Backnang: An diesen Orten kann sich jeder aufwärmen

Die Stadt Backnang lädt Bedürftige, die angesichts explodierender Heizkosten in diesem Winter vor besonderen Herausforderungen stehen, ein, öffentliche Räumlichkeiten als wärmespendende Orte zu nutzen. Auch andere Einrichtungen beschäftigen sich mit diesem Thema.

Kann während ihrer Öffnungszeiten als Ort zum Aufwärmen dienen: Die Stadtbücherei steht Bedürftigen offen. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Kann während ihrer Öffnungszeiten als Ort zum Aufwärmen dienen: Die Stadtbücherei steht Bedürftigen offen. Foto: Alexander Becher

Von Nicola Scharpf

Backnang. Die Stadt Backnang bietet verschiedene Anlaufstellen zum Aufwärmen für alle Menschen an, die in diesem Winter angesichts explodierender Heizkosten vor besonderen Herausforderungen stehen. So sind Bedürftige eingeladen, die Räumlichkeiten in der Stadtbücherei und in der Galerie der Stadt Backnang als wärmespendende Orte aufzusuchen. Neben der Stadt befassen sich weitere Einrichtungen mit dem Thema, beheizte Räume als Hilfe für Bedürftige anzubieten. Beispielsweise öffnet das Deutsche Rote Kreuz nach den Weihnachtsferien seinen Saal und stellt dort Tische, Stühle, Tee und Kaffee zur Verfügung.

Deutschlandweit haben Städte Wärmestuben eingerichtet und Bemühungen unternommen, die dazu beitragen, die Not von Menschen zu lindern, die „finanziell nicht so einen Puffer haben, dass sie durchheizen können“, definiert der städtische Pressesprecher Christian Nathan die Zielgruppe und schildert die Überlegungen innerhalb der Backnanger Stadtverwaltung: Man habe explizit keine Wärmestuben einrichten und die beheizten Räumlichkeiten auch nicht so titulieren wollen. Vielmehr sei das Ziel gewesen, niederschwellige Angebote für „Leute mitten aus unserer Gesellschaft“ zu schaffen. „Es handelt sich um Räume, die man auch sonst besuchen kann. Theoretisch gibt es das Angebot, dort zu verweilen, bereits.“

Bei der Stadt rechnet man nicht damit, dass durchgefrorene Bedürftige zuhauf in der Bücherei und der Galerie eintreffen werden. Sollte sich beim Versuch aber herausstellen, dass die Orte der Wärme erheblich mehr in Anspruch genommen werden als erwartet, würde man nachjustieren, so Nathan. Und sollte es keinen Bedarf geben, dann sei das umso erfreulicher. „Bedarf müsste es allerdings schon geben“, gibt Nathan die Auffassung der Stadtverwaltung wider. „Aber nehmen die Bedürftigen solche Angebote auch an?“

Bestehende Angebote sind teilweise sehr ausgelastet

Jedenfalls ist die Stadtverwaltung bei diesem Thema in Kontakt mit anderen Einrichtungen mit sozialen Angeboten. Von den anderen Organisationen hat die Stadt Backnang nach Angaben des Pressesprechers teilweise die Rückmeldung bekommen, dass die normalen Angebote für betroffene Menschen mit geringem Einkommen bereits eine so gute Auslastung hätten, dass sie nicht zusätzlich noch als wärmespendende Orte ausgewiesen werden könnten. Teilweise sind aber noch Kapazitäten vorhanden: Die katholische Kirche sieht beispielsweise die Möglichkeit, ihr bereits vorhandenes offenes Angebot der Vesperkirche bei Bedarf weiter auszudehnen. Dieser montägliche Mittagstisch im Gemeindehaus St. Johannes ist laut Pfarrer Wolfgang Beck nicht nur bei Armen und Sozialhilfeempfängern, sondern auch bei Geselligkeit Suchenden und anderen Mitbürgern bereits eine feste Größe. „Aber da kann man noch einen Tisch dazustellen und das ehrenamtliche Kochteam kocht mehr. Das kriegen wir irgendwie hin.“

