Backnang als Berufsmesse: Schüler erleben die „Nacht der Ausbildung“

Gestern informierten sich rund 300 junge Erwachsene und Jugendliche bei der „Nacht der Ausbildung“ in Backnang. Viele Unternehmen haben dafür ihre Türen geöffnet und versucht, die Besucher für ihre Jobangebote zu begeistern – auch mit kreativen Ideen und Attraktionen.

Für die Schülerin scheint es gerade so, als starte sie mit einer Rakete ins Weltall. Mit dieser Attraktion erhofft sich Tesat mehr Besucher bei der „Nacht der Ausbildung“. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Für die Schülerin scheint es gerade so, als starte sie mit einer Rakete ins Weltall. Mit dieser Attraktion erhofft sich Tesat mehr Besucher bei der „Nacht der Ausbildung“. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Anja La Roche

Backnang. Zum ersten mal macht dieses Jahr die „Nacht der Ausbildung“ in Backnang Station. Die wird von den Wirtschaftsjunioren Rems-Murr veranstaltet. Durch die Aktion sollen junge Menschen Einblicke in verschiedenste Berufe erhalten. Dafür transportieren Shuttlebusse die Besucher im halbstündigen Takt vom Bahnhof zu den teilnehmenden Betrieben. Das gleicht dem Prinzip einer Ausbildungsmesse, nur in den eigenen Räumen der Unternehmen. Von 14 bis 19 Uhr haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen Zeit, die angebotenen Ausbildungsplätze und dualen Studiengänge genauer unter die Lupe zu nehmen.

Bei dem Unternehmen Tesat kommt gegen 14.40 Uhr bereits der zweite Schwung an. Es handelt sich um eine Schulklasse von der Gewerblichen Schule in Backnang. Alle Klassen dieser Schule würden heute bei einem Betrieb Station machen, erklärt die Lehrerin Sophie Mohr. Danach seien die Jugendlichen freigestellt, sich bei Interesse noch weitere Angebote anzusehen.

Und los gehts für die erste Gruppe der Schulklasse. Zehn Jungs laufen einem Tesat-Lehrling hinterher, der sie in einen Raum führt. „Habt ihr irgendwelche Ideen, was passiert, wenn die Raumfahrt ausfällt?“, fragt dort Leon Kienzle in die Runde, ein weiterer Auszubildender. „Das komplette Fernsehen wäre weg“, vermutet ein Schüler. Ein kleiner Film liefert den Jugendlichen die Antwort und soll ihnen die Welt der Satelliten schmackhaft machen. Transportinfrastruktur, Stromnetze und Kommunikation – quasi alle Bereiche unseres modernen Lebens wären betroffen, wenn es die Raumfahrt nicht geben würde.

Die Auszubildenden zeigen ihre spannenden Arbeiten

Nach dem Video geht es in ein weiteres Bürozimmer, in dem es jede Menge spannende Modelle zu entdecken gibt. Zahlreiche Auszubildende in dunkelblauen Poloshirts stehen bereit, um sie den Schülern zu erklären. Zwei Schüler steuern etwa einen kleinen Marsrover per Tablet über den Tisch. Daneben veranschaulichen zwei Modellsatelliten eine Datenübertragung per Laserstrahl. Moritz Giebeler, Mechatroniker im dritten Lehrjahr, präsentiert ein selbst gebautes elektropneumatisches Modell. Welchen Personen empfiehlt er denn seinen Beruf? „Man muss eine Begeisterung für Technik haben“, antwortet Giebeler. Er selbst hatte mal ein Studium begonnen, sich dann aber doch für eine Ausbildung entschieden. Das empfiehlt er jedem, der „keine Lust hat am Schreibtisch zu sitzen.“

Ein paar Schüler der Max-Eyth-Realschule schauen sich die Exponate ebenfalls an. Die „Nacht der Ausbildung“ empfindet Simon (14) als „ne tolle Sache“. Tesat ist ihre erste Station am heutigen Tag, aber die Schulkameraden haben sich noch viel vorgenommen. Auch bei den Unternehmen Riva, Harro Höfliger und der Kreisparkasse wollen sie noch vorbeischauen. „Wir wollen eher in die kaufmännische Richtung“, sagt Ben (15). „Aber es ist interessant, auch mal etwas anderes zu sehen.“ Außerdem präsentiert Tesat den Schülern eine tolle Attraktion, den sogenannten Spacelift. Der simuliert einen Raketenstart. „Das war sehr gut. Es war wie Fliegen“, erzählt Ali Aghour (24). Der junge Mann ist inspiriert. „Vielleicht finde ich hier mal einen Job.“

