B14: Baubeginn am Viadukt in Backnang lässt auf sich warten

Seit dem ersten Spatenstich zum neuen zweiten Viadukt vor bald drei Wochen hat sich an der Baustelle in den Etzwiesen noch nichts getan. Trotzdem beteuert das Regierungspräsidium, dass die 394 Meter lange Brücke bis in zwei Jahren für den Verkehr freigegeben werden kann.

Immerhin, die ersten Baumaschinen des Unternehmens Wolff und Müller sind unterm seitherigen Viadukt schon in Stellung. Foto: privat

Immerhin, die ersten Baumaschinen des Unternehmens Wolff und Müller sind unterm seitherigen Viadukt schon in Stellung. Foto: privat

Von Matthias Nothstein

Backnang. Vor knapp drei Wochen erfolgte der erste Spatenstich für das zweite Murrtalviadukt. Aber auf der Baustelle tut sich noch nichts. Allerdings verspricht Meryem Schneider vom Regierungspräsidium Stuttgart, dass sich dies bald ändert. Noch im Mai werden erste Aktivitäten auf dem Areal zu sehen sein und wenn es nur die Baustelleneinrichtung ist. Schon jetzt sind die ersten Baumaschinen vor Ort, allerdings stehen sie bislang nur in Reih und Glied. Demnächst werden auch die Bauabsperrungen installiert. Dann geht es los mit den Fundamentarbeiten. Die Baugruben für die Brückenpfeiler werden mit Spundwänden gesichert, ebenso die Böschungen, damit sie nicht nachrutschen. Parallel dazu stehen Sondierungsmaßnahmen an. Damit ist laut Schneider jedoch nicht die Erkundung des geologischen Unterbaus gemeint, sondern es geht um Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg. Schließlich wurde das Brückenbauwerk in den letzten Tagen des Weltkriegs noch gesprengt. Zuvor jedoch war es auch immer wieder einmal Ziel alliierter Luftangriffe. Ob aus dieser Zeit noch Bomben beziehungsweise Blindgänger im Untergrund schlummern, muss abgeklärt werden, bevor das neue Brückenbauwerk errichtet wird.

Dass nicht sofort nach dem Spatenstich vor drei Wochen mit den Arbeiten losgelegt wurde, hängt auch damit zusammen, dass die Firmen Wolff und Müller erst um Weihnachten herum den Zuschlag erhalten hatten. Seither werden die konkreten Ausführungsplanungen erstellt. Von diesen werden nun Schritt für Schritt die ersten Abschnitte freigegeben.

Der vermeintliche Brückenzwilling ist mehr als nur eine Blaupause

Die Einschätzung, dass es sich bei der zweiten Brücke nur um eine Blaupause von jener Brücke aus dem Jahr 2011 handelt, stimmt nur mit Einschränkungen. Zum einen ist die Brücke mit knapp 395 Metern etwas kürzer als ihr vermeintlicher Zwilling. Das liegt daran, dass an ihrem Standort die Talöffnung nicht so breit ist. Zum zweiten wird auf der zweiten Brücke, die näher zur Stadt hin gebaut wird, auch eine Lärmschutzwand errichtet. Daraus resultiert eine andere Belastung sowohl vom Gewicht als auch von der Windaufnahmefläche her. Und dass sich seit den vergangenen zehn Jahren die Bauvorschriften geändert haben, darf man als Selbstverständlichkeit ansehen. In der Konsequenz hat die neue Brücke eine Stütze weniger. Wegen dieses fehlenden Pfeilers und der Änderungen insgesamt war eine komplett neue Berechnung der Statik notwendig.

Gute Nachrichten gibt es für die Verkehrsteilnehmer: Trotz der umfangreichen Baumaßnahmen ist eine Vollsperrung der B14 während der Brückenbauphase nicht nötig, es kommt lediglich stellenweise zu Einengungen der Fahrbahn.

Vollsperrung in der Nacht

Wobei die Ausnahme die Regel bestätigt: Ausgerechnet vor dem eigentlichen Baubeginn ist eine solche Vollsperrung nämlich doch notwendig, und zwar von heute, 21 Uhr bis zum morgigen Samstag, 13. Mai, 5 Uhr. Grund sind Vermessungsarbeiten. Sie dienen als Grundlage für Kontrollmessungen, mit denen Bewegungen und Verformungen am bestehenden Brückenbauwerk festgestellt werden könnten. Aufgrund der Terminierung mitten in der Nacht und am Wochenende ist jedoch mit keinen größeren Behinderungen zu rechnen. Die Umleitungen sind ausgeschildert.