Auch die Backnanger Ortsgruppe des Roten Kreuzes versucht zu helfen, indem sie ihren Saal zur Verfügung stellt. „Ich kann nicht abschätzen, wie viele Menschen sich auf den Weg zu uns machen werden“, sagt der Vorsitzende des Ortsvereins, Klaus-Dieter Fackler. Er könne sich vorstellen, dass die Bedürftigen, die die Kleiderhalle des DRK in Anspruch nehmen, auch den warmen Saal aufsuchen werden. Sitzgelegenheiten, Kaffee und Tee kann das DRK den Menschen dort als Wärmespender anbieten. Wofür keine personellen Kapazitäten vorhanden seien sei, die Bedürftigen zu begleiten oder zu betreuen, so Fackler.

Für eine richtige Wärmestube fehlt es an Personal

Ähnliche Signale kommen von der evangelischen und katholischen Kirche in Backnang: Dekan Wilfried Braun gibt zu bedenken, dass zwar Räume gegebenenfalls einsetzbar wären. Lege man den Begriff der Wärmestube allerdings enger aus, dann fehle es am Begleitpersonal für ein solches wärmendes Angebot. „Wir sind am Werkeln: Was könnte ein sinnvolles Konzept sein?“ Pfarrer Beck bestätigt: Richtige Wärmestuben würden ein hohes Maß an Organisation – sinnvollerweise auf viele tragende Schultern verteilt – erfordern, es müssten Strukturen geschaffen werden.

Bei der Erlacher Höhe ist man erprobt und schon immer präsent in der Kältehilfe, insbesondere für wohnungslose Menschen. Der Vorsitzende des diakonischen Sozialunternehmens, Wolfgang Sartorius, befürwortet alle Bemühungen in Richtung Kältehilfe: „Es ist gut, dass es nun an verschiedenen Stellen in der Stadt Orte zum Aufwärmen gibt.“ Aktuell stelle die Erlacher Höhe keine verstärkte Nachfrage nach Aufnahmen in ihren Notunterkünften fest, mache aber in Notfällen alles möglich, damit niemand im Freien übernachten müsse. „Zudem unterstützen wir Menschen aus Spendenmitteln, die aufgrund der gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten nicht mehr über die Runden kommen. Niemand sollte vor der bitteren Wahl stehen, entweder weniger zu essen oder zu frieren.“

Eine Auswahl an wärmespendenden Orten

Stadtbücherei Hier besteht die Möglichkeit, sich aufzuwärmen, Kontakte zu knüpfen und etwas Warmes zu trinken. Die Stadtbücherei, Im Biegel 13, ist Dienstag und Donnerstag von 14 bis 18, Mittwoch von 9 bis 18 und Samstag von 9 bis 13 Uhr geöffnet.

Galerie der Stadt Backnang Die regulären Öffnungszeiten der Galerie, Petrus-Jacobi-Weg 1, sind Dienstag bis Freitag von 16 bis 19, Samstag von 11 bis 18 und Sonntag sowie an den Feiertagen 26. Dezember 2022 und 6. Januar 2023 von 14 bis 18 Uhr. An den übrigen Feiertagen hat die Galerie geschlossen.

Vesperkirche Immer montags von 12 bis 14.30 Uhr werden im Gemeindehaus St. Johannes, Lerchenstraße 18, ein warmes, frisch gekochtes Mittagsessen sowie Kaffee und Kuchen angeboten. Bedürftige bekommen die Mahlzeit für 1,50 Euro, Normalverdiener zahlen 4,50 Euro. Bei Bedarf kann das Angebot zeitlich ausgedehnt werden.

Deutsches Rotes Kreuz Beginnend ab Montag, 9. Januar, steht der Saal am DRK-Standort in der Öhringer Straße 8 als wärmespendender Raum zur Verfügung. Es gibt Kaffee und Tee.

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Erstellt:
23. Dezember 2022, 06:00 Uhr

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