Backnanger EM-Volunteers freuen sich auf den ersten Einsatz

Mit Herz und Leidenschaft sind Fiona Sachs und Silvio Kovac am Sonntag dabei, wenn beim ersten EM-Spiel in der Stuttgarter Arena Slowenien auf Dänemark trifft. Freundlichkeit bei der Ticketkontrolle ist oberstes Gebot.

Backnanger EM-Volunteers freuen sich auf den ersten Einsatz

© Alexander Becher

Von Andreas Ziegele

Backnang. Geld bekommen beide nicht für das, was sie in den kommenden Wochen leisten werden. Dafür aber das Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein. Insgesamt haben sich rund 150000 Menschen beworben. 1600 Freiwillige, sogenannte Volunteers, werden in Stuttgart im Einsatz sein. Silvio Kovac aus Heiningen und Fiona Sachs aus Maubach haben eine Zusage erhalten und freuen sich nun darauf, bei den fünf Spielen in der Stuttgarter Arena im Ticketing tätig zu sein. Noch kennen sich die beiden nicht, aber das kann sich im Lauf des Turniers noch ändern. Was die beiden verbindet, ist ihre Affinität zum Fußball.

Fiona Sachs und Silvio Kovac sind bereit für ihren Einsatz bei der Europameisterschaft. Foto: Alexander Becher

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Fiona Sachs und Silvio Kovac sind bereit für ihren Einsatz bei der Europameisterschaft. Foto: Alexander Becher

Im Gegensatz zu Sachs, die zum ersten Mal als Volunteer arbeitet, ist Silvio Kovac ein Wiederholungstäter. „Ich war schon 2006 bei der Fußballweltmeisterschaft in Stuttgart als Volunteer im Bereich Ticketing dabei“, sagt er. Die Erfahrung von damals war auch die Motivation, sich wieder zu bewerben. „Das war damals einfach cool und ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich daran denke“, erinnert sich der 57-Jährige. Seitdem hat sich viel verändert, das fing schon bei der Bewerbung im November letzten Jahres an. Wurde bei der Bewerbung 2006 noch alles vor Ort in Stuttgart erledigt, musste diesmal das offizielle Bewerbungsformular der europäischen Fußballunion Uefa ausgefüllt werden. „Das habe ich aus dem Internet heruntergeladen und dann an die Uefa geschickt“, erzählt Kovac. Danach wurde er zu einem Videointerview eingeladen. Vier Fragen galt es zu beantworten, drei auf Deutsch und eine auf Englisch. Ähnlich erging es Fiona Sachs. Allerdings musste die 21-Jährige zu jeder der vier Fragen ein Video von sich drehen, in dem sie die Fragen beantworten musste. Beide wurden nun für das Ticketing ausgewählt. Bei ihr ging die Initiative zur Bewerbung von ihrer Mutter aus. „Meine Mutter hat mich auf den Aufruf der Uefa aufmerksam gemacht und ich habe mich dann im September letzten Jahres beworben“, sagt Fiona Sachs.

Strenge Kontrollen bei der Anmeldung

Sowohl Sachs als auch Kovac absolvierten eine Trainingseinheit in der Stuttgarter Arena. Besonders beeindruckt waren beide von den Sicherheitsvorkehrungen schon bei der Akkreditierung zum Training. „Das waren Kontrollen, wie ich sie noch nicht einmal am Flughafen erlebt habe“, sagt Kovac. Ähnlich empfand es Fiona Sachs: „Da sitzen plötzlich drei Polizisten, die die Papiere genau kontrollieren und einem schon ein bisschen Angst machen, weil sie so streng gucken.“ Beim Training wurde dann die Sprache wieder zum Thema. „Das war alles auf Englisch“, sagt Kovac.

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Neu eingekleidet sind die beiden auch an den Spieltagen in ihrem Volunteer-Outfit kaum zu übersehen. Während sie graue Hosen in einer kurzen und einer langen Version erhalten haben, leuchtet das Trikot in knalligen Grün- und Gelbtönen. Diese Farbe setzt sich bei der Regenjacke, der Baseballmütze und dem Rucksack fort. „Mit den Farben habe ich kein Problem. Durch meine langjährige Vergangenheit bei der SG Oppenweiler-Strümpfelbach bin ich ja quasi in den Vereinsfarben unterwegs“, sagt Silvio Kovac. Fiona Sachs hat sich mit der Farbkombination noch nicht ganz angefreundet, ebenso wenig wie mit den weiteren Vorgaben für die Bekleidung: „Selbst die Socken, die wir nicht gestellt bekommen, müssen vom selben Ausrüster sein.“