In der Innenstadt macht die Stadtverwaltung mit lauter Musik auf sich aufmerksam

Im Biegel 13 sind die Mitarbeiter der Stadtverwaltung schon von weitem zu hören, denn DJ Harry Garcia legt elektronische Beats auf. Dazu verteilen die Mitarbeiter der Bar „Wohnzimmer“ Getränke an einer kleinen Bar. Überall sind Plakate und Pullis in den Stadtfarben gelb und blau zu sehen. Die Passanten können sich über eine Vielzahl an Berufen informieren, welche die Stadt zu bieten hat, darunter Straßenbauer, Veranstaltungswirt oder Erzieher.

Melissa Wesche zum Beispiel ist Malerin und Lackiererin beim Bauhof und freut sich, dem Nachwuchs heute von ihrer Arbeit berichten zu können. „Man kann kreativ sein und es ist abwechslungsreich“, erzählt sie. Die Besucher können ihr Talent auch gleich mal ausprobieren. Eine Skizze und Farbe lädt dazu ein, selbst ein paar Pinselstriche zu setzen. Bis 15.30 Uhr sind zwar noch kaum Leute vorbeigekommen, aber die „Nacht der Ausbildung“ ist ja noch jung.

Ein Magier soll die jungen Passanten in die Büroräume locken

Jeder Betrieb hat so seine eigenen Tricks, um die Schüler ins Gespräch zu locken. Die Angestellten der Kreissparkasse Waiblingen etwa haben den Magier Daniel Zürn gebucht. Der Mann aus Schwäbisch Hall steht vor der Filiale oder an der Bushaltestelle und versucht die jungen Menschen mit seinen Tricks in seinen Bann zu ziehen – und sie dann zu einem Gespräch mit den Bankkaufleuten zu motivieren. Und das klappt tatsächlich. Mit einem Kartentrick ködert er eine Gruppe Jugendlicher.

Auch das Handwerk war vertreten bei dem Tag für berufliche Orientierung. Bei dem Sanitär- und Heizungsbauer Wurst haben sich verschiedene Branchen zusammen gefunden, vom Bäcker bis zum Raumausstatter. Etwa 30 junge Menschen sind vorbeigekommen, schätzt Petra Ehm, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft. Ob sich da der personelle Aufwand gelohnt hat? „Das wissen wir ja noch nicht“, antwortet sie. Vielleicht wird der Tag der offenen Tür ja tatsächlich die eine oder andere Bewerbung bescheren. „Die Wenigen, die angekommen sind, waren sehr interessiert“, sagt Ehm. Besonderes viel Interesse habe es bei Berufen gegeben, die notwendig sind, um die Klimawende zu schaffen, erzählt sie. Darunter die Ausbildung zum Elektroniker und zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.

Fabian Kübler (gelbe Weste) erzählt im Shuttlebus den Jugendlichen von seinen Beruf. Er ist Anlagenmechaniker im zweiten Lehrjahr bei dem Sanitär- und Heizungsbauer Wurst.

© Tobias Sellmaier

Fabian Kübler (gelbe Weste) erzählt im Shuttlebus den Jugendlichen von seinen Beruf. Er ist Anlagenmechaniker im zweiten Lehrjahr bei dem Sanitär- und Heizungsbauer Wurst.

Gegen Ende der Veranstaltung haben laut der Vorstandsvorsitzenden der Wirtschaftsjunioren, Jasmin Böttinger, rund 300 Leute an der „Nacht der Ausbildung“ teilgenommen. „Wir hatten uns mehr erhofft, aber mit 300 sind wir auch zufrieden“, sagt sie. Viele junge Menschen seien aus Backnang und der Umgebung gekommen, einige aber auch aus Winnenden oder dem Kreis Ludwigsburg. Um 18 Uhr berichtet Böttinger: „Jetzt wird es langsam leerer am Busbahnhof.“ Noch eine Stunde haben die letzten Teilnehmer Zeit, sich in Backnang nach ihrem Traumberuf umzusehen. Denn die „Nacht“ endet für die Wirtschaftsjunioren bereits um 19 Uhr.

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Erstellt:
20. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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