Ausbreitung der Signalkrebse aufhalten
Der amerikanische Signalkrebs breitet sich im Kreis immer weiter aus und bedroht die heimischen Arten. Noch verschonte Bereiche in Bächen und Flüssen sollen mit Krebssperren vor der invasiven Art geschützt werden. In Oppenweiler gibt es bereits drei solcher Sperren.
Von Kristin Doberer
Oppenweiler. Im Rohrbach in Oppenweiler gibt es ihn noch, den Steinkrebs; ein paar Hundert Meter vom Sportplatz entfernt findet man die kleinste europäische Flusskrebsart noch recht häufig. Doch der Steinkrebs wird bedroht. Nur ein Stück bachabwärts hat er seinen Lebensraum bereits verloren. „Die Amerikaner stehen quasi schon am Sportplatz“, sagt Michael Schramm vom Beratungsunternehmen „Büro am Fluss“, das sich mit Gewässerökologie beschäftigt. Am Sportplatz nämlich dominiert bereits der aus Nordamerika stammende Signalkrebs, das bestätigen sowohl Untersuchungen des Büros als auch örtliche Angler. Der Signalkrebs ist deutlich größer als heimische Krebsarten, im Gegensatz zum Steinkrebs ist er auch tagsüber sehr aktiv und breitet sich dadurch schnell bis in die Quellregionen von Fließgewässern aus.
Die Folgen der starken Verbreitung für die heimischen Krebs- und Fischarten sind enorm. Der Signalkrebs ist nicht nur Überträger der gefährlichen Krebspest, die für den Steinkrebs tödlich ist, sondern er frisst auch die Fisch- und Amphibienlaiche von bedrohten Arten auf. Bei den Signalkrebsen handelt es sich allerdings nicht um eine ganz neu eingewanderte Art. Bereits vor etwa 100 Jahren wurden sie von Amerika nach Deutschland gebracht. Dass sie sich nun in den vergangenen Jahren so extrem stark ausbreiten, hänge auch mit der Klimaerwärmung zusammen, erklärt Schramm. In der Murr und der Lauter habe sich der amerikanische Krebs bereits breitgemacht. „Raus bekommen wir den Signalkrebs nicht mehr, aber wir können Refugien zum Schutz der heimischen Arten schaffen.“ Und zwar dort, wo der Signalkrebs noch nicht vorherrscht.
Krebssperren in Bächen und Flüssen sollen Signalkrebse zurück halten
Dafür wurde Gemeinden vom Regierungspräsidium nahegelegt, sogenannte Krebssperren in Bäche und Flüsse zu bauen. Durch künstliche Abstürze aus Edelstahl findet der flussaufwärts wandernde Krebs keinen Halt und wird – sollte er doch hochklettern – außerdem von der Strömung gleich wieder nach unten gespült. Wichtig sei dabei auch, dass die Wand um das Rohr ebenfalls aus einer glatten Fläche besteht, erklärt Schramm. Am Rohrbach zum Beispiel wurde eine solche Krebssperre in ein bestehendes Rohr eingebaut, der Baum neben der kleinen Brücke musste dafür weichen und das Bachbett musste unter dem Absturz etwas vertieft werden. „Durch diese Sperren gibt es keine Einschränkungen im Hochwasserschutz oder beim Wasserabfluss, was ja bei uns ein sehr wichtiger Belang ist“, sagt Oppenweilers Bürgermeister Bernhard Bühler.
Auf dem Gemeindegebiet von Oppenweiler wurden bisher drei solcher Krebssperren montiert. Neben der am Rohrbach gibt es noch zwei weitere in der Winterlauter, die etwa 20 Meter von einander entfernt sind. „Das nennen wir Doppelsperre und das ist eigentlich die optimale Form“, erklärt Schramm. Sollten die Signalkrebse aus welchen Gründen auch immer die erste Sperre überwinden, gibt es noch eine weitere, um sie vor der weiteren Ausbreitung aufzuhalten. Auch im Rohrbach sollen weitere Krebssperren folgen, allerdings erst im Herbst. Denn an einem kleineren Nebenlauf des Bachs weiter oben gibt es keine bereits bestehenden Rohre oder Verdohlungen, die nur mit dem Vorsatz ausgestattet werden müssen. Dort muss vermutlich ein kleinerer Bau im Bachlauf entstehen. „Und dafür braucht man dann die Zustimmung des Landratsamts“, erklärt Bühler.
Für die Gemeinde haben die Krebssperren aber noch einen weiteren Vorteil: Für sie gibt es einige Ökopunkte. Diese sind als Ausgleich notwendig, wenn die Gemeinde an anderer Stelle Bauprojekte angeht, die in die Natur eingreifen. So sollen die Ökopunkte der Krebssperren zum Beispiel beim Neubaugebiet Schmiedbühl verbraucht werden. „Die Ausgleichsmaßnahmen wollen wir in den kommenden Jahren vermehrt im Bereich der Gewässer vornehmen“, erklärt Bühler. Das sei in den vergangenen Jahren eher weniger ein Thema gewesen, da habe man Ökopunkte häufig durch das Anlegen von Streuobstwiesen erhalten.
Zwischen 5000 und 10000 Euro kostet eine Krebssperre für gewöhnlich
Aber wie die Streuobstwiesen müssen auch die Krebssperren von der Gemeinde gepflegt werden. Damit sie den Signalkrebs effektiv zurückhalten, muss der Absatz frei bleiben. Das heißt, nach einem Hochwasser oder mindestens einmal im Jahr muss die Sperre von Gewächsen wie Brombeeren und Moos oder von Treibholz befreit werden, sodass der Überhang immer etwa 20 Zentimeter beträgt und die Signalkrebse keine Möglichkeit haben, an etwas hochzuklettern. Die Kosten für die Gemeinde Oppenweiler lagen bei den ersten drei Sperren bei rund 30000 Euro. „Pro Krebssperre rechnen wir eigentlich zwischen 5000 und 10000 Euro. Doch da Situation vor Ort jedesmal anders ist, ist der Aufwand immer etwas unterschiedlich“, erklärt Schramm. Keine Verdohlung und kein Bachlauf seien schließlich gleich. Bei den ausführenden Schlossern sei deshalb viel Improvisationstalent gefragt. Dazu kommen die aktuell sehr hohen Preise für das Material. Aber während durch die Sperren die wichtigen Refugien für die heimischen Krebse entstehen, wird dadurch andererseits auch die Durchgängigkeit von Flüssen und Bächen unterbrochen. „Hier muss man einen Kompromiss finden“, meint Schramm. „Zwar verschlechtert sich hier nun die Durchgängigkeit, aber in den kleinen Bächen gibt es ohnehin weniger Fischarten.“