Backnang bekommt ein Tageshospiz

Die Hospizstiftung Rems-Murr darf ihr Haus auf dem ehemaligen Krankenhausareal erweitern. Das neue Angebot richtet sich an schwer kranke Menschen, die abends aber noch in die eigenen Wohnungen zurückkehren können. Auch ein Tageshospiz für Kinder ist geplant.

Heinz Franke und Ute Ulfert vom Vorstand der Hospizstiftung Rems-Murr studieren die Baupläne für die Erweiterung. Das oberste Stockwerk, das noch ein Rohbau ist, soll ausgebaut werden. Zusätzlich ist ein Aufbau auf dem Dach geplant. Foto: Alexander Becher

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Heinz Franke und Ute Ulfert vom Vorstand der Hospizstiftung Rems-Murr studieren die Baupläne für die Erweiterung. Das oberste Stockwerk, das noch ein Rohbau ist, soll ausgebaut werden. Zusätzlich ist ein Aufbau auf dem Dach geplant. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Todkranken Menschen den letzten Lebensabschnitt so angenehm wie möglich zu gestalten und ihnen schließlich auch ein Sterben in Würde zu ermöglichen – dieses Ziel hat sich die Hospizstiftung Rems-Murr auf die Fahnen geschrieben. Mit dem Neubau auf dem ehemaligen Krankenhausareal in Backnang hat diese Arbeit noch einmal neuen Schub bekommen.

Neben einem stationären Hospiz mit zwölf Betten sind in dem 2019 eröffneten Gebäude auch ambulante Hospizdienste für Kinder und Erwachsene, ein Pflegeteam der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) sowie verschiedene Beratungs- und Trauerangebote untergebracht.

Jetzt kommt noch ein weiteres Angebot hinzu: Im kommenden Jahr soll in der Bonhoefferstraße ein sogenanntes Tageshospiz eröffnen. „Es richtet sich an Menschen, die noch daheim versorgt werden können, aber tagsüber eine Betreuung brauchen, etwa weil die Angehörigen arbeiten müssen“, erklärt der geschäftsführende Vorstand der Hospizstiftung Heinz Franke.

Die Nachfrage nach solchen teilstationären Angeboten nimmt zu, denn dank des medizinischen Fortschritts ist es heute möglich, auch Krebskranke im Endstadium noch relativ lange in einem stabilen Zustand zu halten. Wenn es irgendwann doch nicht mehr geht, können die schwer kranken Menschen ins stationäre Hospiz wechseln. „Die Betroffenen und ihre Angehörigen kennen unser Haus dann schon, so können wir einen sanften Übergang schaffen“, erklärt Franke. Neben dem Tageshospiz für Erwachsene ist auch ein ähnliches Angebot für Kinder geplant. Hier geht es vor allem darum, die Familien tageweise zu entlasten.

Heinz Franke ärgert sich über Enthaltungen im Gemeinderat

Um Raum für die neuen Hilfsangebote zu schaffen, will die Hospizstiftung in der Bonhoefferstraße nicht nur das oberste Stockwerk ausbauen, das sich noch immer im Rohbauzustand befindet, sondern das vierstöckige Gebäude auch noch um ein Geschoss aufstocken. Einer Änderung des Bebauungsplans, die dafür notwendig ist, hat der Backnanger Gemeinderat kürzlich zugestimmt – sogar ohne Gegenstimme. Trotzdem wirkte Heinz Franke nach der Sitzung angefressen. „Das war schon ein bisschen frustrierend“, sagt der SPD-Fraktionschef, der wie auch die CDU-Fraktionsvorsitzende Ute Ulfert wegen persönlicher Betroffenheit nicht an der Abstimmung teilnehmen durfte. Sein Groll richtet sich gegen die acht Stadtratskollegen, die sich bei der Abstimmung enthalten hatten. Unverständlich für Heinz Franke, der die fehlende Zustimmung als „mangelnde Wertschätzung für diese unverzichtbare Arbeit“ empfindet: „Nur verbale Bekundungen, dass Hospizarbeit ganz wichtig ist, reichen nicht aus.“

In der Sache ändert sich durch die Enthaltungen allerdings nichts: Die Hospizstiftung kann ihr Gebäude auf dem ehemaligen Krankenhausareal wie gewünscht aufstocken. Wobei es sich bei dem geplanten fünften Stockwerk laut Franke nicht um ein Vollgeschoss handelt, sondern um einen „filigranen Aufbau aus Holz und Glas“. Nur gut ein Viertel der vorhandenen Dachfläche werde überbaut. Franke spricht von einer „minimalen Änderung des Bebauungsplans“, wie sie der Gemeinderat auch bei anderen Projekten schon oft genehmigt habe.

Bauprojekt wird durch Erbschaften finanziert

Dass das Bauvorhaben trotzdem für einigen Wirbel unter den Anwohnern sorgte, führt Franke darauf zurück, „dass unser Konzept vielleicht zu wenig transparent war und teilweise unrichtige Fakten kursierten“. Im Übrigen habe der Protest in Teilen wohl gar nicht der Hospizstiftung, sondern der Kreisbau und deren Baustelle beim Krankenhausparkdeck gegolten. Bei einer Informationsveranstaltung Ende April habe man aber viele Bedenken ausräumen können.

Nach dem Beschluss des Gemeinderats will die Hospizstiftung Rems-Murr die Ausbaupläne nun konkretisieren. Die Bauarbeiten sollen Anfang nächsten Jahres beginnen, Franke rechnet mit einer Bauzeit von vier bis sechs Monaten. Ob dies bei laufendem Betrieb möglich ist oder für die Hospizgäste in dieser Zeit ein Ausweichquartier benötigt wird, muss noch geklärt werden.

Die Kostenschätzung liegt momentan bei 1,5 Millionen Euro, die Finanzierung ist laut Franke gesichert. Das Hospiz werde immer wieder von Gästen im Nachlass bedacht. Dieses Geld habe man schon seit einigen Jahren für eine mögliche Erweiterung zur Seite gelegt, erzählt Heinz Franke. Wenn diese fertig sei, verfüge Backnang in der Region neben Stuttgart über „das einzige Hospiz mit einem so multiplen Angebot unter einem Dach“. Der 73-Jährige, der sich schon seit 30 Jahren in der Hospizarbeit engagiert, wäre damit am Ziel. „Wenn wir das zu Ende gebracht haben, will ich mich aus der operativen Arbeit zurückziehen.“

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Erstellt:
6. Juli 2023, 06:00 Uhr

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