Auch wenn die Arbeiten nach dem Spatenstich nicht sofort auf Hochtouren laufen, ist Meryem Schneider doch zuversichtlich, dass die Brücke in zwei Jahren für den Verkehr freigegeben werden kann. Möglicherweise war das Regierungspräsidium auch zu dem Spatenstich genötigt worden, obwohl die Vorarbeiten noch nicht abgeschlossen waren. Zumindest hatte Verkehrsminister Winfried Hermann beim Spatenstich gesagt, er habe an diesem Tag bereits den Startschuss für eine andere Brücke der B14 gegeben, nämlich in Horb am Neckar. Vielleicht wollte die Behörde beide Brücken am selben Tag beginnen, unabhängig vom jeweiligen Planungsstand. Und das Backnanger Projekt hinkt ein wenig hinterher.

Optimistisch zeigt sich Schneider beim Ausbau des nächsten B-14-Abschnitts zwischen dem Viadukt und der Anschlussstelle Backnang-West. Die Arbeiten wurden bereits europaweit ausgeschrieben, die Angebote werden noch Ende Mai gesichtet und geprüft. Dann erfolgt ein Vergabevorschlag vonseiten der Behörde. Schneider rechnet noch im Oktober dieses Jahres mit der Vergabe an ein Unternehmen.

Die Arbeiten am Abschnitt Backnang-West sollen bis 2027 fertig sein

Sobald dieses den Zuschlag habe, könne es die Arbeiten eintakten. Die Bauingenieurin ist überzeugt davon, dass Anfang 2024 auf jeden Fall in diesem Abschnitt gearbeitet werde. Die Arbeiten sollen laut Planung drei Jahre dauern, sodass die Straße 2027 fertig sein soll. Im Gegensatz zum Bau des Viadukts sind in diesem Fall mehrere Vollsperrungen der B14 notwendig, meistens an Wochenenden. Wie viele Sperrungen es am Ende sein werden, können die Planer jetzt noch nicht vorhersagen.

Ein weiterer Meilenstein beim Gesamtausbau der Bundesstraße von Waldrems bis zu den Lerchenäckern sind die beiden Bahnbrücken, die erneuert werden müssen. Für sie muss das Regierungspräsidium als Bauherr extrem frühzeitig Sperrpausen der Bahnstrecken bei der Deutschen Bahn beantragen. Im Moment ist die Rede von einer zwölfwöchigen Sperrpause im Jahr 2027. Damit die Arbeiten in dieser Zeit erledigt werden können, muss das Regierungspräsidium diese noch in diesem Jahr ausschreiben. Der aktuelle Stand ist, dass das Regierungspräsidium die Kostenfortschreibung des Projekts beim Bundesverkehrsministerium eingereicht hat. Nun ist die Behörde abhängig vom Ministerium. Schneider erklärt, die Mittelfreigabe werde benötigt, um ausschreiben zu können.

Die Bahnbrücken werden in dem Bereich vorgefertigt, der heute als Auf- und Abfahrt der Anschlussstelle Backnang-Mitte (Fahrtrichtung Stuttgart) dient. Will heißen: Während der Vorfertigung der Brücken wird die Auf- und Abfahrt gesperrt.

14600 Kubikmeter Beton und 1790 Tonnen Stahl werden verarbeitet

Zwillingsbau Das Murrtalviadukt-Ost soll im Erscheinungsbild der bereits bestehenden Brücke gleichen. Die sichtbaren Bauteilabmessungen sind deshalb identisch zur bestehenden Brücke. Das Bauwerk ist ein zehnfeldriger semiintegraler Durchlaufträger mit zwei Hauptöffnungen als Bogentragwerk über der Talsenke. Gebaut wird es an der Stelle, an der das alte Viadukt bis 2012 stand.

Abmessungen Die beiden Bögen weisen bei einer Spannweite von je 107,6 Meter eine Höhe über Grund von etwa 20 Metern auf. Der Überbau wird als vorgespannter zweistegiger Plattenbalken ausgebildet. Die Pfeiler (Breite: 1,60 Meter, Dicke: 1,00 Meter) werden monolithisch mit dem Überbau verbunden. Die Breite zwischen den Geländern beträgt je Brückenüberbau 14,25 Meter. Die Brückenlänge beträgt insgesamt 394,60 Meter. Für das Bauwerk werden insgesamt 14600 Kubikmeter Beton und 1790 Tonnen Stahl benötigt.

Kosten Der Bund investiert mit dem Neubau des Murrtalviadukts-Ost ungefähr 23,7 Millionen Euro in den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Das westliche Murrtalviadukt wurde in den Jahren 2009 bis 2011 gebaut. Der Bund hatte damals zugestimmt, den Ersatzbau vorzunehmen, da das ursprüngliche Viadukt in einem schlechten baulichen Zustand war.

Bietergemeinschaft Den Zuschlag für den Bau des Viadukts hat die Bietergemeinschaft der Firmen Wolff&Müller Ingenieurbüro GmbH sowie die Wolff& Müller Tief- und Straßenbau GmbH&Co. KG mit Sitz in Stuttgart und Waldenburg erhalten.

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Erstellt:
12. Mai 2023, 06:00 Uhr

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