Lange Arbeitstage

An den Spieltagen geht es bereits fünf Stunden vor Anpfiff los. Da beide im Ticketing tätig sind, wird zunächst bekannt gegeben, an welchem der vier Eingänge sie ihren Dienst zu verrichten haben. Drei Stunden vor Spielbeginn wird es dann ernst für die beiden. Silvio Kovac wird dann in der zweiten Reihe hinter den Personenkontrollen mit einem Scanner die Tickets der Fans kontrollieren. Gibt es Probleme, wendet er sich an den Perimeter Support, wie er im besten Uefa-Englisch heißt. Hier kommt Fiona Sachs als eine Art Teamleiterin ins Spiel, die sich dann um fehlerhafte Tickets kümmern muss, aber unter Umständen auch um ungehaltene Fans. Vor dieser Aufgabe hat sie zwar Respekt, aber keine Angst: „Ich hoffe, dass wir das gut hinbekommen, und es sind ja schließlich so viele Leute von der Uefa und vom Sicherheitsdienst da, dass das schon klappen sollte.“ Insgesamt werden in Stuttgart bei jedem Spiel 250 Personen allein im Ticketing-Bereich eingesetzt.

Die Einsatzzeit an den Spieltagen wird dann viele Stunden betragen. Und das alles ohne Bezahlung. Silvio Kovac freut sich aber über andere Annehmlichkeiten: „Ich habe die Ausrüstung bekommen, kann mit meinem Ausweis den VVS kostenlos nutzen und werde verpflegt“, sagt er. Kovac wünscht sich aber noch etwas, was den Volunteers im Ticketing-Bereich verwehrt bleiben soll: „Ich hoffe, dass ich auch einmal ins Stadion darf, um etwas vom Spiel zu sehen.“ Da ihm das bereits 2006 gelungen ist, ist er optimistisch, dass es auch diesmal klappt. Darauf hofft auch Fiona Sachs, die sich besonders auf das Spiel Deutschland gegen Ungarn freut. Außerdem dürfen die Volunteers während der gesamten EM ins Volunteer Center in der Stuttgarter Arena, um dort gemeinsam die anderen Spiele anzuschauen. Die fehlende Bezahlung spielt auch für Fiona Sachs keine Rolle. Sie freut sich auf ihre Aufgabe. „Ich helfe gerne anderen, die hierherkommen und Spaß haben wollen“, sagt sie. Silvio Kovac freut sich vor allem auf die Bekanntschaften, die unter den Freiwilligen entstehen. „Ich habe heute noch Kontakt zu den Kollegen, mit denen ich 2006 bei der WM im Einsatz war.“ Auch Sachs ist von der kollegialen Atmosphäre beeindruckt: „Schon bei der Schulung sind alle auf mich zugekommen und wollten wissen, wer ich bin und woher ich komme, und das sehr freundlich.“

Probleme, die Einsätze mit dem Beruf zu vereinbaren, haben beide nicht. Bei Kovac hat der Arbeitgeber grünes Licht gegeben und Sachs ist Studentin und hat an den Spielterminen keine Vorlesungen. Auch die Spielansetzungen kommen beiden entgegen. Beide freuen sich, dass es endlich losgeht. „Wenn dann die ersten Fans vor einem stehen, wird das sicher einen Adrenalinschub geben“, glaubt Fiona Sachs.

Volunteers

Einsatzbereiche Insgesamt gibt es 25 Einsatzbereiche, in denen die Uefa auf Freiwillige setzt. Sie reichen vom Einsatz im Ticketing über das Anti-Doping-Team, den Zuschauerempfang und Fahrdienste bis hin zum Social-Media-Volunteer.

Nationen Die bundesweit 16000 Volunteers an den zehn Austragungsorten kommen aus 124 Nationen. 67,8 Prozent waren bereits bei früheren Veranstaltungen wie Welt- oder Europameisterschaften im Einsatz. Die restlichen 32,2 Prozent sind zum ersten Mal dabei.

Geschlechter 52,8 Prozent der Volunteers sind männlich, 47,1 Prozent weiblich und 0,1 Prozent nicht binär.

Verbote Für alle Freiwilligen gibt es Reihe von sogenannten No-Gos. Alkohol, Drogen oder Gespräche mit Medienvertretern (während des Einsatzes) sind nicht erlaubt.

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Erstellt:
14. Juni 2024, 06:00 Uhr

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