Backnanger Einzelhändler im Endspurt vor Heiligabend

Das Weihnachtsgeschäft läuft für den Backnanger Einzelhandel zufriedenstellend. Von den globalen Kriegen und Krisen scheinen sich die Leute die Konsumlaune nicht verderben zu lassen. Aktionen wie die Weihnachtswelten und die Weihnachtsengel bringen Kunden in die Stadt.

Zauberten Passanten ein Lächeln ins Gesicht: Die Weihnachtsengel waren am dritten Adventswochenende unterwegs. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Zauberten Passanten ein Lächeln ins Gesicht: Die Weihnachtsengel waren am dritten Adventswochenende unterwegs. Foto: Tobias Sellmaier

Von Nicola Scharpf

Backnang/Murrhardt. Der Spielwarenhändler ist zufrieden, die Boutiqueinhaberin ist es auch und die Buchhändlerin sagt: „Wir können nur schwärmen.“ Beim Weihnachtsgeschäft scheint der hiesige Handel mehrheitlich nicht der landesweiten Lage zu entsprechen. Denn der Handelsverband Baden-Württemberg (HBW) meldete einen schleppenden Start ins Weihnachtsgeschäft, das offenbar erst am dritten Adventswochenende an Fahrt aufnahm. Zahlen nennen Backnanger Händler zwar nicht, aber über fehlenden Schwung im Weihnachtsgeschäft können sie nicht klagen.

Matthias Wiedmann zum Beispiel spricht von einem normalen Weihnachtsgeschäft für seinen Spielwarenhandel. Der Verkauf von Spielwaren sei eine „konstante Geschichte“. Er laufe in Boomjahren genauso normal wie in Krisenzeiten. „Wir verkaufen Freude und schöne Dinge. Das gönnen sich die Menschen trotz aller negativen Nachrichten.“ Einem Trend, den der Handelsverband ausgemacht hat, schließt sich Wiedmann allerdings an: Weihnachtsgeschenke werden immer später eingekauft. „Der November spielt für das Weihnachtsgeschäft keine Rolle mehr“, sagt Wiedmann. Stattdessen gehe es vor Nikolaus und zwei Wochen vor Weihnachten umso knackiger und komprimierter zur Sache.

Weihnachtsengel in Backnang

Der Backnanger Stadtmarketingverein hat am Samstag seine charmanten Weihnachtsengel losgeschickt. Auf den Straße und in den Geschäften waren sie ein beliebtes Fotomotiv.

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Christian Lätzigs subjektive Wahrnehmung dagegen ist, dass das diesjährige Weihnachtsgeschäft hinter dem des Vorjahrs zurückbleibt. Die „unsägliche Debatte“ über den Bundeshaushalt habe dem Handel geschadet, so der Murrhardter Buchhändler und Inhaber des BücherABC. „Irgendwie ist allen klar, dass nächstes Jahr wieder alles teurer wird. Das drückt auf die Kaufstimmung. Ich spüre Zurückhaltung. Die Kunden kaufen schon, aber nicht auf dem Niveau wie letztes Jahr.“ Hinzu komme, dass die Murrhardter Innenstadt aus Richtung Riesberg aufgrund einer Straßensperrung nur über große Umwege erreichbar sei. Lätzig hofft für seinen Laden auf die letzten Tage vor Weihnachten: „Die Kunden müssen ja irgendwann kommen.“

Am neuen Standort läuft das Geschäft

In der Osianderschen Buchhandlung an ihrem neuen Backnanger Standort in der Grabenstraße sind sie schon da. „Wir müssen wirklich schauen, dass wir die Ware bekommen und kommen nicht nach mit dem Bestellen“, schildert Filialleiterin Ulrike Weinberger. „Die Unentschlossenen greifen oft zum Buch. Das Buch hat immer noch Erfolg.“ Auf den Endspurt bereitet sie sich vor, indem sie ihr Team gut aufstellt, jeden Abend nach Lücken in den Regalen guckt und nachbestellt. Die Filiale hatte seit der Eröffnung am 18. November einen „erfolgreichen Start“. Weinberger kann schwer abschätzen: „Was daran ist dem neuen Angebot geschuldet, was dem neuen Laden, was dem Weihnachtsgeschäft?“ Auf jeden Fall ist die Kundschaft da. Männer greifen bei den Themen Krimi, Reise, Geschichte und Zeitgeschehen zu, Frauen wünschen sich schöne Lektüre unterm Christbaum und fühlen sich vom Tisch mit weihnachtlichem Lesestoff angesprochen.

