkert, der ab 2023 die Leitung der Bank übernehmen soll. Foto: Kreissparkasse Waiblingen
Von Kornelius Fritz
Waiblingen. Es gab schon bessere Zeiten für Banken. Das niedrige Zinsniveau macht den Kreditinstituten seit Jahren zu schaffen, zuletzt kamen auch noch die Belastungen durch die Coronapandemie hinzu. Ihre Ziele für das Jahr 2021 hatte die Kreissparkasse Waiblingen deshalb heruntergeschraubt. Umso größer war die Freude bei Ralph Walter, als er bei der virtuellen Bilanzpressekonferenz gestern doch überwiegend positive Zahlen verkünden konnte.
„2021 war ein anstrengendes, aber trotzdem ein sehr erfolgreiches Jahr“, erklärte der neue Vorstandsvorsitzende, der nach dem Wechsel der bisherigen KSK-Chefin Ines Dietze zur Sparkasse Göttingen die größte Regionalbank im Rems-Murr-Kreis leitet. Unterstützt wird er dabei von seinem Vorstandskollegen Vincenzo Giuliano, der zu Jahresbeginn von der Kreissparkasse Heilbronn kam, und dem Generalbevollmächtigten Uwe Burkert, bis Mitte 2021 Chefvolkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und Walters designierter Nachfolger, wenn dieser wie geplant Ende des Jahres in den Ruhestand geht.
Besonders erfreulich hat sich im vergangenen Jahr das Kreditgeschäft entwickelt: Hier verzeichnete die Kreissparkasse sogar ein Rekordwachstum um über eine halbe Milliarde Euro. „Das hatten wir in dieser Höhe noch nie“, freut sich der Vorstandsvorsitzende. Das Plus von 7,5 Prozent hat die Bank vor allem dem Bauboom in der Region zu verdanken. Sowohl Firmen als auch Privatleute investierten trotz gestiegener Preise weiter fleißig in Immobilien, die sie auch durch Kredite finanzierten.
Mit dem Interesse an Wertpapieren wächst auch der Beratungsbedarf
Zurückgegangen sind hingegen die Kundeneinlagen, was angesichts der anhaltenden Nullzinsphase bei steigender Inflation keine Überraschung ist. „Vielen ist klar geworden, dass sie Zug um Zug ihr Vermögen verlieren, wenn sie nichts unternehmen“, macht Vincenzo Giuliano deutlich. Deshalb ziehen immer mehr Kunden ihr Geld von Sparbüchern und Festgeldkonten ab und suchen nach anderen Möglichkeiten der Geldanlage. Das brachte wiederum einen spürbaren Schub für das Wertpapiergeschäft, bei dem die Sparkasse einen Zuwachs von 12,9 Prozent verzeichnete. Auch das Immobiliengeschäft brummt nach wie vor: Insgesamt 209 Objekte im Gesamtwert von 91,4 Millionen Euro (Vorjahr: 83,6 Millionen) wechselten 2021 auf Vermittlung der Kreissparkasse ihren Besitzer.
Mit den Provisionen aus diesen Bereichen und den Margen aus dem Kreditgeschäft habe man den gesunkenen Zinsüberschuss größtenteils kompensieren können, erklärt Ralph Walter. Mit dem Gewinn von 66,9 Millionen Euro ist der Vorstandsvorsitzende deshalb zufrieden, obwohl dieser um knapp fünf Millionen hinter dem Vorjahreswert zurückbleibt. Die Prognosen seien nämlich noch deutlich düsterer gewesen.
Die wachsende Nachfrage nach Wertpapieranlagen ist für die Kreissparkasse auch eine Herausforderung: „Wir haben einen großen Bedarf an professioneller Beratung“, sagt Vincenzo Giuliano, der im Vorstand für das Privatkundengeschäft verantwortlich ist. Schließlich erfordert eine Anlage in Aktien oder Fonds mehr Erklärungen als ein Sparbuch mit festem Zins. „Deshalb investieren wir auch ganz massiv in die Kompetenz unserer Beraterinnen und Berater“, sagt Giuliano. So gibt es bei der Sparkasse zum Beispiel sogenannte Wertpapiertrainer, die das Personal in der Kundenberatung regelmäßig schulen.
Neben Rendite und Risiko spielen bei der Geldanlage laut Giuliano auch ökologische und ethische Gesichtspunkte eine immer größere Rolle. So seien zum Beispiel Wertpapiere aus den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz besonders gefragt. „Sinnvestieren“ nennt das Vorstandsmitglied den neuen Trend. Die Kreissparkasse Waiblingen versucht diesem unter anderem mit einem eigenen Nachhaltigkeitsfonds entgegenzukommen, der 2020 zusammen mit der LBBW Asset Management aufgelegt wurde.
Geändert hat sich neben dem Inhalt auch die Form der Beratung: „Anlageberatung ist auch per Video vom Sofa aus möglich“, sagt Vincenzo Giuliano. Die Coronapandemie habe den Trend zur Digitalisierung der Bankgeschäfte noch einmal deutlich beschleunigt: Rund 60000 Kunden im Rems-Murr-Kreis nutzten bereits die „Filiale in der Hosentasche“, wie Giuliano die Banking-App der Kreissparkasse nennt.
Ziel der fünftgrößten Sparkasse in Baden-Württemberg ist es, künftig auch komplexere Dienstleistungen wie die Bearbeitung eines Kreditantrags oder den Abschluss eines Bausparvertrags online anzubieten. Neben der nötigen Technik braucht es dafür auch entsprechend qualifiziertes Personal. Deshalb bietet die Bank neuerdings eine spezielle Ausbildung mit dem Schwerpunkt digitale Beratung an.
Für das laufende Jahr erwartet der Generalbevollmächtigte Uwe Burkert keine grundlegenden Veränderungen. Eine Leitzinserhöhung durch die Europäische Zentralbank sei zwar möglich, „das Grundproblem bleibt uns aber erhalten“, ist Burkert überzeugt. Wer auf einen Zinssatz oberhalb der Inflationsrate hoffe, der müsse darauf vermutlich noch ziemlich lange warten.
Jahresabschluss zum 31. Dezember 2021 Das Geschäftsjahr 2021 in Zahlen Bilanz20212020in % Bilanzsumme9973 Mio. Euro9604 Mio. Euro+3,8 Kredite7617 Mio. Euro7083 Mio. Euro+7,5 Kundeneinlagen7233 Mio. Euro7383 Mio. Euro–2,0 Wertpapierumsatz1091 Mio. Euro966 Mio. Euro+12,9 Betriebsergebnis66,9 Mio. Euro71,6 Mio. Euro–6,6 Mitarbeiterzahl12431284–3,2