In einem Garten in Unterweissach stehen zwei Metallgiraffen in Originalgröße

Ilona und Gotthold Müller haben zwei Giraffenplastiken in ihrem Garten in Unterweissach stehen. Die beiden Kunstwerke aus Metall ziehen regelmäßig die Blicke neugieriger Passanten auf sich. Einmal wäre die kleine Giraffe allerdings fast abhandengekommen.

Stolze 4,12 Meter hoch ist die große Giraffe im Garten von Ilona und Gotthold Müller. Die kleinere misst 2,05 Meter. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Stolze 4,12 Meter hoch ist die große Giraffe im Garten von Ilona und Gotthold Müller. Die kleinere misst 2,05 Meter. Foto: Alexander Becher

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Im Mühlweg in Unterweissach kommt es immer wieder vor, dass Spaziergänger stehen bleiben und sich wundern: Lugt da etwa eine Giraffe hinter der Hecke hervor? Tatsächlich: Im Garten von Ilona und Gotthold Müller, zwischen Teich und Apfelbaum, recken zwei Giraffen ihre langen Hälse in die Höhe. Selbstverständlich sind es keine echten Tiere, die auf dem grünen Rasen oberhalb der Weißach stehen. Doch die beiden Metallplastiken sind so groß wie zwei richtige Giraffen. „4,12 Meter sind es bis zu den Ohrenpinseln oben hin“, sagt Gotthold Müller über die große, die Mamagiraffe. Ihr „Nachwuchs“ ist mit 2,05 Metern etwa halb so hoch.

Die beiden Plastiken waren vor rund zwölf Jahren einmal Teil der Gartenschau am Schloss in Ludwigsburg. „Dort hab ich mich in die kleine verliebt“, erzählt Ilona Müller. „Die große war mir eigentlich ein bisschen zu protzig, aber mein Mann wollte sie unbedingt. Am Ende haben wir beide unseren Willen bekommen – ich glaube, das ist auch das Geheimnis unserer mehr als 50-jährigen Ehe“, sagt die 70-Jährige und zwinkert.

Der Transport von Ludwigsburg nach Unterweissach dauerte drei Stunden

Aufregend war die Anlieferung der zwei Kunstwerke von Ludwigsburg nach Unterweissach. „Sie wurden mit einem Tieflader hergebracht“, berichtet Gotthold Müller. Und zwar aufrecht. Die rund 30 Kilometer lange Fahrt vom Blühenden Barock bis nach Unterweissach habe ungefähr drei Stunden gedauert, wie die Transportfirma mitteilte. Wegen der instabilen Ladung konnte der Tieflader nur langsam fahren. „Die Stiftung, der die Giraffen vorher gehört haben, war froh, dass sie sie nicht wieder mitnehmen musste“, erinnert sich Ilona Müller. „Die haben ihren Sitz nämlich viel weiter weg, aber auch irgendwo in Deutschland.“

Mit der Hilfe einiger Freunde wuchteten die Müllers Mama- und Babygiraffe über die Hecke in ihren Garten. „Das war schon viel Action“, sagt Gotthold Müller. Jetzt aber seien sie beide sehr glücklich über die zwei lebensgroßen Statuen. „Die passen dahin, die fühlen sich da ganz wohl“, scherzt Ilona Müller. Und das, obwohl sie an den Fesseln angekettet sind. Das kommt daher, dass die kleine Giraffe einmal fast gestohlen worden wäre. Zwei oder drei Jahre nach dem Kauf klingelte ein Nachbar plötzlich nachts an der Tür: „Eure Giraffe steht auf der Straße!“ Die Diebe, mutmaßt Ilona Müller, hatten vermutlich zu wenig Platz im Auto und ließen die Statue dann einfach stehen, um sich schnell wieder davonzumachen. Deshalb seien die Giraffen jetzt gesichert.

Die Skulpturen bestehen aus altem Autoblech

Gefertigt wurden sie von afrikanischen Künstlern aus altem Autoblech, das in der Wüste vor sich hinrostete. Rechteckige und runde Teile haben sie zusammengeschweißt und -gelötet und dabei auf jedes Detail geachtet. Lange Wimpern haben die Metalltiere, Mähnenhaare und Nüstern, durch die man hindurchschauen kann. „Der Kaufpreis ging zur Hälfte an die Künstler. Die andere Hälfte kam Krankenhäusern, Schulen und so weiter zugute“, so Gotthold Müller. Aus welchem Land die Plastiken stammen, weiß das Ehepaar nicht mehr. Beim Kauf hätten sie von der Stiftung aber ein Zertifikat bekommen, auf dem alles festgehalten war, sagt der 73-Jährige. „Ich hab heute Morgen schon danach gesucht, aber es so schnell nicht mehr gefunden“, entschuldigt sich Ilona Müller. Aber das ist ja auch nebensächlich.

Viel interessanter als die Vergangenheit der Giraffen ist ihre Gegenwart. Es seien schon Kindergartengruppen da gewesen, um sich die Plastiken anzuschauen, sagt Ilona Müller. „Wenn jemand an der Straße steht und Interesse zeigt, darf er sie sich aber natürlich auch angucken.“ Sie und ihr Mann seien beide sehr offen. Am liebsten feiern die beiden Gartenpartys mit ihren Freundinnen und Freunden, 50 bis 60 Leute kommen da schon mal zusammen, essen und trinken unter dem Blick der Giraffen.

Wie viel die Giraffen gekostet haben, möchte das Ehepaar nicht verraten

Die befinden sich im Garten der Müllers in sehr guter Gesellschaft: Dort sammeln sich zahlreiche Skulpturen und Plastiken in allen Farben, Formen und Größen – vom überlebensgroßen schwarzen Leguan auf der Gartenmauer über das braune Reh aus Kunststoff im Blumenbeet bis hin zu der steinernen Buddhamaske an der Wand des Gartenschuppens, in dem sich immer kühle Getränke befinden, „falls Besuch kommt“, erklärt Ilona Müller.

Doch nicht nur um spontane Gäste muss das Paar sich kümmern. Die Giraffen pinselt Gotthold Müller jedes Frühjahr mit einer speziellen Konservierung ein, um sie vor der Witterung zu schützen. „Dann sind sie ein bisschen schwärzer, die Farbe verbleicht über den Sommer“, sagt er.

Wie viel die Giraffen gekostet haben, möchte das Ehepaar nicht verraten. „Viel zu viel“, sagt Ilona Müller und lacht. „Aber jetzt erfreuen sie täglich unser Herz.“ Einen Rabatt hätten sie immerhin bekommen, weil sie beide Plastiken genommen haben. „Wir sind auch wirklich sehr froh darüber, dass wir uns beide durchgesetzt haben“, wiederholt Ilona Müller. „Das hätte ja sonst eine ganz andere Wirkung – die Babygiraffe ohne die Mama.“

Unterschied Plastik – Skulptur

Plastik Eine Plastik ist eine künstlerische Arbeit, die im „additiven“ Verfahren entstanden ist. Das heißt konkret: Material ist hinzugefügt worden, wie beispielsweise Bronze, Ton, Wachs oder Pappmaschee.

Skulptur Bei der Skulptur ist das Prinzip umgekehrt. Bei ihr wird Material abgetragen – sei es durch Schnitzen, Meißeln, Sägen, Feilen oder Ähnliches.

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Erstellt:
13. Juli 2023, 16:00 Uhr

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