Backnang legt dem Land seine Wärmeplanung 1.0 vor
Die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energien soll auf allen Ebenen und mit Hochdruck erfolgen, vor allem in ausgewählten Quartieren.
Von Matthias Nothstein
Backnang. Die Stadt Backnang ist verpflichtet, bis Jahresende dem Land die erste Stufe einer kommunalen Wärmeplanung vorzulegen. Mit einem solchen Konzept sollen die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger und die Sanierung der Gebäude vorangebracht werden. In einer gemeinsamen Sitzung von zwei Ausschüssen des Backnanger Gemeinderats wurden die Stadträte über die priorisierten Maßnahmen der Verwaltung informiert. Danach segneten sie bei zwei Gegenstimmen die erste Stufe der kommunalen Wärmeplanung als informellen Strategieplan ab.
Oberbürgermeister Maximilian Friedrich zeigte sich eingangs zufrieden mit dem aktuellen Stand: „Mit der Erstellung des Konzepts zur kommunalen Wärmeplanung in der Version 1.0 unternimmt die Stadt Backnang einen wichtigen Schritt zum stufenweisen Umbau der lokalen Wärmeversorgung und kommt damit mehreren klimapolitischen Forderungen auf Bundes- und Landesebene nach.“ Er erinnerte daran, dass die Wärmewende eine entscheidende Rolle im Klimaschutz einnimmt. Die aktuelle Gesetzgebung sieht vor, dass ab dem Jahr 2040 keine Treibhausgasemissionen mehr durch die Wärmeversorgung verursacht werden dürfen. Friedrich: „Mit dem heutigen Beschluss liegt die Stadt Backnang gut in der Zeit.“
Frühzeitiger Konsens nötig
Die erste Stufe des Wärmeplans wurde von Anfang an bewusst mit den relevanten Akteuren wie der Süwag, den Stadtwerken oder den Bauträgern diskutiert. Das Ziel dieser Treffen bestand darin, lokales Wissen rechtzeitig einzubeziehen und frühzeitig einen Konsens zu finden. Friedrich: „Die Umsetzung stellt viele Akteure vor erhebliche Ressourcenanforderungen, sowohl in Bezug auf Personal als auch auf Fachkräfte und Material. Besonders die Stadtwerke stehen vor großen Herausforderungen. Umso notwendiger ist es, diese Transformation jetzt mit vollem Engagement voranzutreiben.“
Stadtplanungsamtsleiter Tobias Großmann erläuterte die Gesetzeslage und zerstreute so einige Befürchtungen. Zwar sei es richtig, dass das Gebäudeenergiegesetz vorschreibt, dass eine neue Heizung mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien erzeugen muss, aber das gilt vorerst nicht für Städte mit weniger als 100000 Einwohnern. In Backnang leben aktuell 38000 Menschen. Hier können bis 2028 Heizungen eingebaut werden, die den oben erwähnten Prozentsatz nicht erreichen. Und noch eines stellt Großmann klar: Für Eigentümer von Gebäuden, die in ein voraussichtliches Wärmeversorgungsgebiet eingeteilt sind, entsteht keine Pflicht, eine bestimmte Wärmeversorgungsart zu nutzen.“ Trotzdem gibt die jetzt abgesegnete Version 1.0 den Bürgern, Planern und der lokalen Wirtschaft erste Hinweise zu Handlungsoptionen im eigenen Quartier oder Wohnblock. „Mit der sukzessiven Ausweitung von quartierspezifischen Detailuntersuchungen wird die Aussagekraft der Planung schrittweise erhöht“, prophezeit Großmann. Zuerst wurde der Bestand analysiert. Welche Gebäude werden wie beheizt und welchen Wärmebedarf und welche Dämmung haben sie? Wo gibt es bereits Wärmenetze? Wie können diese ausgeweitet werden?
Pilotquartier für den Wärmewandel ist das Gebiet Backnang-Süd
Als Erstes möchte Backnang als Vorbild glänzen. Die 70 städtischen Gebäude verantworten fünf Prozent der gesamten Wärmebedarfs. Die Stadt wird mehrere neue Stellen schaffen und Sanierungsfahrpläne erstellen. Ziel ist, dass Backnang bis 2035 klimaneutral ist und den Wärmebedarf um 65 Prozent reduziert hat. Als Pilotquartier für den Wärmewandel wurde das Gebiet Backnang-Süd „Blütengarten bis Kuchengrund“ ausgewählt. Dort werden 56000 Megawattstunden pro Jahr verbraucht. 63 Prozent steuert Erdgas bei, Heizöl weitere 36 Prozent. Die Stadt sucht nun den Dialog mit den Bewohnern und Unternehmern, stellt innerhalb eines Jahres ein Konzept auf und plant, dieses in fünf Jahren umzusetzen.
Weitere Schwerpunkte sind eine Sanierungsoffensive von Wohngebäuden und eine Ausweitung von Fotovoltaikanlagen auf Freiflächen. Relativ konkret ist der Ausbau von klimaneutralen Wärmenetzen. Hierzu erläuterte Thomas Steffen von den Stadtwerken Backnang die aktuellen Überlegungen: Im Bau ist bereits das Wärmenetz für die Obere Walke. Eine Heizzentrale an der Eugen-Adolff-Straße wird künftig die gesamte Obere Walke und eventuell einige Randgebiete mit Wärme versorgen.
Großes Potenzial beim IBA-Quartier
Riesiges Potenzial könnte eine Wärmeleitung entfalten, die mit der Abwärme der Biovergärungsanlage gespeist würde. Aktuell verpuffen dort acht Millionen Kilowattstunden pro Jahr völlig ungenutzt. Ein künftiges Netz könnte nicht nur das künftige IBA-Quartier Backnang-West mit Wärme versorgen, sondern sogar das Berufsschulzentrum. Weitere Ankerkunden könnten das Landratsamt, der Bauhof oder Schulen und Hallen sein. Dies würde allerdings nur funktionieren, wenn eine weitere Heizzentrale das System unterstützen würde.
Die Größe der Aufgabe wurde von den meisten Stadträten anerkannt. Ute Ulfert (CDU) sagte, „das ist ein guter Plan und es geht in die richtige Richtung“. Heinz Franke (SPD) rief dazu auf, die Bürger auf diesem Weg mitzunehmen, „sonst könnte schnell auch massiver Widerstand entstehen“. Ulrike Sturm (Grüne) lobte die Verwaltung, dass sie die Hände nicht in den Schoss legen würde. Sie glaubt, viele Bürger würden sich gerne an ein Wärmenetz anschließen lassen, „dann hätten sie die Thematik mit gesetzlichen Forderungen von der Backe“.