„Weihnachtsstimmung kommt in Backnang erst mit dem zweiten Advent auf, wenn Weihnachtsmarkt ist“, weiß Sigrid Göttlich. Martin Windmüller bestätigt die Worte der Vorsitzenden des Stadtmarketingvereins. „Inzwischen rollt es“, sagt er über das Weihnachtsgeschäft in seinem Betten- und Wäschehaus. Angesichts der Kriege in der Ukraine und in Gaza und der Debatte um den Bundeshaushalt erstaunt ihn das etwas. „Man wird unlustig, unsicher, was die Zukunft bringt. Das schlägt durch auf die Konsumlaune.“ Was er aber auch registriert: Wenn eine Kaufentscheidung gefallen sei, sei der Preis nahezu egal. Gegenüber Großstädten gewinnen die Mittelzentren, so Windmüller – ein Plus für die Backnanger Händler. Sigrid Göttlich führt das darauf zurück, dass die Wege kürzer sind und das Einkaufen persönlicher ist.

Filialleiterin Ulrike Weinberger kommt in der Buchhandlung Osiander mit dem Einräumen der Bücher kaum hinterher.Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Filialleiterin Ulrike Weinberger kommt in der Buchhandlung Osiander mit dem Einräumen der Bücher kaum hinterher.Foto: Alexander Becher

Am dritten Adventssamstag war Göttlich, am Vormittag in ihrer Boutique Accente startend, bis in den Abend hinein mit den zwei Backnanger Weihnachtsengeln auf dem Markt, bei den Händlern und Gastronomen in der Innenstadt unterwegs. „Es war so himmlisch schön“, schwärmt sie. Ob bei Passanten oder bei Kollegen, sie sah glückliche Gesichter und erkannte große Zufriedenheit. „Alle waren strahlend und im Glück.“ In manchen Geschäften sei „unfassbar viel los“ gewesen. In anderen Läden sei das nicht so greifbar und dennoch bleibe am Ende des Tages viel Positives.

Eine neue Aktion des Stadtmarketings waren die Backnanger Weihnachtswelten: Neun beteiligte Gastronomiebetriebe in der Innenstadt luden am zweiten und dritten Adventswochenende an Buden bei Hüttenzauber, Glühwein, Punsch und weihnachtlichen Schmankerln zum winterlichen Verweilen ein. „Die Gastronomen haben ganz viel Engagement in diese Aktion investiert“, unterstreicht Göttlich. Im Rahmen der Weihnachtswelten verteilte das Stadtmarketing außerdem Gutscheine, die laut Göttlich gut angenommen wurden und dazu beitrugen, dass die Menschen von einer Weihnachtswelt zur nächsten bummelten. Dazu stimmte ein vielfältiges musikalisches Programm aufs bevorstehende Fest ein.

Lange Woche ist ein Vorteil

In der Aktion spiegelt sich eine neue Idee im Handel wider, wie Göttlich schildert: Die Produkte sind nebensächlich, stattdessen entstehen Erlebniswelten. Mit dem Einbinden der Gastronomie sollen die Menschen, insbesondere die jüngere Generation, abgeholt werden. In ihrer Boutique griff Göttlich die Idee auf und lud zu einem weihnachtlichen Abendevent ein: Gespräche führen, dabei selbst gebackene Gutsle essen, Kaffee oder Prosecco trinken und beiläufig Blicke auf die präsentierte Mode werfen. Das scheint anzukommen, für ihren Laden ist Göttlich zufrieden mit dem Verlauf der Weihnachtszeit. Zugute komme den Händlern auch, dass Heiligabend auf einen Sonntag falle: „Es ist gut, diese lange Woche vor Weihnachten zu haben.“ Martin Windmüller sieht noch einen weiteren Vorteil für den Handel vor Ort: „Online ermöglicht keine zuverlässige Lieferung mehr in der Woche vor Weihnachten.“

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Erstellt:
19. Dezember 2023, 06:00 Uhr

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